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Wie kann ich in langweiligen Meetings konzentriert bleiben?

Im Zeitalter von Zoom kann es schwierig sein konzentriert – oder gar wach – zu bleiben. Wir haben einen Videoanruf mit unserem Experten David Stawarczyk geführt, um herauszufinden, wie unser Verstand bei der Sache bleiben kann.

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Im Verlauf des Meetings werden Ihre Augen glasig, Sie vermitteln den Eindruck, gebannt zuzuhören, was aber lediglich die Wirklichkeit verschleiert: Sie sind mit Ihren Gedanken gerade ganz woanders. Das Phänomen wandernder Gedanken ist allgegenwärtig, daher widmen Forschende wie Stawarczyk diesem Thema ihre Aufmerksamkeit. „Ich muss zugeben, dass wir gegenwärtig nicht wissen, warum dies geschieht“, so Stawarczyk, der als Neuropsychologe an der Washington University in St. Louis in den Vereinigten Staaten tätig ist. „Aber wir wissen, dass es ein natürliches Phänomen ist, das jeder zwischen 20 % und 50 % der Zeit erlebt.“ Menschen haben die einzigartige geistige Fähigkeit, über die Gegenwart hinaus zu denken und sich an vergangene Ereignisse zu erinnern oder sich die Zukunft auszumalen. Wandernde Gedanken sind nicht anderes als ein Ausdruck dieser Fähigkeit, selbst wenn wir das nicht immer wollen. „Dies kommt gerade in Situationen vor, die Sie nicht fordern und monoton und langweilig sind“, so Stawarczyk. Ein Großteil der Forschung in diesem Bereich konzentriert sich auf Online-Vorträge. Das Gefühl der Distanz in solchen Situationen verstärkt die Geistesabwesenheit, weswegen man auch in Zoom-Meetings auf ähnliche Weise zu kämpfen hat. „Wandernde Gedanken können von Dingen in Ihrer Umgebung ausgelöst werden“, stellt Stawarczyk fest. Wenn Sie an einem Videoanruf teilnehmen, sind sie wahrscheinlich im Büro – oder, schlimmer noch, zu Hause –, wo überall Ablenkungen lauern. Was kann man also dagegen unternehmen? Stawarczyk merkt an, dass Schlafmangel und Stress der Konzentration abträglich sind; eine gesunde Portion Schlaf und Meditation können daher helfen. Er rät außerdem dazu, die Aufgabe, an der Sie gearbeitet haben, vor dem Meeting abzuschließen, statt nur eine Pause einzulegen. Widerstehen Sie der Versuchung des Multitaskings: Menschen, die dies praktizieren, sind öfter geistesabwesend. Und machen Sie sich Notizen: Das kann dabei helfen, sich auf den Inhalt des Meetings zu konzentrieren, ganz gleich, wie langweilig er ist.

Wie sich der Arbeitstag auf die Konzentration auswirkt

Im Rahmen des EU-finanzierten Projekts CPA-EST erforschte Stawarczyk, wie sich unser Erleben von alltäglichen Ereignissen auf abschweifende Gedanken auswirkt. Besonders ging es um die Ereignisstruktur unserer Tage: darum, wie unser Verstand die Sequenz der Tätigkeiten unterteilt, denen wir von morgens bis abends nachgehen. Zum Beispiel das Zähneputzen oder die Arbeit. Stawarczyks Team untersuchte die Übergangsphasen zwischen diesen Ereignissen, die es als „Ereignisgrenzen“ bezeichnet. Erste Ergebnisse legen nahe, dass es direkt nach solchen Grenzen seltener zu abschweifenden Gedanken kommt und die Konzentration gestärkt ist. Diese Information könnte laut Stawarczyk bei der Planung von Meetings behilflich sein. Falls bei dem Meeting nur eine einzige Person ohne Folien spricht, werde die Konzentration der anderen Teilnehmenden schnell leiden, erklärt er. Um das zu vermeiden, könne man die Meetings dynamisch mit Folien, mehreren Redenden und interaktiven Elementen gestalten. „Es bietet sich außerdem an, Pausen einzuplanen, damit die Teilnehmenden ihre Aufmerksamkeit auffrischen und sich wieder konzentrieren können“, fügt er hinzu.

Tagträumerei kann zur Kreativität beitragen

Falls Sie merken, dass Ihre Gedanken abschweifen, muss das nichts Schlechtes sein. Es ist meist ein Anzeichen dafür, dass Sie kurz bevorstehende Ereignisse planen und nicht, dass sie mit der Vergangenheit hadern oder Luftschlösser bauen. So können wir uns Pläne zurechtlegen, um zukünftige Situationen besser zu bewältigen, fügt Stawarczyk hinzu. Abschweifende Gedanken können auch eine Quelle kreativer Ideen sein und sogar die Stimmung heben, indem man an Positives denkt oder Negatives relativiert. Letztendlich sei alles eine Frage des Zusammenhangs, erklärt Stawarczyk. „Wir sollten lernen, die positiven Aspekte maximal auszunutzen, wenn wir in einer Situation sind, in der wir Tagträume zulassen können, und sie zu unterdrücken, wenn das nicht der Fall ist.“ Ob dazu Ihr nächstes Zoom-Meeting mit Ihrer bzw. Ihrem Vorgesetzten zählt, liegt natürlich bei Ihnen. Hier erfahren Sie mehr über Stawarczyks Forschung: Tagträumerei oder Konzentrationsfähigkeit? Wie beides besser gesteuert werden kann

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CPA-EST