Verbesserte Tomatensorten, die langsamer weich werden
Die Tomate, Solanum lycopersicum, ist eine der weltweit am häufigsten angebauten Kulturpflanzen und ein gut erforschtes Modell für fleischige Früchte. Sie ist eine hervorragende Quelle an Antioxidantien wie Vitamin C, Flavonoiden, Beta-Carotin und Lycopin. Jedoch gehen etwa 25 bis 42 % des Ertrags nach der Ernte durch vorzeitiges Weichwerden und den Befall mit Pflanzenpathogenen wie dem Pilz Colletotrichum coccodes verloren. „Strategien zur Verlängerung der Haltbarkeit fleischiger Früchte (wie Tomaten) stellen in Fruchtzüchtungsprogrammen eine große Herausforderung dar. Die Verbesserung der Zellwandintegrität und der mechanischen Eigenschaften ist die erste Verteidigungslinie gegen das Weichwerden der Früchte“, erklärt Yoselin Benitez-Alfonso, Leiterin des EU-finanzierten Projekts CallMechanics. Candelas Paniagua-Correa, ausgestattet mit einem Stipendium im Rahmen der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen, hat eine Gruppe von zellwandabbauenden Enzymen, die sogenannten Beta-1,3-Glucanasen, analysiert, die als potenzielle Ziele für die Verbesserung von Früchten fungieren könnten. Das Ziel bestand zunächst darin, diese zellwandverändernden Enzyme während der Reifung der Tomate nachzuweisen und dann zu erkunden, wie sie sich auf Fruchtmerkmale wie Festigkeit und Turgor auswirken, nachdem ihre Expression mittels genetischer Ansätze verändert wurde. CallMechanics lief aufgrund der COVID-19-Pandemie und der den Zugang zu den Labors begrenzenden Beschränkungen nur sechs Monate. Dennoch konnten in Hinsicht auf das erste Ziel bedeutende Fortschritte erzielt werden.
Die Rolle der Kallose-abbauenden Enzyme aufklären
„Beta-1,3-Glucanasen bauen Kallose ab, ein Beta-1,3-Glucan (ein pflanzliches Zellwandpolysaccharid), welches das Eindringen und die Ausbreitung von Krankheitserregern verhindert und den interzellulären Transport von Signalen und anderen Molekülen über Zellwandkanäle, die sogenannten Plasmodesmata, steuert“, erklärt Paniagua-Correa. Anhand einer phylogenetischen Analyse erkannte Paniagua-Correa 50 Beta-1,3-Glucanase-Kandidaten der Tomate, die sich aufgrund von Ähnlichkeiten in der Sequenzalignierung auf drei Kladen mit einem gemeinsamen Vorfahren (α, β und γ) verteilen. Die Analyse der Mikroarray-Daten deutete auf unterschiedliche Expressionsmuster in den verschiedenen Fruchtstadien hin: Die Expression einer Untergruppe von Enzymen im Cluster α nahm während des Reifestadiums ab, wohingegen zwei Enzyme in den Clustern β und γ eine höhere Expression in den weiß-roten Stadien aufwiesen. In Echtzeit durchgeführte quantitative Reverse-Transkriptase-PCR-Tests bestätigten die unterschiedlichen Expressionsmuster der Beta-1,3-Glucanasen und legten nahe, dass diese evolutionären Divergenzen mit Unterschieden in ihrer prognostizierten Lokalisierung und Funktion korrelieren könnten. Diese Unterschiede sind für die Auswahl von Zielstrukturen zur Verbesserung der Haltbarkeit von Früchten von Bedeutung. Die Ergebnisse der Studie wurden hier veröffentlicht.
Eine neue Forschungsrichtung für die Tomatenertragsleistung
Die Fortschritte von CallMechanics auf dem Gebiet der Pflanzenphysiologie und der Landwirtschaft beruhen zum Großteil auf der Verknüpfung von Fachwissen aus verschiedenen Bereichen wie der Biotechnologie, Biochemie, Molekularbiologie, Genetik und Biophysik unter Einsatz von dem neuesten Stand der Technik entsprechenden Instrumenten. „Mit der Modifizierung der Kallosekonzentration in der Pflanze wollten wir nicht nur die Festigkeit der Tomate, sondern auch weitere, mit dem Weichwerden der Frucht zusammenhängende Parameter wie die Durchlässigkeit der Zellwand und die Anfälligkeit gegenüber Krankheitserregern optimieren“, bekräftigt Benitez-Alfonso. „Unser Ansatz könnte sich signifikant auf die Haltbarkeit der Früchte auswirken.“ Benitez-Alfonso weiter: „Die Zellwände gelten bereits als ein kritisches Ziel in Richtung der Verbesserung von Früchten. In jüngsten Studien wurde ein Genomeditierungsinstrument (CRISRP/Cas9) eingesetzt, um ein weiteres zellwandabbauendes Enzym, die Polygalacturonase, zu mutagenisieren, das die Pektinkomponente in der Tomate abbaut, womit das Weichwerden der Früchte verzögert werden kann. Unseres Wissens nach war unser Projekt das erste, das die Kallose ins Visier genommen hat. Angesichts der verschiedenen Rollen, die Kallose in der Pflanzenentwicklung übernimmt, könnte sich unser Genomeditierungsansatz als erfolgreich erweisen, und das nicht nur bei der Verzögerung des Weichwerdens, sondern auch bei der Verbesserung anderer wichtiger Parameter wie Wachstum/Größe, Geschmack und Krankheitsresistenz der Früchte.“
Schlüsselbegriffe
CallMechanics, Tomate, Weichwerden, Kallose, Beta-1,3-Glucanasen, β-1,3-Glucanasen, zellwandabbauendes Enzym, Genomeditierung