Größe von Bewässerungssystemen als wichtigster einschränkender Faktor
Laut Wissenschaftlichem Dienst des Europäischen Parlaments(öffnet in neuem Fenster) werden weltweit etwa 20 % landwirtschaftlich genutzter Flächen bewässert, auf der 40 % aller Nahrungsmittel produziert werden. Zur Bewässerung werden etwa 70 % der globalen Süßwasserressourcen verbraucht, sodass es ein globales Anliegen(öffnet in neuem Fenster) ist, den Nahrungsbedarf einer wachsenden Bevölkerung nachhaltig zu decken, d. h. ohne natürliche Ressourcen zu schädigen. Wie sich zeigte, hat die (physische) Größe einer bewässerten Fläche maßgeblichen Einfluss auf deren Verhalten. Allerdings ist das Wissen um solche Zusammenhänge noch fragmentiert, und es mangelt an standardisierten Vorgaben, da sich meist auf Fallstudien berufen wird. Unterstützt durch die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen(öffnet in neuem Fenster) kombinierte das EU-finanzierte Projekt SIZE Allometrie, Auswertung globaler Bewässerungsdaten, dynamische Modelle und Unsicherheits-/Sensitivitätsanalysen, um Lösungen zu finden. „Das Projekt sollte vor allem untersuchen, ob Größe eine Schlüsselvariable für die Nachhaltigkeit eines Bewässerungssystems ist. Weiterhin sollte ermittelt werden, welche Eigenschaften von Bewässerungssystemen sich durch dessen Größe verändern, und inwieweit sich plötzliche unvorhergesehene Ereignisse verhindern lassen, wenn die Größe angepasst wird“, erklärt Projektkoordinator Arnald Puy.
Größe als universelle Einschränkung
Eine der wichtigsten Erkenntnisse des Projekts war, dass die Größe der zu bewässernden Flächen den größten Einfluss auf die zur Bewässerung entnommene Wassermenge hat. Somit verhält sich der Wasserbedarf zur Flächengröße relativ proportional. „Bei doppelter Fläche verdoppelt sich also auch die benötigte Wassermenge. Dieser Zusammenhang trifft offenbar auf die meisten geografischen Ebenen zu, gleich ob lokal, regional oder global“, erläutert Puy. Zudem besteht direkte Proportionalität zwischen Bevölkerungswachstum und Ausweitung bewässerter Flächen. „Um den Anteil bewässerter Flächen für das Jahr 2050 richtig berechnen zu können, muss berücksichtigt werden, dass derzeitige Modelle die potenzielle Zunahme bewässerter Flächen stark unterschätzen, weil Veränderungen beim Bevölkerungswachstum unberücksichtigt bleiben“, umreißt Puy. Zudem konnte das Projekt einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Größe und Effizienz eines Bewässerungssystems nicht bestätigen. Auch Schätzungen hydrologischer Modelle zur global entnommenen Bewässerungsmenge sind unzuverlässig, da sie Unsicherheiten in bewässerten Gebieten, Verdunstung durch Pflanzen, Niederschlagsmengen und Bewässerungseffizienz vernachlässigen.
Neubewertung globaler Modelle und Leitlinien für bewässerte Flächen
Die Erkenntnisse aus dem Projekt haben Auswirkungen in unterschiedlichen Ebenen. Zum einen können genauere Kenntnisse zur Größe bewässerter Flächen dazu beitragen, einfachere Bewässerungsmodelle zu erstellen und weniger rechenintensive, transparentere Algorithmen zur Berechnung des Wasserbedarfs zu entwickeln. Andererseits vernachlässigen derzeitige Modelle Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Bevölkerungswachstum, sodass Strategien, die sich nur nach der künftigen Ausdehnung bewässerter Flächen richten, nicht berücksichtigen, wie Bewässerung Süßwasserressourcen beeinträchtigen oder Bodenverödung fördern könnte. „Somit sollten bestehende Leitlinien auch extremere Szenarien in Betracht ziehen“, ergänzt Puy. Die Projektergebnisse widerlegen zudem, dass die Wassernutzung bei größeren Bewässerungssystemen zwingend weniger effizient ist als bei kleineren Flächen. Dies ist die Grundannahme mehrerer globaler Bewässerungsmodelle, auf deren Basis derzeit Ziele für nachhaltige Entwicklung an der Schnittstelle zwischen Wasserverbrauch und Nahrungsmittelversorgung beruhen. Insgesamt „betont SIZE, dass die Größe eines Bewässerungssystems die wichtigste, für den Süßwasserverbrauch relevanteste Variable ist, mit entsprechenden sozio-ökologischen Folgen“, schließt Puy.