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The Tibetan Army of the Dalai Lamas (1642-1959)

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Aufdeckung der genauen Natur und Kultur der tibetischen Armee

Obwohl die jahrhundertelange Regierung Tibets unter der Führung des Dalai Lamas stets eine eigene Armee unterhielt, war sie zuweilen auf ausländische Truppen zur Verteidigung angewiesen. Die Forschenden haben sich mit der Frage beschäftigt, welche Auswirkungen diese offensichtliche Ambivalenz gegenüber dem Militarismus haben könnte.

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Ganden Phodrang, die 1642 vom 5. Dalai Lama gegründete, in Lhasa ansässige buddhistische Regierung von Tibet, geht auf eine lange Geschichte der militärischen Kultur zur Verteidigung des Territoriums und der buddhistischen Tradition bis ins 7. Jahrhundert zurück. Die Ganden-Phodrang-Regierung schuf und unterhielt das erste stehende tibetische Heer der Geschichte, das in Kriegszeiten von regionalen Milizen unterstützt wurde. Während der ersten Zeit ihrer Herrschaft verließ sich die Ganden-Phodrang-Regierung auch auf ausländische Armeen zum Schutz, entweder mongolische Truppen oder das Qing-Reich. Das vom Europäischen Forschungsrat finanzierte und vom Französischen Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung (CNRS) geleitete Projekt TibArmy untersuchte verschiedene Aspekte der Ganden-Phodrang-Militärgeschichte, darunter die Einbindung dieser Armee in den buddhistischen Kontext, den Einfluss benachbarter Militärkulturen auf sie und die Sozialgeschichte der Truppen.

Suche nach historischen Quellen

Das TibArmy-Team stützte sich auf Quellen in Tibetisch, Chinesisch, Englisch, Japanisch, Mongolisch und Mandschu. Dazu gehörten schriftliche Quellen wie tibetische, chinesische und britische Archive, Autobiografien tibetischer Soldaten und Offiziere vom Ende des 18. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts, Biografien und Autobiografien des Dalai Lama, des Panchen Lama und anderer buddhistischer Meister sowie rituelle Texte. Die Forschenden hörten sich auch mündliche Interviews mit ehemaligen tibetischen Soldaten an und nutzten visuelle Quellen wie Gemälde und Wandgemälde, Karten aus dem 19. Jahrhundert und Archivfotos. Das TibArmy-Team entdeckte mehrere neue Aspekte über diese Periode der Geschichte.

Buddhismus und Krieg

Ein Aspekt war, dass sich die religiösen und militärischen Projekte während der gesamten Ganden-Phodrang-Periode gegenseitig unterstützten. „Der Buddhismus lieferte der tibetischen Armee nicht nur einen Zweck – ihr Ziel und ihre Rechtfertigung –, sondern auch die Mittel, wie die Einbeziehung religiösen Personals in den Kampf und in die Militärverwaltung“, erklärt Alice Travers, Historikerin und Tibetologin am CNRS und Leiterin der TibArmy-Studie. Andere Mittel, die als „Kriegsmagie“ bezeichnet wurden, waren jedoch ritueller Natur, wie die Beschwörung von Schutz- oder Zorngöttern, um Feinde zu vernichten, Soldaten zu schützen und die Effizienz von Waffen zu verbessern.

Überwindung früherer Vorurteile

Eine weitere wichtige Erkenntnis war, dass es nicht eine tatsächliche Ambivalenz gegenüber militärischen Angelegenheiten im Allgemeinen gab, sondern vielmehr das langfristige Ziel, die Armee zu modernisieren und zu professionalisieren sowie die militärische Autonomie Tibets zu gewährleisten. Die Erreichung dieses Ziels hing jedoch von internen und externen politischen Faktoren ab, einschließlich der Unterstützung durch Verbündete. „Die militärische Entwicklung der Ganden-Phodrang-Periode kann in einem neuen Licht verstanden werden“, sagt Travers, „und somit ein ,Rückständigkeitsvorturteil‘ überwunden werden, das in Werken zur Geschichte Tibets, die zum Teil aus britischen Kolonialquellen stammen, sehr verbreitet ist.“

Eine fotografische Reise durch das historische Tibet

Im Rahmen des Projekts TibArmy wurde eine Wanderausstellung mit 166 Fotografien aus der Zeit zwischen 1890 und 1956 eröffnet, die vergessene oder ignorierte Aspekte der Militärgeschichte wie die materielle Kultur des tibetischen Militärs (Uniformen, Abzeichen und Flaggen) aufzeigt. „Ich bin besonders stolz auf die Fotoausstellung, da sie sich als eine sehr gute Möglichkeit erwiesen hat, die Forschungsergebnisse nicht nur einem breiteren Publikum in Prag und Paris, sondern auch den tibetischen Menschen selbst in der indischen Exilgemeinde nahezubringen“, fügt Travers hinzu.

Schlüsselbegriffe

TibArmy, Tibet, Ganden Phodrang, Lhasa, Armee, Fototour, Vorurteile, Krieg, Buddhismus

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