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INnovative chemIcal sensors for enanTioselective detectIon of chiral pOllutants

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Erste elektronische Nase, die chirale Verbindungen erschnüffeln kann

Biologisch sehr aktive chirale Verbindungen können, auch wenn sie in vielen alltäglichen chemischen Produkten enthalten sind, dennoch umweltschädigend wirken. Normalerweise sind sie nur schwierig nachzuweisen, aber die Vorrichtung von INITIO erschnüffelt sie in Pestiziden, wo sie besonders häufig vorkommen.

Klimawandel und Umwelt icon Klimawandel und Umwelt

In der Chemie werden Moleküle, die nicht spiegelbildlich auf sich selbst abbildbar sind, als Chemie („chiral“) beschrieben. Jedes Spiegelbild wird als ein Enantiomer bezeichnet, und sind beide vorhanden, heißt das Molekül Stereoisomer. Während chirale Moleküle als die Hauptbausteine lebender Organismen gelten, interagiert jedes der Enantiomere unterschiedlich mit lebenden Organismen, wobei das eine vorteilhafte und das andere giftige Wirkungen zeigen kann. Diese Tatsache ist von großer Wichtigkeit, da chirale Moleküle zunehmend bei der Herstellung von Lebensmitteln, Arzneimitteln, Parfüms, Kosmetika und Agrochemikalien zum Einsatz kommen. „25 % aller Pestizide werden aus chiralen Verbindungen mit Enantiomeren hergestellt, die sich im Verhalten deutlich voneinander unterscheiden. Diese unvorhersehbaren Auswirkungen auf biologische Systeme lassen chirale Schadstoffe zu einem wachsenden Umweltproblem werden“, betont Projektkoordinator Roberto Paolesse von der Universität Tor Vergata, Universität Rom II, an der das Projekt angesiedelt ist. Da bei der üblichen Analyse dieser Pestizidverbindungen keine Chiralität berücksichtigt wurde, hat das Projekt INITIO zu diesem Zweck chemische Sensoren entwickelt. Entscheidend dabei ist, dass die Neuerung von INITIO im Gegensatz zu den gegenwärtig verfügbaren Verfahren, die auf Laboruntersuchungen angewiesen sind, in Echtzeit und in situ funktioniert.

Chemische Sensoren

INITIO wurde durch den Bedarf kleiner und mittlerer landwirtschaftlicher Betriebe an Geräten zur wirkungsvollen Überwachung von Pestiziden auf dem Feld ausgelöst. Die daraus resultierende Vorrichtung profitierte vom kombinierten Know-how aus der Welt der Entwicklung chemischer Sensoren. Chemische Sensoren bestehen aus zwei Hauptkomponenten: dem Rezeptor (Sensormaterial) und dem Signalwandler (elektronisches Bauteil). Interagiert der Rezeptor mit der Zielsubstanz, so ändern sich seine Eigenschaften, die der Wandler aufzeichnet und in ein lesbares Signal übersetzt. Einzelne Sensoren können jedoch Chiralität nicht optimal erkennen, da sie im Idealfall nicht nur ein Signal für eines der Enantiomere erzeugen, sondern meist ein Signal für beide, sodass es unmöglich ist, diese voneinander zu unterscheiden. Um dieses Problem zu umgehen, hat INITIO ein Sensorarray mit nur schwacher Selektivität für Enantiomere erschaffen, das den natürlichen Geruchssinn nachahmt. „Unserem Kenntnisstand zufolge können wir nun die erste ‚enantioselektive elektronische Nase‘ vorweisen, die sowohl die beiden unterschiedlichen Substanzen als auch deren chirale Natur erkennen kann“, fügt Paolesse hinzu.

Zeiten der Erprobung

Es wurden verschiedene Rezeptoren charakterisiert und im Folgenden mit verschiedenen Wandlern erprobt, um diejenigen zu finden, die am besten zwischen den Enantiomerenpaaren unterscheiden können. Zu diesem Zweck kombinierte das Team chirale anorganische Strukturen wie etwa chirale Nanospriralen mit organischen Rezeptoren wie beispielsweise Porphyrinen oder Hemicucurbiturilen. Zudem wurde ein einfacherer Ansatz zur Erzeugung chiraler Schichten mittels supramolekularer Methoden erarbeitet, bei dem sich chirale Rezeptoren spontan mit nichtchiralen Rezeptoren verbinden und auf diese Weise feste Filme entstehen, anhand derer die verschiedenen Enantiomere von Zielanalyten erkannt werden können Das Sensorarray selbst, das auf Quarzkristall-Mikrowaagen beruht, wurde auf chirale Unterscheidung in Gas getestet. „Wir haben die aktuelle Version der an der Universität Tor Vergata in Rom konzipierten elektronischen Nase verbessert und mit bis zu 12 integrierten Sensoren, einem mikrofluidischen Probenzufuhrsystem, einer elektronischen Baugruppe zur Datenerfassung und einer aktualisierten algorithmusgesteuerten Software zur Erkennung der chiralen Identität von Verbindungen ausgestattet. Unser Sensorarray konnte unter Laborbedingungen mit Erfolg zwischen Modellanalyten aus verschiedenen Klassen chiraler Verbindungen unterscheiden“, erläutert Paolesse.

Feldüberwachung für den Umweltschutz

Chirale Schadstoffe stellen ein wachsendes ökologisches Problem dar, wie es die Verschmutzung der Ostsee durch chlororganische Pestizide beweist. Das INITIO-Werkzeug zur chiralen Unterscheidung und Analyse bietet ein Mittel zur Überwachung von deren Interaktion mit der Umwelt zwecks genauer Risikobewertungen. Laut Paolesse wird nun der nächste Schritt darin bestehen, die Leistungsfähigkeit der Vorrichtung in der Praxis anhand eines breiten Spektrums von Analyten und für Enantiomerenpaare in Flüssigkeit zu demonstrieren, wodurch sich die Möglichkeit der Gewässerüberwachung eröffnet.

Schlüsselbegriffe

INITIO, chirale Verbindung, Chemie, Enantiomer, Schadstoff, Sensoren, landwirtschaftlich, Pestizide

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