CORDIS - Forschungsergebnisse der EU
CORDIS

IN-Silico trials for treatment of acute Ischemic STroke

Article Category

Article available in the following languages:

Virtuelle klinische Studien könnten die Behandlung von Schlaganfällen verbessern

Um klinische Studien zu neuen Behandlungen für Schlaganfälle durch geringere Entwicklungskosten und eine schnellere Durchführung zu verbessern, hat INSIST betroffene Personen, die Krankheit, Behandlungen und mögliche Behandlungsergebnisse in virtuellen Krankenhausumgebungen modelliert.

Gesundheit icon Gesundheit

Schlaganfälle, bei denen die Blutversorgung des Gehirns unterbrochen wird, sind eine bedeutende Ursache für langfristige Behinderungen und die weltweit zweithäufigste Todesursache. Jedes Jahr erleiden in Europa eine Millionen Menschen einen Schlaganfall, was direkt und indirekt jährliche Kosten von etwa 60 Mrd. EUR verursacht. Nach mehreren Jahrzehnten der Forschung sind die Standardbehandlungen bei ischämischen Schlaganfällen die Thrombolyse, bei der Blutgerinnsel durch Arzneimittel aufgelöst werden, und die endovaskuläre Thrombektomie, bei der Gerinnsel mechanisch entfernt werden. Dennoch gibt Charles Majoie vom Labor für genetische Stoffwechselerkrankungen in Amsterdam und Projektkoordinator von INSIST an, dass zwei Drittel der Betroffenen weiterhin funktional abhängig sind und ständige Pflege benötigen. „Für bessere Behandlungsergebnisse müssen bei klinischen Studien gezielter Patientinnen und Patienten erkannt werden, die vermutlich von bestimmten Behandlungen profitieren werden“, sagt er. Das EU-finanzierte Projekt hat Computermodelle entwickelt, die wahrscheinliche Ergebnisse für „virtuelle Behandelte“ nach der Thrombolyse und/oder Thrombektomie berechnen.

Die virtuelle Bevölkerung

Das INSIST-Modell wurde mit Daten zu Tausenden Betroffenen im MR CLEAN Registry errichtet. Das ist eine landesweite niederländische Datenbank mit allen Fällen eines akuten ischämischen Schlaganfalls, bei denen endovaskuläre Behandlungen eingesetzt wurden. Diese Daten enthalten ebenfalls Bildgebung zu Thrombosen (400 Fälle) und Histologie (350 Fälle) sowie dem Zustand der intrakraniellen Arterie (120 Fälle), womit das Team realistische virtuelle Behandelte erschaffen konnte. „Unsere virtuellen Behandelten repräsentieren 15 der wichtigsten prognostischen Eigenschaften – wie Alter, Geschlecht und Begleiterkrankungen. Sie enthalten außerdem klinische Eigenschaften wie Gefäßgeometrie und Thrombus“, merkt der Mitkoordinator von INSIST, Henk Marquering, an. Damit die klinischen Studien in silico funktionieren, arbeiten drei Modelle zusammen. Modelle zum Gewebetod berechnen den Gewebezustand bei Einsetzen des Schlaganfalls, direkt nach der Behandlung und 24 Stunden später. Durchblutungsmodelle zeigen die Veränderungen in allen Stadien des Schlaganfalls, auch bei der Behandlung. Und ein 3D-Perfusionsmodell beschreibt die Durchblutung der weißen und grauen Hirnsubstanz, mit reversiblen und irreversiblen Schäden des Gehirngewebes basierend auf den berechneten Durchblutungsveränderungen des Modells zum Gewebetod.

In-silico-Studien

Das INSIST-Modell testete die Thrombolyse mit intravenös verabreichtem Alteplase und die mechanische Thrombektomie mit Stent-Retrievern. Dabei wurden das Crimpen, die Platzierung, das Verfahren und die Gerinnselentfernung simuliert, um die Fragmentierung des Thrombus zu schätzen. Die Versuche wurden mit Realdaten aus dem MR CLEAN Registry simuliert, sodass das Modell den Zustand des Gehirngewebes 24 Stunden nach der Behandlung und das Behandlungsergebnis nach 90 Tagen korrelieren konnte. Die Ergebnisse wurden dann in relevanten Untergruppen aggregiert. „Wir können die Wirkung von Behandlungen in zahlreichen Patientenszenarien berechnen und die geplanten und ungeplanten Auswirkungen für einzelne Personen und ganze Personengruppen besser verstehen“, erklärt die INSIST-Forscherin Praneeta Konduri. „Wir haben zum Beispiel die Leistung von kommerziell erhältlichen Stents für verschiedene Fibrinzusammensetzungen in einem verstopfenden Thrombus untersucht. Die Ergebnisse waren vergleichbar mit denen der Interventionsdaten von MR CLEAN sowie klinischen Schätzungen.“ Die virtuelle Population und in-silico-Studien von INSIST wurden anhand des HERMES-Datensatzes validiert. Dieser enthält die Ergebnisse von sechs randomisierten klinischen Studien mit 1 500 Patientinnen und Patienten aus der ganzen Welt und zeigt die Vorteile der endovaskulären Thrombektomie und Thrombolyse.

Ein aufkeimender Ansatz

Mit Unterstützung von Aufsichtsbehörden wie der Europäischen Arzneimittel-Agentur spielen die Computermodellierung und In-silico-Experimente eine zunehmend bedeutende Rolle in der Forschung und Entwicklung zu biomedizinischen Produkten. „Mit unserer Technologie können neue Behandlungen über mehrere klinische Szenarien hinweg evaluiert werden, um so die Entwicklungszeit und die Kosten zu kürzen“, sagt Majoie. „Eine Extrapolation dieser Ergebnisse auf die gesamte Bevölkerung liefert auch ein tieferes Verständnis von Schlaganfällen.“ Das Team strebt an, diese Verfahren nun möglichen Nutzenden, wie medizinischem Versuchspersonal, zur Verfügung zu stellen und modernere Verfahren der Thrombektomie wie die Aspiration in ihre Simulationen einzubinden.

Schlüsselbegriffe

INSIST, Schlaganfall, Thrombektomie, Thrombolyse, Blut, Gehirn, klinische Studien, virtuelle Behandelte, Blutgerinnsel, Gewebe

Entdecken Sie Artikel in demselben Anwendungsbereich