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A multi-center randomized, placebo-controlled trial of mirabegron, a new beta3-adrenergic receptor agonist on left ventricular mass and diastolic function in patients with structural heart disease

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Forschung zur Umnutzung von Mirabegron im Kampf gegen Herzinsuffizienz

Ein EU-finanziertes Projekt prüfte, ob eine Umnutzung (Repurposing) des Medikaments Mirabegron, das bislang zur Aktivierung beta3-adrenerger Rezeptoren und Stärkung der Blasenmuskulatur eingesetzt wird, Herzinsuffizienz vorbeugen kann.

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Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion (Heart Failure with preserved Ejection Fraction, HFpEF) liegt vor, wenn die linke Herzkammer zwar ausreichend pumpt, aber zu schwach ist, um sich danach richtig zu füllen. Dies reduziert die Herzleistung und damit die Sauerstoffversorgung im Körper, was in der Regel bei körperlicher Anstrengung zu spüren ist. Therapeutische Strategien beschränken sich meist auf die Medikamente Sacubitril/Valsartan, insbesondere bei sehr niedriger Ejektionsfraktion, und auf SGLT2-Inhibitoren, deren Wirkung inzwischen für die meisten Fälle bestätigt ist. Das Projekt BETA3_LVH testete, ob die Umnutzung des Medikaments Mirabegron, das derzeit zur Behandlung von Blasenerkrankungen eingesetzt wird, auch bei Herzinsuffizienz vom HFpEF-Typ funktionieren könnte. „Da der durch Mirabegron aktivierte Beta3-Adrenorezeptor offenbar nicht nur in der Blase, sondern auch im Herzen vorhanden ist, wie wir herausfanden, lag zunächst nahe, dass er auch vor HFpEF schützen kann“, erklärt Jean-Luc Balligand, der das EU-finanzierte Projekt koordinierte. Eine klinische Phase-II-Studie ergab jedoch, dass die standardmäßige klinische Tagesdosis von 50 mg Mirabegron weder die Herzmuskelverdickung Hypertrophie, die ein Risikofaktor für HFpEF ist, noch die linksventrikuläre Füllung beeinflusst. „Obwohl wir in unserer Studie dem Beta3-Adrenorezeptor keinen Effekt zuschreiben konnten, ist dieser bislang nicht auszuschließen. Entscheidend ist, dass wir erstmals die Sicherheit von Mirabegron bei erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen nachweisen konnten“, fügt Balligand hinzu.

Neue Anwendungen für Beta3

Beta3 ist ein Adrenorezeptor, der empfindlich auf Stresshormone reagiert. In ihm binden Proteincluster auf der Zelloberfläche an extrazelluläre Moleküle und induzieren Signale für spezifische zelluläre Reaktionen. Beta3 hat potenzielle therapeutische Relevanz, da es gefäßerweiternd wirkt, die Fettverbrennung fördert und bei Herzerkrankungen stärker exprimiert wird, bei Herzinsuffizienz aber funktionsfähig bleibt. „Tiermodelle bestätigten, dass beta3 das Herz vor Hypertrophie und Fibrose schützt, die beide das Risiko für Herzversagen erhöhen“, vermerkt Balligand.

Klinische Prüfung

Die Arbeitsgruppe führte klinische Phase-II-Studie mit 296 erwachsenen Erkrankten in 10 europäischen Krankenhäusern durch, die nach dem Zufallsprinzip über 12 Monate entweder Mirabegron oder ein Placebo erhielten. Neben kardiovaskulären Risikofaktoren wurde auch auf Anzeichen für Herzhypertrophie untersucht, wobei 90 % der Teilnehmenden an Bluthochdruck, 20 % an Diabetes und fast alle an Übergewicht oder Adipositas litten. Um 2D- und 3D-Aufnahmen des pumpenden Herzens zu erstellen, kamen Echokardiographie und Herz-MRT (Magnetresonanztomographie) zum Einsatz. Ihre Kombination ermöglichte Aussagen zur Größe des Herzens einschließlich Hypertrophierisiko sowie zur Füllmenge der linken Herzkammer vor der medikamentösen Behandlung und sechs bzw. 12 Monate danach. „Zudem überwachten wir die Fähigkeit zur Gefäßerweiterung sowie Stoffwechselveränderungen wie Blutzuckerwerte und andere Biomarker wie Lipide und Insulin“, ergänzt Balligand. Die Stoffwechselaktivität wurde auch anhand von PET- und CT-Scans überwacht, um insbesondere mögliche Effekte von Mirabegron auf das braune/beige Fettgewebe zu ermitteln. Da diese Fettgewebe an der Kalorienverbrennung beteiligt sind, könnten sie Stoffwechselstörungen entgegenwirken. Es wurden jedoch weder vor noch nach der Behandlung Anzeichen für solche Wirkungen festgestellt. „Der Anteil von beigem/braunem Fettgewebe ist bei solchen Erkrankungen niedrig – oft unterhalb der Nachweisgrenze mittels PET oder CT – und 50 mg Mirabegron täglich reichten für die Aktivierung offenbar nicht aus. Empfindlichere Techniken wie z. B. metabolomische Untersuchungen von Blutproben könnten in künftigen Studien eingesetzt werden“, sagt Balligand.

Fortschritt hin zu sicherer Behandlung

HFpEF ist ursächlich für etwa die Hälfte aller Herzinsuffizienzen, und umgenutzte Medikamente wären für Hochrisikofälle durchaus verfügbar. „Erstmals haben wir die Sicherheit von Mirabegron bei hohem kardiovaskulärem Risiko nachgewiesen. In der Regel werden diese Erkrankten aufgrund ihrer urologischen Erkrankungen nicht zu klinischen Phase-III- und IV-Studien mit Mirabegron zugelassen. Das Medikament wird jedoch routinemäßig zur Behandlung einer überaktiven Blase bei älteren Betroffenen verschrieben, die häufig an kardiovaskulären Komorbiditäten leiden“, schließt Balligand.

Schlüsselbegriffe

BETA3_LVH, Herz-Kreislauf-Erkrankung, Herz, Stoffwechsel, Ventrikel, Hypertrophie, Mirabegron, Adrenorezeptor, Beta3, Blut

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