Neues von Glassomer: Revolution in der Glasbearbeitung nimmt Gestalt an
Glas wird seit Jahrtausenden genutzt und oft als der älteste Hochleistungswerkstoff der Menschheit bezeichnet. Allerdings gab es in den letzten Jahrhunderten kaum Innovationen. 2021 ging das EU-finanzierte Projekt Glassomer(öffnet in neuem Fenster) an den Start, um hier alles zu verändern. „Wenn wir auf die letzten Jahrzehnte zurückblicken, wird deutlich, dass Polymere in einigen Anwendungen Glas hinsichtlich ihrer Leistungseigenschaften übertroffen haben“, kommentiert Projektkoordinator Bastian Rapp von der deutschen Präzisionsglasfirma Glassomer GmbH. „Kunststoffe lassen sich viel leichter formen als Glas. Obwohl Kunststoff leicht und einfärbbar ist, ist er nicht so fest wie Metall und auch nicht so transparent oder chemisch inert wie Glas.“ Daraus ergab sich eine interessante Frage: Was wäre, wenn Glas auf die gleiche Weise wie Polymere formbar wäre? Dann könnten die Hersteller von den Eigenschaften von Glas profitieren, jedoch zusätzlich auch von der Flexibilität von Kunststoff. „Wir wollten sehen, ob wir innovative Verarbeitungsverfahren wie Spritzgießen und 3D-Drucken auf Glas anwenden können, ganz als wäre es ein Polymer“, erklärt Rapp. „Diese Idee entstand in einem Universitätslabor, bevor sie in ein Start-up-Unternehmen ausgegliedert wurde.“ Das Team von Glassomer hat ein Glas-Nanokomposit entwickelt, das im Grunde ein Stück Kunststoff mit vielen winzigen darin verteilten Sandpartikeln ist. Diese Sandpartikel sind sehr klein, was bedeutet, dass das Polymer wie jedes andere Polymer verarbeitbar ist. „Sobald die Form definiert ist, entfernen Sie einfach den Kunststoff“, fügt Rapp hinzu. „Als Ergebnis entsteht ein Material, das wie Kreide aussieht und überraschend steif ist. Dieses wird dann in einen Ofen gegeben und erhitzt, wodurch die Sandpartikel miteinander verschmelzen und Glas entsteht.“
In die Polymerverarbeitungsinfrastruktur investieren
Das Projekt Glassomer (Glassomer – A Revolution in Glass Processing) wurde ins Leben gerufen, um das Unternehmen bei dem Nachweis zu unterstützen, dass das Verfahren großmaßstäblich funktioniert. Dies beinhaltete nicht nur Investitionen in die Infrastruktur der Polymerverarbeitung, sondern auch Fachwissen auf Gebieten wie dem Spritzgießverfahren. „Unser Ziel war vorzuführen, dass dieser Prozess auf modernster Infrastruktur laufen kann und damit hunderttausende Komponenten produziert werden können“, erläutert Rapp. „Wir kommen aus einem Umfeld der technologieintensiven Innovationen und brauchten daher Leute mit unterschiedlichen Kompetenzprofilen. An dieser Stelle hat uns das EU-Projekt wirklich geholfen.“ Es erwies sich, dass das Material mit allen Verfahren kompatibel ist, vom Spritzgießen und der additiven Fertigung bis hin zu klassischen subtraktiven Verfahren wie Bohren und Fräsen. Ein weiterer wichtiger Vorteil besteht darin, dass das Material weitaus weniger Energie als andere Glasherstellungstechnologien erfordert und es deutlich weniger CO2 entstehen lässt. Glassomer ist heute ein voll funktionsfähiges KMU, das als wichtige innovative Kraft in der Glasverarbeitung gilt. Das Unternehmen hat sich von einer Start-up-Firma mit wenigen Gründungsmitgliedern zu einem Unternehmen mit rund zwanzig Mitarbeitenden entwickelt. Es stehen drei großmaßstäbliche Spritzgussmaschinen sowie Nachbearbeitungsausrüstung zur Verfügung. „Das ist ein Resultat des Vertrauens, das uns dieses Projekt verschafft hat“, merkt Rapp an. „Das war ein großer Schritt für uns und ohne die Finanzhilfe „Accelerator“(öffnet in neuem Fenster) wären wir das Risiko nicht eingegangen. Die Maßstabserweiterung ist mit dermaßen vielen Herausforderungen verbunden.“ Der Kundenstamm des Unternehmens ist vielfältig und erstreckt sich von typischen glasorientierten Industriezweigen wie der Präzisionsoptik bis hin zu Speziallaborgeräten und Fahrzeugteilen. „Wir arbeiten gegenwärtig daran, unsere Position auf diesem Gebiet zu festigen und unsere Fertigungskapazitäten weiter auszubauen“, berichtet Rapp abschließend. „Wir sind in der Welt der Werkstoffwissenschaften noch relativ neu und müssen daher unter Beweis stellen, dass wir wettbewerbsfähig sind und kontinuierlich wachsen können.“ In der Rubrik „Was wurde aus…“ werden abgeschlossene EU-finanzierte Projekte vorgestellt und es wird darüber berichtet, was seit der Beendigung der EU-Finanzierung erreicht wurde. Wenn Sie an einer Vorstellung Ihres Projekts unter „Was wurde aus…“ interessiert sind, dann schreiben Sie uns bitte eine E-Mail an editorial@cordis.europa.eu und teilen Sie uns mit, warum!