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Steigt der Meeresspiegel weltweit gleich an?

Der Klimawandel lässt den Meeresspiegel überall auf der Welt ansteigen. Gewinnt das Wasser gleichmäßig an Höhe oder sind bestimmte Gebiete stärker gefährdet? Unser Experte Jonathan Bamber taucht tief in dieses Thema ein.

Klimawandel und Umwelt icon Klimawandel und Umwelt

Die Antwort lautet „Nein“, was vielleicht überrascht. Gezeiten, Wind und Salzgehalt üben lokal Einfluss aus, aber hier sind weitaus größere Kräfte im Spiel. Eine davon ist die Schwerkraft. Abgesehen von den Wellen ist die Oberfläche des Ozeans nicht flach: Die schwankende Erdanziehungskraft lässt sie eine ungleichmäßige, sich ständig verändernde Form annehmen. „Das Schwerefeld der Erde ist im Zeitverlauf nicht statisch. Wenn sich die Masse auf der Erdoberfläche umverteilt – etwa durch schmelzende Gletscher – ändert sich das Schwerefeld, und das wirkt sich auf die Meeresoberflächenauslenkung aus“, erklärt Jonathan Bamber, Professor für Glaziologie und Erdbeobachtung an der Universität Bristol im Vereinigten Königreich und der Technischen Universität München in Deutschland. Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor ist die Rotation unseres Planeten. Wird versucht, einen Kreisel zu verschieben, während er sich an Ort und Stelle dreht, wird dieser sich der Bewegung widersetzen. Hier zeigt sich ein als Drehimpulserhaltung bekannter Effekt. Dasselbe geschieht auch auf der Erde: Wenn Gletscher schmelzen, werden Massen um den Planeten herum verschoben, und die Achse muss sich anpassen, um den Impuls zu erhalten. Da immer mehr Eis schmilzt, verschiebt sich stets die Erdachse ein wenig. Doch selbst diese kleinen Veränderungen können die Verteilung der Ozeane verändern. „Wenn Grönland und die Antarktis schmelzen, werden aufgrund dieses Effekts etliche tiefliegende Atolle im westlichen Pazifik die stärksten Auswirkungen des Meeresspiegelanstiegs zu spüren bekommen“, sagt Bamber. Auch Meerwasser dehnt sich aus, wenn es wärmer wird, und schrumpft, wenn es abkühlt. Die Meerestemperaturen steigen überall auf der Erde, jedoch nicht gleichmäßig. Das bedeutet gleichermaßen, dass der Meeresspiegelanstieg nicht überall gleich hoch ausfallen wird. „Die thermische Ausdehnung der Ozeane scheint sich auch im westlichen Pazifik zu verstärken“, so Bamber. „Diese beiden Effekte in Kombination ergeben also eine ziemlich schlechte Nachricht für die kleinen Pazifikinseln.“

Berechnung des weltweiten Meeresspiegelanstiegs

Im Rahmen des EU-finanzierten Projekts GlobalMass haben Bamber und sein Team einige der Herausforderungen bei der Messung des weltweiten Meeresspiegelanstiegs in Angriff genommen. Mithilfe einer statistisch rigorosen Kombination aus Satelliten- und In-situ-Daten konnte das Team aktuelle und zukünftige Prognosen des Meeresspiegelanstiegs zusammensetzen und die zugrunde liegenden Faktoren besser verstehen. Die im Zuge des Projekts veröffentlichten Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass der Meeresspiegel bis zum Ende des Jahrhunderts mit einer Wahrscheinlichkeit von 5 % um mehr als zwei Meter ansteigen könnte. Davon könnten um die 600 Millionen Menschen betroffen sein.

Es ist an der Zeit, endlich zu handeln

Soll diese Katastrophe verhindert oder sollen auch nur die Auswirkungen des Klimawandels verlangsamt werden, sind Bamber zufolge drastische Änderungen unserer heutigen Lebensweise einschließlich eines Umdenkens in unseren gegenwärtigen Wirtschaftssystemen erforderlich. „Um den Anstieg des Meeresspiegels oder zumindest den langfristigen, sich beschleunigenden Trend des Meeresspiegelanstiegs zu stoppen, müssen wir zu den vorindustriellen Temperaturen zurückkehren“, fügt Bamber hinzu. Und das ist nur einer der Gründe, warum die EU plant, bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu sein. Klicken Sie hier, um mehr über die Forschung von Jonathan Bamber zu erfahren: Zuschreibung des globalen Meeresspiegelanstiegs zu seinen Komponenten

Schlüsselbegriffe

GlobalMass, Meeresspiegelanstieg, globale, Erwärmung, Gletscherforschung, Glaziologie, Gletscher, Masse, Rotation, Drehung, Gezeiten, Schwerkraft