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VIrus and BacteRia In Oral Disease: the EBV model in periodontitis

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Die Bedeutung des Epstein-Barr-Virus für die Parodontitis

Die schwere infektionsbedingte Zahnfleischerkrankung Parodontitis birgt nicht nur das Risiko des Zahnverlusts, sondern steht auch mit einer Reihe anderer Krankheiten in Verbindung. Es ist bekannt, dass es sich bei der Parodontitis um eine multifaktorielle Krankheit handelt. Erstmals konnte VIBRiOD nun nachweisen, welche Rolle das Epstein-Barr-Virus, das zur Familie der Herpesviren gehört, für die Erkrankung spielt.

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Parodontitis ist eine infektionsbedingte, irreversible entzündliche Krankheit, die jene Strukturen angreift, die die Zähne umschließen und ihnen Halt geben, darunter das Zahnfleischgewebe, das Parodontalligament, das Zement und den Alveolarknochen. Abgesehen von den ästhetischen Folgen kann die Erkrankung letztendlich zu Zahnverlust führen, was wiederum die Kaufähigkeit und die Ernährungsgesundheit im Allgemeinen einschränkt. Es wird angenommen, dass die Parodontitis eine multifaktorielle Erkrankung ist. Die ursächliche Rolle pathogener Bakterien ist zwar allgemein bekannt, doch dies allein bietet keine vollständige Erklärung. „Neuere Erkenntnisse deuten darauf hin, dass einige orale Viren, wie z. B. Herpesviren, möglicherweise mit oralen Bakterien zusammenwirken und die Erkrankung so verschlimmern. Die Forschung konnte vor allem in parodontalen Läsionen eine hohe Konzentration des Epstein-Barr-Virus (EBV) nachweisen“, erläutert Alain Doglio, Leiter des Projekts VIBRiOD, das mit Unterstützung der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen durchgeführt wurde. Die Forschungsgruppe von VIBRiOD enthüllte die molekularen Mechanismen, die der Erkrankung vermutlich zugrunde liegen und durch die das EBV Parodontitis auslösen und vorantreiben kann. „Soweit wir wissen, liefern unsere Ergebnisse den ersten Beweis dafür, dass EBV ein bedeutendes Pathogen für die Entwicklung von Parodontitis ist. Es verschlimmert nämlich die Entzündung, fördert die Infiltration von B-Zellen und Plasmazellen in die parodontale Läsion und treibt den Abbau des Epithelgewebes voran“, fügt VIBRiOD-Projektforscherin Lilit Tonoyan hinzu. Diese Erkenntnisse könnten neue Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten für die derzeit unheilbare Parodontitis hervorbringen.

Ergründung der Dysbiose

Die Erstellung ganzer Transkriptomprofile ist einer der verbreitetsten Ansätze zur Untersuchung menschlicher Krankheiten auf molekularer Ebene, da damit die ihnen zugrunde liegenden Mechanismen aufgedeckt werden können. Zwar wurden schon zuvor Transkriptomprofile erstellt, um gesundes Zahnfleisch mit entzündeten parodontalen Geweben zu vergleichen, doch vor VIBRiOD hatte die Forschung noch keine transkriptomische Analyse eines potenziellen Pathogens im parodontalen Gewebe durchgeführt. „Daher hatten wir uns zum Ziel gesetzt, das parodontale Transkriptom in gesundem und krankem Zahnfleischgewebe zu verstehen, mit und ohne EBV“, erklärt Tonoyan. Mithilfe einer transkriptomischen Microarray-Analyse, deren Ergebnisse durch nanofluidische quantitative Echtzeit-PCR-Tests mit hohem Durchsatz validiert wurden – eine innovative Methode für die Erkennung und Quantifizierung der Genexpression – zeigte das Team, dass das EBV direkt zur parodontalen Entzündung beiträgt. „Früher glaubte man, dass Parodontitis hauptsächlich durch pathogene Bakterien verursacht wurde. Doch jetzt ist es wahrscheinlicher, dass eine Kombination aus pathogenen Bakterien, EBV und einer überreagierenden Immunantwort des Wirts für die neu entstehende Dysbiose verantwortlich ist“, erläutert Doglio von der Universität Côte d’Azur, an der das Projekt angesiedelt ist. „Interessanterweise fanden wir unerwartet heraus, dass in gesundem Zahnfleisch sehr häufig EBV-Infektionen vorkommen, in über 70 % unserer Proben, und das sogar vor einer Erkrankung. Unsere Aufgabe besteht also darin, herauszufinden, in welcher Reihenfolge die Auslöser auftreten, die den Ausschlag für die Erkrankung geben.“

Ein neues Krankheitsparadigma

Wie Doglio hervorhebt, wird dieses Paradigma, das eine virale und bakterielle Synergie als Ursache vieler Krankheiten nahelegt, immer glaubwürdiger, da sich auch bei anderen Krankheiten wie Grippe und SARS-CoV-2 die Beweise für die Schlüsselrolle von Koinfektionen häufen. Die Parodontitis selbst ist eine der häufigsten Krankheiten beim Menschen, wobei die schwere Parodontitis die sechsthäufigste Krankheit weltweit ist. Sie wirkt sich nicht nur negativ auf die Mundgesundheit aus, sondern gilt auch als Risikofaktor für über 50 systemische Erkrankungen, darunter Diabetes, Atemwegs-, Herz-Kreislauf- und neurodegenerative Erkrankungen und sogar verschiedene Krebsarten. „Eine Heilung der Parodontitis würde nicht nur das Leiden der Betroffenen, sondern auch die finanzielle Belastung des Gesundheitswesens verringern. Unsere Arbeit könnte zu innovativen Behandlungen der Parodontitis führen“, so Tonoyan abschließend. Im Rahmen des Projekts PHRC HERPARO bereitet die Forschungsgruppe nun eine klinische Studie vor, um die Wirksamkeit einer antiviralen Behandlung (Valacyclovir) mit konventionellen Behandlungen, der Zahnsteinentfernung und der Wurzelglättung, zu vergleichen.

Schlüsselbegriffe

VIBRiOD, Zahnfleischerkrankung, Parodontitis, Zahn, Epstein-Barr-Virus, Herpes, Dysbiose, Bakterien, Infektion, Entzündung, Transkriptom

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