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Reconstructing community dynamics and ecosystem functioning after glacial retreat

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Wie schwindende Gletscher neue Ökosysteme hervorbringen

Die Dynamik und die Funktionen ökologischer Gemeinschaften, die dort erscheinen, wo die Gletscher der Erde zurückweichen, werden wissenschaftlich rekonstruiert.

Klimawandel und Umwelt icon Klimawandel und Umwelt

Da die Gletscher angesichts des Klimawandels weltweit schwinden, besiedeln biologische Organismen die neu verfügbaren Böden. Die Forschenden haben viele Fragen zu diesen Gemeinschaften, von ihrer Entstehung über ihre Funktionsweise bis hin zur Frage, ob sie überleben werden oder nicht. Bislang sind diese Fragen unbeantwortet geblieben, was zum Teil auf den weltweiten Mangel an umfassenden Studien zurückzuführen ist. Oft gestalten sich diese Gemeinschaften sehr komplex, was ihre Identifizierung erschwert, und die bisher verfügbaren Verfahren waren langsam und arbeitsaufwendig. Die jüngste Entwicklung der Umwelt-DNA (eDNA) beschleunigt nun die Möglichkeit zur Analyse mikrobiellen Lebens. Im Rahmen des vom Europäischen Forschungsrat finanzierten Projekts IceCommunities nutzten die Forschenden eDNA und weitere innovative Verfahren, um unser Verständnis der Evolution derartiger Ökosysteme auf Böden zu verbessern, die kürzlich durch das Abschmelzen des Eises freigelegt wurden. „Die Arbeit innerhalb von IceCommunities war eine Herausforderung, aber auch sehr spannend“, sagt Francesco Ficetola, Professor für Tierbiologie an der Universität Mailand. „Wir haben Feldforschung in sehr schwierigen Umgebungen durchgeführt, wie zum Beispiel auf den Svalbard-Inseln in der Nähe des Nordpols, im Himalaya-Gebirge und in den Anden.“

Globale Feldarbeit in Gletschervorfeldern

Das IceCommunities-Team setzte eDNA-Metabarcoding ein, ein Verfahren, mit dem mehrere Arten aus einer Umweltprobe identifiziert werden können. Die Forschenden brachen zu Gletschervorfeldern in verschiedenen Gebirgsregionen der Welt auf, um Umweltproben zu sammeln. Ihr Ziel war es, die in den Böden lebenden Bakterien-, Pilz-, Pflanzen- und Wirbellosenarten zu ermitteln, um die Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Zusammensetzung und den Funktionen der Ökosysteme zu bewerten. Nach der Entnahme führten sie molekularbiologische Arbeiten im Labor durch.

Neue Artengemeinschaften verstehen

Die Projektanalyse erbrachte neues Wissen darüber, wie verschiedene Komponenten der biologischen Vielfalt bei der Entwicklung von Gemeinschaften zusammenwirken. „Wir haben starke Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und Mikroorganismen, zwischen Pflanzen und Tieren sowie zwischen Pflanzen und Bodenentwicklung festgestellt“, fügt Ficetola hinzu. Das Team entdeckte außerdem, dass sich diese neuartigen Gemeinschaften nicht überall auf der Welt gleich schnell entwickeln, da sich die Ökosysteme in Vorfeldern mit milden Sommertemperaturen schneller entwickeln. „Kältere Vorfelder beherbergen zunächst artenarme Gemeinschaften, aber die Besiedlungsrate beschleunigt sich dann, sodass die Unterschiede in der biologischen Vielfalt zwischen den Klimaregimen nach 150 Jahren ausgeglichen werden“, erklärt Ficetola. „Die Auswirkungen des lokalen Klimas auf die biotische Besiedlung führten weltweit zu heterogenen, aber vorhersehbaren Mustern, die sich wahrscheinlich auf die Entwicklung der Böden auswirken, die für die Entstehung von Ökosystemen von entscheidender Bedeutung sind.“

Die Entwicklung von Pflanzenökosystemen erforschen

Ein wichtiges Projektergebnis war eine vollständige Analyse der Interaktionen zwischen Mykorrhizapilzen und Pflanzen, die in der extern begutachteten Fachzeitschrift „New Phytologist“ veröffentlicht wurde. Dabei zeigte sich ein komplexes Zusammenspiel zwischen symbiotischen Pilzen, Pflanzengemeinschaften und der Entwicklung von Ökosystemen. „Einige dieser Pilze werden von Pflanzengemeinschaften unterstützt und beschleunigen dann die Besiedlung durch weitere Pflanzenarten“, erklärt Ficetola. „Ein solches Feedback ist für die Entwicklung der gesamten Gemeinschaft überaus wichtig.“ Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Vielfalt dieser Mykorrhizapartner durch globale Veränderungen wie den Rückgang der Schneedecke und weitere Veränderungen des Mikroklimas beeinträchtigt wird, was das komplexe Netz aus Interaktionen zwischen den Organismen verändern und Folgen für die Bodenentwicklung und die damit verbundenen ökologischen Prozesse haben könnte. Obwohl das Projekt abgeschlossen ist, arbeitet das Team noch immer an der Datenanalyse, insbesondere an der Rekonstruktion der dynamischen Nahrungsnetze, die in den Böden zu finden sind. „Zukünftig möchten wir unsere Ergebnisse ausweiten und sie nutzen, um großangelegte, räumlich explizite Szenarien der sich in diesen Umgebungen entwickelnden Ökosysteme zu erarbeiten“, berichtet Ficetola.

Schlüsselbegriffe

IceCommunities, Gletscher, glazial, Vorland, Pflanzenökosystem, Umwelt-DNA, eDNA, Klimawandel, Ökosystemzusammensetzung, abschmelzen, zurückweichen, biotisch, Gemeinschaften

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