Computeroptimierter Verankerungsentwurf für schwimmende Windkraftanlagen
Schwimmende Offshore-Windkraftanlagen könnten einen größeren Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel leisten, wenn sie das erhebliche Windenergiepotenzial in tieferen Gewässern erschließen. Ein Hindernis ist, dass in diesen Tiefen herkömmliche Verankerungen für Windkraftanlagen nicht realisierbar sind. Dies ist vor allem auf ihre Länge zurückzuführen, die die Installation und Wartung von im Boden verankerten Fundamenten erschwert. Schwimmende Windkraftanlagen sind hingegen per Definition beweglich und daher an einem breiteren Spektrum von Standorten einsetzbar, was bedeutet, dass sie stärkere, stabilere Offshore-Winde nutzen können. Schwimmende Windkraftanlagen stellen jedoch nach wie vor eine Reihe von technischen Herausforderungen dar. „Ihre Strukturen stehen in komplexer Wechselwirkung mit der Umgebungsluft und dem Wasser, wobei die Wechselwirkung des Verankerungssystems mit dem Meeresboden besonders kompliziert ist. Daher sind schwimmende Lösungen in der Regel kostspieliger und technisch anspruchsvoller als im Boden verankerte Windkraftanlagen“, erklärt Shengjie Rui(öffnet in neuem Fenster), leitender Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen(öffnet in neuem Fenster) (MSCA)-Forscher des Projekts MLSITDAIAFWT, das mithilfe von Computermodellen bessere Entwürfe für die Verankerung schwimmender Windkraftanlagen entwickelte. Im Rahmen des Projekts wurde insbesondere untersucht, wie die Wechselwirkungen zwischen Verankerungsleinen und Meeresboden zu Gräben führen können, die die Verankerungskapazität verringern.
Das erste genaue Computermodell für Verankerungslasten
Das MSCA-finanzierte MLSITDAIAFWT-Team kombinierte Laborversuche mit Computersimulationen am Norwegischen Geotechnischen Institut(öffnet in neuem Fenster), der gastgebenden Organisation des Projekts, und der Norwegischen Universität für Wissenschaft und Technologie(öffnet in neuem Fenster), die als Partner fungierte. Zunächst wurden Labortests, sogenannte Kettenschienen-Durchdringungstests, durchgeführt, um zu untersuchen, wie sich lehmige Meeresböden durch die wiederholte Bewegung von Verankerungskomponenten verformen und erodieren. „Die wichtigste Erkenntnis war, dass die sich bewegenden Strukturen den Boden immer wieder aufschneiden und beeinträchtigen, wodurch der Ton aufgeweicht und die Integrität und Festigkeit des Meeresbodens verringert wird und Gräben entstehen“, merkt Rui an. In Kombination mit Daten aus Forschungspublikationen wurden diese Laborergebnisse zur Kalibrierung eines numerischen Modells der Wechselwirkungen zwischen Verankerungsleinen und Meeresboden verwendet. Diese Daten wurden dann in die SIMA-Software(öffnet in neuem Fenster) eingegeben, um integrierte Systemanalysen dieser Wechselwirkungen zu ermöglichen. Die Messungen ergaben, dass der eingebettete Teil einer Verankerungsleine die Spannung sowohl an der Leinenführung (Vorrichtung zur Führung der Kette) als auch an der Decksauge (Platte und Ring aus Edelstahl zur Sicherung der Kette) erheblich verändert, was wiederum Auswirkungen auf die Gesamtleistung des Verankerungssystems hat. „Meines Wissens ist dies das erste Modell, mit dem Verankerungslasten als Teil von Analysen auf Systemebene direkt konstruktionstechnisch berechnet werden können, während die Auswirkungen der eingebetteten Leine berücksichtigt werden. Unsere Studie wird letztlich dazu beitragen, die Zuverlässigkeit der Verankerungssysteme zu verbessern, die Instandhaltungskosten zu senken und die Durchführbarkeit schwimmender Windkraftanlagen zu steigern“, sagt Rui.
Vorhaben für saubere Energie und Meeresinnovationen unterstützen
Die Arbeit von MLSITDAIAFWT sorgt für eine höhere Zuverlässigkeit im Bereich der schwimmenden Windkrafttechnologie, und fördert so die groß angelegte Erzeugung erneuerbarer Energien in tiefen Gewässern. Dies trägt zur Verringerung der CO2-Emissionen und weniger Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen bei, um die Vorhaben der EU für saubere Energie(öffnet in neuem Fenster) zu unterstützen. „Mit Anwendungen wie kommerziellen schwimmenden Windparks, hybriden Offshore-Energiesystemen und fortschrittlichen Verankerungslösungen für die Meeresinfrastruktur regt die Technologie auch Innovationen in der Meerestechnik an und fördert gleichzeitig eine breitere Entwicklung der Meeresressourcen“, bemerkt Rui. Nachdem die Projektergebnisse bereits auf einer Reihe von Veranstaltungen vorgestellt wurden, darunter ein Plenarvortrag auf einer großen internationalen Konferenz in Frankreich(öffnet in neuem Fenster), wendet Rui das Projektmodell nun direkt auf die Konstruktion schwimmender Windkraftanlagen an und validiert die Leistung in realen technischen Szenarien. „Falls das Modell die Entwurfsgenauigkeit und -effizienz durchgängig verbessert, könnten die Methoden und Erkenntnisse des Projekts in Industrienormen und Entwurfsrichtlinien für Verankerungssysteme von schwimmenden Windkraftanlagen einfließen“, sagt Rui.