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Wie die Schutzbarriere des Gehirns für Wirkstoffe geöffnet wird

Ein neues Verfahren, um Wirkstoffe durch die schwer zu durchdringende Blut-Hirn-Schranke zu schleusen, eröffnet nun neue Wege der Behandlung von Erkrankungen des zentralen Nervensystems.

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Das Gehirn verfügt über ein ganzes Arsenal an Waffen zum Schutz vor Schäden. Liquor, verschiedene Hirnhäute und vor allem der Schädel schützen es vor Verletzungen. Um sich jedoch vor Krankheitserregern und Giftstoffen im Blut zu bewahren, ist das Gehirn auf eine spezielle Barriere aus Zellen angewiesen, die als Blut-Hirn-Schranke bezeichnet wird. Die Blut-Hirn-Schranke fungiert als eine Grenze zwischen den Blutgefäßen und dem Hirngewebe, wobei es das Gehirn nicht nur vor toxischen Substanzen im Blutkreislauf schützt, sondern es auch mit Nährstoffen versorgt. Gerade die gute Wirksamkeit dieser Schranke, die unerwünschte Stoffe am Eindringen in das Gehirn hindert, erschwert jedoch, dass medikamentöse Wirkstoffe diese Schranke passieren, und lässt deshalb die Behandlung von Krankheiten des Gehirns und des zentralen Nervensystems zu einer echten Herausforderung werden. Zum Teil im Rahmen des EU-finanzierten Projekts V-EPC unterstützte Forschende haben nun einen neuen Weg gefunden, um die Blut-Hirn-Schranke vorübergehend zu öffnen, damit Medikamente in das Gehirn gelangen können. Bei ihrem Verfahren werden Licht und Nanopartikel angewendet, um die zwischen den fest verkeilten Zellen in den Kapillaren der Blut-Hirn-Schranke gebildeten engen Verbindungen aufzubrechen, sodass das Medikament die Barriere überwinden und sein Ziel erreichen kann.

Mögliche Behandlungen

Das Forschungsteam aus Irland, Italien und den Vereinigten Staaten demonstrierte die neue Methode an Mäusen. Sie wurde in ihrer in der Zeitschrift „Nano Letters“ veröffentlichten Studie beschrieben. Laut einer auf „ScienceDaily“ veröffentlichten Pressemitteilung geht der korrespondierende Autor der Studie, Dr. Zhenpeng Qin von der University of Texas at Dallas (UT Dallas) davon aus, dass der Ansatz zu Behandlungen für Hirntumoren und amyotrophe Lateralsklerose führen könnte. Außerdem könnte er zur Heilung von Schlaganfällen beitragen und eine Gentherapie liefern. Bevor er jedoch beim Menschen eingesetzt werden kann, müssen Weiterentwicklungen folgen und Versuche durchgeführt werden. „Ansätze in Richtung einer besseren Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke sind unerlässlich, um mit der Therapeutik von Erkrankungen des zentralen Nervensystems voranzukommen“, stellte Xiaoqing Li, Doktorandin der Biomedizintechnik an der UT Dallas und Mitautorin der Studie, in derselben Pressemitteilung fest. Der Studie zufolge synthetisierten die Forschenden Goldnanopartikel und konjugierten sie mit dem Antikörper BV11, um die Tight Junctions anzugreifen. Sie injizierten intravenös Adeno-assoziierte Viren (die in der Gentherapie zum Einsatz kommen) und wendeten Laseranregung an. Im Ergebnis zeigt sich, dass die Adeno-assoziierten Viren die Blut-Hirn-Schranke überwinden und bei Laseranregung 64 % der Neuronen in der rechten Hirnhälfte infizieren. Auf diese Weise wird demonstriert, dass die transkranielle Pikosekunden-Laseranregung von Goldnanopartikeln nach intravenöser Injektion die Schranke durchlässiger werden lässt. Die Aktivierung der Nanopartikel mit Laserimpulsen „erzeugt eine winzig kleine mechanische Kraft, mit welcher die Schranke vorübergehend durchbrochen wird, sodass ein Medikament in den Blutkreislauf des Gehirns gelangen kann“, erklärt Li. Die Schranke wird dabei jedoch nicht beschädigt, und auch die Verengung und Erweiterung der Blutgefäße wird keineswegs beeinträchtigt. Eine weitere, vom Projekt V-EPC (Inherited disfunctions of brain microcirculation) unterstützte Studie beschreibt die Bildung von Kavernomen bei Mäusen. Diese Gefäßmissbildungen sind Ansammlungen abnormaler Blutgefäße, die im Gehirn und Rückenmark vorkommen. Die Studie liefert ein präklinisches Mausmodell für die Entwicklung neuer Wirkstoffe zur Behandlung akuter Blutungen im Gehirn und Rückenmark, die durch Kavernome verursacht werden. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift „iScience“ veröffentlicht. Weitere Informationen: Projekt V-EPC

Schlüsselbegriffe

V-EPC, Gehirn, Blut, Blut-Hirn-Schranke, zentrales Nervensystem, Nanopartikel, Laserimpuls