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INNOvative tools FOR dismantling of GRAPHite moderated nuclear reactors

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Bessere Wege zum Rückbau graphitmoderierter Kernreaktoren

Der Rückbau der ersten Generation von Kernkraftwerken, die mit Graphitkernen gebaut wurden, gestaltet sich derart schwierig, dass bisher noch kein Versuch bei einer großtechnischen Anlage unternommen wurde. Nun arbeiten die europäischen Betreiber zusammen und können Fortschritte bei der Bewältigung der Herausforderungen vorweisen.

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Weltweit gibt es etwa 80 graphitmoderierte Kernkraftwerke, 50 davon in Europa, die meisten im Vereinigten Königreich. Viele der in den 1950er- und 1960er-Jahren gebauten Reaktoren sind seit zwanzig Jahren abgeschaltet, aber nur sehr wenige kleinere Reaktoren wurden bisher zurückgebaut. Allein die Größe der Gebäude, ihre komplexe Geometrie und die Vielfalt der verwendeten Materialien lassen den Rückbau zu einer technisch äußerst anspruchsvollen Aufgabe werden. Die wichtigsten Graphitreaktoren betreibenden Unternehmen Europas und weitere Partner haben drei Jahre lang im Rahmen des EU-finanzierten Projekts INNO4GRAPH zusammengearbeitet, um verschiedene Stilllegungsszenarien zu bewerten sowie neue physische und digitale Instrumente zu entwickeln. „Anstatt getrennt zu arbeiten, haben wir beschlossen, ein europäisches Team zu bilden, um die technischen Herausforderungen gemeinsam zu meistern“, sagt Projektkoordinator Philippe Lefevre, Projektleiter für industrielle Demonstration bei Electricité de France (EDF). Das Projekt vereinte Fachleute aus verschiedenen Sektoren, etwa von Unternehmen, die Kernkraftwerke betreiben, Spezialkräfte für Rückbau, Fachkräfte aus Ausbildungseinrichtungen, Labors und aus der Wissenschaft.

Sicherheit: zentraler Faktor beim Rückbau von Kernkraftwerken

Kernreaktoren müssen auf sichere Weise stillgelegt werden; es darf dabei keinen Spielraum für Fehler geben. Daher hat das Team zunächst Instrumente entwickelt, die den betreibenden Unternehmen bei der Vorbereitung des Rückbaus helfen. Zu diesen Instrumenten gehören ein physisches und radiologisches Bestandsverzeichnis, das alle Reaktoren umfasst, sowie Entscheidungsfindungshilfen wie etwa Instrumente zur Kostenanalyse und für digitale Simulationen. Es waren auch Fortschritte bei der Charakterisierung der mechanischen Eigenschaften von Graphit zu verzeichnen. „Aufgrund der unterschiedlichen Verarbeitung des Materials liegt der Graphit in den Reaktoren in Italien und Frankreich in verschiedenen Formen vor. Wir haben uns für den Rückbau auf die mechanischen Eigenschaften konzentriert, um Instrumente zu entwerfen, die für alle Kontexte geeignet sind“, erklärt Lefevre. In der industriellen Demonstrationsanlage des Unternehmens EDF in Chinon, Frankreich, wurde ein Modell eines Graphitstapels in Originalgröße gebaut, um die Instrumente für die Graphitentnahme im ferngesteuerten Einsatz zu erproben. „Wir haben das Modell so konzipiert, dass es an andere Reaktoren angepasst werden kann und Graphitbausteine verschiedener Formen aufnehmen kann.“

Riesiger Roboterarm für ferngesteuerten Rückbau

Anschließend entwickelte das INNO4GRAPH-Team ein Rückbauszenario, das auf der Öffnung des Reaktorgebäudes von oben und der Installation einer Plattform auf dem Dach beruht. Auf dieser wird ein ferngesteuertes Verteilungssystem mit einem riesigen Roboterarm untergebracht sein, der bis zu 30 Meter lang sein soll und den Boden des Bauwerks erreichen kann. Es wurden technische Spezifikationen für den Arm sowie allgemeinere Spezifikationen für andere Instrumente, z. B. für die ferngesteuerte Bergung von Graphitsteinen, entwickelt.

Einsatz von Lasern unterstützt Robotik

Zum Schneiden durch Graphit wird Lasertechnologie genutzt, wobei bis zu einer Tiefe von 60 Millimetern geschnitten werden konnte. „Die Lasertechnologie hat den Vorteil, dass es kein Hin und Her gibt, keinen mechanischen Aufwand, was den Bau des Roboterarms erleichtert“, bemerkt Lefevre. Der Informationsaustausch mit Projekten wie LD-SAFE, bei dem das Team das Laserschneiden beim Rückbau von Leichtwasserreaktoren anwendet, hat sich als nützlich erwiesen. Mithilfe neuer digitaler Instrumente wurde der Rückbau der Graphitstapel der Reaktoren Chinon A2 in Frankreich, Latina in Italien und Vandellòs I in Spanien simuliert. „Dank INNO4GRAPH wissen wir jetzt mit Sicherheit, dass diese Art von Technologie beim Rückbau aller Reaktoren einsetzbar ist“, fügt Lefevre hinzu. Er vertritt jedoch auch die Ansicht, dass sich das gemeinsame Verständnis der europäischen Betreiber für die Herausforderungen und ihr Engagement in Bezug auf die gemeinsame Weiterentwicklung von Instrumenten und Methoden als ebenso wertvoll erweisen wird.

Schlüsselbegriffe

INNO4GRAPH, Graphit-Kernreaktoren, Graphitkern, Graphitstapel, Stilllegung, Rückbau, Rückbauszenario, ferngesteuerter Einsatz

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