Nachhaltiger Textilsektor dank Durchbruch bei Lignin
Das Team des EU-finanzierten Projekts BioFibreLoop(öffnet in neuem Fenster) arbeitet daran, Europas Textilindustrie nachhaltiger zu gestalten, wobei Outdoor-, Sport und Freizeit- sowie Arbeitsbekleidung im Mittelpunkt stehen. Nachdem gerade ein wichtiger Meilenstein im ligninbasierten Faserspinnen erreicht wurde, beschäftigt sich das Projektteam nun damit, die zuverlässige Ligninversorgung für dieses Verfahren sicherzustellen. Die Textilindustrie befindet sich an einem entscheidenden Wendepunkt, da Bemühungen um eine nachhaltige Produktion und gleichzeitig um die Erfüllung der Verbrauchernachfrage nach intelligenten Funktionen über Komfort und Ästhetik hinaus unternommen werden. Bei der Herstellung von Funktionstextilien kommen jedoch häufig schädliche Chemikalien zum Einsatz, die eine Gefahr für die Umwelt und die Sicherheit der Arbeitskräfte darstellen. Da mit immer mehr Verordnungen die Verwendung gefährlicher Chemikalien verboten wird, sind in der Textilindustrie der EU intelligente Innovationen erforderlich, um ihren CO2-Fußabdruck zu verkleinern. Die Arbeit von BioFibreLoop trägt zur Nachhaltigkeit des Sektors bei, denn biobasierte Materialien wie Lignin dienen der Herstellung recycelbarer Textilien mit biologisch inspirierter Funktionalisierung. Nachdem es an den Deutschen Instituten für Textil- und Faserforschung Denkendorf (DITF), die das Projekt koordinieren, gelungen ist, Fasern aus Lignin, gemischt mit Zellulose, zu spinnen, steht das Projektteam nun vor der Herausforderung, zuverlässiges Rohmaterial in Form von Lieferungen aus europäischen Holzverarbeitungsbetrieben zu finden.
Lignin als Herausforderung
Das Problem liegt darin, dass Lignin in der EU noch nicht genormt ist, was bedeutet, dass es kein einheitliches System zur Klassifizierung verschiedener Ligninarten gibt. Auch das Basislignin, extrahiertes, aber unmodifiziertes Lignin, weist je nach Extraktionsverfahren sehr unterschiedliche Eigenschaften und Qualitäten auf. „Nicht alle Lignin-Basistypen sind für textile Anwendungen geeignet, und die jüngsten Marktveränderungen erschweren die Beschaffung zusätzlich“, heißt es in einer Pressemeldung von BioFibreLoop(öffnet in neuem Fenster). „Mehrere kleine Zulieferbetriebe, die vor einigen Jahren für spezielle, qualitativ hochwertige Ligninarten gegründet wurden, gibt es nicht mehr, und die größeren produzieren oft nicht die erforderlichen Qualitäten.“ Um dieses Problem zu lösen, wurden an den Deutschen Instituten für Textil- und Faserforschung umfangreiche Recherchen über verfügbare Ligninlieferanten durchgeführt und auch Materialien auf ihre Eignung geprüft. Dazu zählte die Analyse der Fähigkeit des Lignins, mithilfe thermoplastischer Spinnverfahren zu Fasern gezogen zu werden und filmbildende Eigenschaften für Beschichtungen aufzuweisen. Beschichtungen verleihen Textilien ihre speziellen Funktionen, etwa den Schutz vor Flüssigkeiten, Gasen und Bakterien. Das Ziel von BioFibreLoop lautet, ligninbeschichtete Textilien herzustellen, die nicht nur vollständig biologisch abbaubar sind, sondern auch auf eine Weise robust, dass Recycling möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist, und somit zur Erfüllung der Anforderungen des europäischen Grünen Deals beigetragen wird. Ungeachtet der gegenwärtigen Volatilität des Ligninmarktes lassen die neuen, in Europa gebauten oder in Betrieb genommenen Holzverarbeitungsanlagen bereits ahnen, dass der Bedarf von BioFibreLoop an hochwertigem Lignin höchstwahrscheinlich gedeckt werden wird. Die Ligninlieferanten erhalten nun die Möglichkeit, eine stabile, großmaßstäbliche Nachfrage zu sichern, indem Lignin in den Massenmarkt für Textilien integriert wird. Aufgrund des Potenzials, dass unterstützt durch die europäische Gesetzgebung zur Förderung biobasierter Lösungen mehr Produkte auf Ligninbasis auf den Markt kommen, besteht ein erheblicher Spielraum für den Aufbau resilienter, kreislauforientierter Versorgungsnetzwerke. Eine derartige Entwicklung würde die biobasierten Lieferketten der europäischen Textilindustrie stärken und somit die allgemeine Resilienz des Sektors gegenüber Störungen von außen verbessern. „Unsere guten Forschungsergebnisse zum Einsatz von Lignin in Textilerzeugnissen in Verbindung mit dem großen Marktpotenzial werden stark zur Errichtung von Bioraffinerien für geeignete Ligninvarianten in Europa motivieren“, sagt Thomas Stegmaier, technischer Koordinator der Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung. Das Projekt BioFibreLoop (Circular biobased technical textiles with innovative bio-inspired non-toxic functionalisation) endet 2027. Weitere Informationen: BioFibreLoop-Projektwebsite(öffnet in neuem Fenster)