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Ist ein Leben ohne Schmerz möglich?

Schmerzen sind unangenehm und können eine Einschränkung darstellen. Der Experte Rolf-Detlef Treede setzt sich mit der harten Realität eines schmerzfreien Lebens auseinander.

„Es gibt Menschen, die ohne Schmerzen leben“, sagt Treede, ein Neurophysiologe an der Universität Heidelberg. „Ihre Existenz ist seit Jahrhunderten bekannt.“ Unempfindlichkeit gegenüber Schmerzen, auch Analgesie genannt, kann durch verschiedene seltene Krankheiten verursacht werden. Unempfindlich gegen Schmerzen zu sein, bedeutet jedoch nicht, keine Verletzungen zu erleiden. Betroffene können sich zum Beispiel leicht an einer heißen Herdplatte verbrennen, ohne es zu merken, und sind anfällig für Gelenkprobleme aufgrund mechanischer Verletzungen. Um Gelenke nicht zu überlasten oder die Hand auf einer heißen Herdplatte abzulegen, braucht es Nozizeption. Das ist das Warnsystem des Körpers, dass bei der Gefahr von Verletzungen anschlägt und vom Gehirn als Schmerz interpretiert wird. Das nozizeptive System wird aktiviert, bevor es zu Verletzungen am Körper kommt – es wäre zu spät, wenn der Schmerz erst auftritt, wenn die Verletzung bereits vorliegt. Ist das nozizeptive System gestört, dann liegt kein Bewusstsein der körperlichen Gefahr vor und es kann zu schweren Verletzungen kommen. Nozizeption und Schmerz sind jedoch nicht ganz dasselbe. Schmerz ist ein subjektives Gefühl, erklärt Treede, während die Nozizeption die Prozesse der Wahrnehmung tatsächlicher oder potenzieller Verletzungen beschreibt und objektiv gemessen werden kann. „Ein Leben ohne Schmerzen würde ich als ein Leben ohne Nozizeption bezeichnen“, sagt Treede. „Es ist sehr, sehr gefährlich, wenn dieses Warnsystem fehlt“, fügt er hinzu. Leider ist die Lebenserwartung von Menschen ohne Nozizeption oft geringer. Schmerzen sind also nicht unbedingt ein willkommenes Gefühl, aber dennoch ein Schutzmechanismus des Körpers vor schweren Verletzungen. Fehlfunktionen im nozizeptiven System können auch in die andere Richtung gehen und zu unnötigen und chronischen Schmerzen führen. „Es gibt immer mehr Belege dafür, dass bei einem bestimmten Prozentsatz Betroffener die Schmerzen über die normale Heilung der körperlichen Schäden hinaus andauern. Sie stehen also nicht vollständig mit Gewebeschäden in Zusammenhang“, erklärt Treede. In der Tat sind Schmerzen derzeit die häufigste nicht übertragbare Krankheit in Europa. 19 % der Europäerinnen und Europäer sind von chronischen Schmerzen betroffen, die ihre Lebensqualität mindern und ihre Existenzgrundlage beeinträchtigen. In dem von der EU und der Industrie finanzierten Projekt IMI-PainCare versuchten Treede und sein Team, die Schmerzbehandlung und die Entwicklung von Medikamenten zu verbessern und neue therapeutische Ansätze für Schmerzen zu finden. In verschiedenen Teilprojekten erstellten die Forschenden Profile von Frauen mit chronischen Beckenschmerzen, standardisierten die Bewertung von akuten und chronischen Schmerzen und suchten nach Biomarkern, an denen die schmerzlindernde Wirkung von Medikamenten ablesbar ist. Das Team hat überzeugende Ergebnisse gewonnen, von denen einige bei einer Veranstaltung im Europäischen Parlament, „Die Zukunft der europäischen Schmerzforschung“(öffnet in neuem Fenster), vorgestellt wurden. Trotz der weiten Verbreitung von Schmerzen werden Forschungsarbeiten zu diesem Thema laut Treede nur zögerlich finanziert. Das mag zum Teil daran liegen, dass der Bereich nicht sonderlich lukrativ ist. Depressionen und Rückenschmerzen sind bekanntlich die Hauptursache für Arbeitsausfälle. „Depression wird heutzutage als real anerkannt“, so Treede. „Das ist bei chronischen Schmerzen noch nicht der Fall.“ Hier erfahren Sie mehr über die Forschung von Rolf-Detlef Treede: Kampf gegen die Epidemie der Schmerzen

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