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High-density cortical implants for cognitive neuroscience and rehabilitation of speech using brain-computer interfaces.

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Neue Gehirn-Computer-Schnittstelle für die Sprachrehabilitation

Die Technologie von BrainCom ist eine bahnbrechende Neuerung zur Wiederherstellung des Sprachvermögens, bei der Tausende winziger Sensoren nicht artikulierte Sprachsignale aus dem Gehirn in Echtzeit dekodieren.

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Aphasie ist eine erworbene Sprachstörung, bei der durch Verletzung oder Schlaganfall Hirnareale geschädigt wurden, die das Sprachvermögen steuern. Da die zwischenmenschliche Kommunikation stark eingeschränkt sein kann, sind häufig schwere psychische Folgen für Betroffene und Angehörige die Folge. Die Wiederherstellung des Sprachvermögens bei Aphasie gelingt bereits mit der neuroprothetischen sogenannten Gehirn-Computer-Schnittstelle (brain-computer interface, BCI), die Sprachsignale aus dem Gehirn in konkrete Sprache umwandelt. Obwohl diese Schnittstellen in Form von Cochlea-Implantaten schon zur Unterstützung des Hörvermögens entwickelt wurden, hinken die technischen Möglichkeiten zur Sprachrehabilitation noch hinterher.

Innovative Technologie zur Antizipation von Wörtern

Hauptziel des EU-finanzierten Projekts BrainCom war die Weiterentwicklung innovativer Rehabilitationstechnologien zur Wiederherstellung der Sprach- und Kommunikationsfähigkeit Betroffener, die die neuronale Aktivität entschlüsseln und diese durch Antizipation in zusammenhängende Äußerungen umwandeln. Der Aufbau des menschlichen Gehirns, das aus bis zu 100 Milliarden Neuronen besteht, ist sehr komplex. Voraussetzung, um dessen grundlegende Funktionsweise vollständig zu verstehen, ist die gleichzeitige, räumlich und zeitlich hochaufgelöste Erfassung der elektrischen Aktivität großer neuronaler Populationen. Bisherige Technologien wie funktionelle Magnetresonanztomografie oder Elektroenzephalografie können zwar sprachrelevante neuronale Signale erfassen, sind aber zu langsam für realistische Situationen wie Gespräche. Die Elektrokortikografie ist ein viel versprechender Ansatz zur Überwachung der Gehirnaktivität. Dabei werden Elektroden auf der Oberfläche des Gehirns platziert, um die elektrische Aktivität hochaufgelöst und sehr schnell zu dekodieren.

Graphen-Sensoren zur Optimierung neuronaler Schnittstellen für Elektrokortikografie

Im Projekt machte man sich die hervorragenden elektronischen Eigenschaften von Graphen für eine flexible Anordnung spezifischer Sensoren zunutze, sogenannter Transistoren, die die neuronale Aktivität in großen Hirnarealen aufzeichnen. Dank der Multiplexeigenschaften dieser Graphen-Transistoren wurden Arrays mit Tausenden Aufnahmesensoren konstruiert. Die Sensoren wurden bei gleicher Signalqualität auf etwa die Größe eines einzelnen Neurons verkleinert. Nun sollten die Sensoren in wichtigen, für das Sprachvermögen zuständige Regionen des Kortex platziert werden. Mittels hochentwickelter Algorithmen extrahierte die Arbeitsgruppe von BrainCom Daten aus dem Gehirn und konnte die Sprachproduktion hochgenau antizipieren. „Das Funktionsprinzip ist folgendes: Die genaue Vorstellung eines Wortes im Kopf löst im Gehirn ähnliche Aktivitätsmuster aus, als würde man es tatsächlich laut aussprechen“, erklärt Projektkoordinator Jose Antonio Garrido. Mit der Echtzeit-Verarbeitung von BrainCom kann für sprachbeeinträchtigte Nutzende nicht artikulierte innere Sprache externalisiert werden, indem Phoneme, Wörter, Sätze und Dialoge aus genau decodierten neuronalen Signalen erzeugt werden.

Technologietransfer in die Industrie

Nun soll die Produktion der neuronalen Schnittstellen von BrainCom hochskaliert und die Leistung in klinischen Studien am Menschen getestet werden. Das Unternehmen Multi Channel Systems entwickelte für die präklinischen Neurowissenschaften bereits einen Geschäftsplan zur Vermarktung des neuronalen Graphen-Sensors bis 2022. Der Medizintechnikhersteller INBRAIN Neuroelectronics plant nun erste klinische Studien am Menschen, um die Sicherheit und Funktionalität der BrainCom-Graphentechnologie zu demonstrieren. Die Innovationen von BrainCom bringen die klinischen Neurowissenschaften mit implantierbaren neuronalen Schnittstellen enorm voran. Die neue Technologie eignet sich nicht nur zur Rehabilitation des Sprachvermögens, sondern auch kognitiver Funktionen sowie zur Epilepsieüberwachung.

Schlüsselbegriffe

BrainCom, BCI, Gehirn-Computer-Schnittstelle, Graphensensor, Elektrokortikografie, neurale Aktivität, Sprachrehabilitation, Aphasie, nicht artikulierte Sprache

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