Eine brandheiße neue Idee für einen leichten Schutz beim Wiedereintritt in die Atmosphäre
Die ehrgeizigen Pläne der Europäischen Union (EU) in Bezug auf die Erforschung des Weltraums jenseits der erdnahen Umlaufbahn im kommenden Jahrzehnt konzentrieren sich auf den Besuch von Mond und Mars. Um das Beste aus diesen komplizierten Missionen herauszuholen, sind schwere und umfangreiche Instrumente und Geräte für Navigation, Erkundung und Probenahme erforderlich. Fortschrittliche Hitzeschilde werden eine wesentliche Rolle für die Sicherheit und den Erfolg der Missionen einnehmen. Die derzeitigen Systeme für den Wiedereintritt in die Atmosphäre verwenden starre Hitzeschilde mit sehr großen Volumina und Gewichten, die die Nutzlastkapazität erheblich einschränken. Aufblasbare Hitzeschilde mit ihrem geringen Gewicht und ihrer geringen Packungsdichte werden bei künftigen Missionen eine Schlüsselrolle einnehmen. Die National Aeronautics and Space Administration (NASA) (Vereinigte Staaten) ist nicht mehr das einzige Team im Rennen. Im Rahmen des EU-finanzierten Projekts EFESTO(öffnet in neuem Fenster) hat Europa sein eigenes aufblasbares Hitzeschild vorangebracht, das die Unabhängigkeit der Raumfahrt und die europäische Wettbewerbsfähigkeit fördert.
Den Wiedereintritt in die Atmosphäre bei geringeren Kosten bewältigen
Wenn Raumfahrzeuge mit Geschwindigkeiten von etwa 27 000 km/h in die Atmosphäre eindringen, erreicht die schnell komprimierte Luft an den Vorderkanten Temperaturen von über 1 400 °C. Die Hitzeschilde(öffnet in neuem Fenster) sorgen dafür, dass die Raumfahrzeuge und ihre Nutzlasten sicher an ihrem Ziel ankommen, indem sie sie sowohl durch den Luftwiderstand abbremsen als auch die enorme Hitze bewältigen, die beim Wiedereintritt in die Atmosphäre entsteht. Die aufblasbaren Hitzeschilde bestehen aus einem externen flexiblen Wärmeschutzsystem und einer internen aufblasbaren Struktur, die dafür sorgt, dass der Formfaktor und das Tragsystem dem aerodynamischen Druck während des Wiedereintritts standhalten. Beide können zusammengefaltet und auf ein kleineres Volumen gepackt werden, um sie in einer Trägerrakete zu verstauen und vor dem Wiedereintritt aufzublasen. „Aufblasbare Hitzeschilde ebnen den Weg zu einer größeren Nutzlastkapazität, da sie die gleiche Widerstandsfläche wie ein starrer Hitzeschild vorweisen, jedoch mit einer viel geringeren Masse und einem geringeren Volumen“, erklärt Giuseppe Guidotti von Elecnor Deimos Space(öffnet in neuem Fenster), Koordinator und Projektleiter von EFESTO.
Von der Definition des Missionsszenarios bis zum Test des Demonstrators
Obwohl die der Nutzung aufblasbarer Hitzeschilde zugrundeliegende Physik bekannt ist, erfordert diese Technik eine komplexe Modellierung, innovative Konstruktionslösungen und einen hohen Prüfaufwand. „Das Projekt EFESTO deckte das gesamte Spektrum des Systementwicklungsprozesses ab. Von der Festlegung des Missionsszenarios und der Bestimmung des Anwendungsfalls bis hin zur Systemgestaltung, dem Entwurf des Technologiedemonstrators und der Erprobung in einem relevanten Umfeld haben wir bemerkenswerte Erfolge erzielt“, erklärt Guidotti. Die Projektergebnisse haben den Technologie-Reifegrad (TRL) des neuartigen aufblasbaren Hitzeschilds auf 4 erhöht. „Entscheidend für den Erfolg war die multidisziplinäre Arbeit, die durch das enge Zusammenspiel hochqualifizierter Menschen und wichtiger Beteiligter in der internationalen Raumfahrtgemeinschaft unterstützt wurde“, fügt Guidotti hinzu. EFESTO wurde von Elecnor Deimos Space geleitet. Wichtige Partner waren das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, das französische Zentrum für Luft- und Raumfahrt ONERA, das italienische Forschungszentrum für Luft- und Raumfahrt CIRA, die Polytechnische Universität Turin und Aviospace. Das italienische KMU Aerospace Laboratory for Innovative Components und das kanadische Unternehmen Thin Red Line Aerospace leisteten wertvolle Beiträge.
Neue Horizonte für die europäische Weltraumforschung
„EFESTO hat die Erwartungen übertroffen und den Weg zu potenziellen Initiativen in Europa geebnet, die sonst nur schwer in Betracht gezogen worden wären“, so Guidotti. Das dynamische Team hat nicht nur das europäische Wissen und die Fähigkeit zur Entwicklung von Systemen und Missionen, die sich auf aufblasbare Hitzeschilde stützen, verbessert, sondern auch das europäische Interesse und Engagement auf diesem Gebiet neu belebt. „Das Projekt war mit anspruchsvollen Zielen verbunden, die wir erfolgreich gemeistert haben und die uns die Möglichkeit boten, eine ‚neue Welt‘ zu entdecken, in der bisher nur die Vereinigten Staaten aussagekräftige Ergebnisse erzielt hatten“, so Guidotti abschließend.