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Inhalt archiviert am 2024-04-22

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Feature Stories - Dienstleistungen mit Garantie lassen Wolke wachsen

Sie merken es vielleicht überhaupt nicht, aber schon wenn Sie sich in ein Webmailprogramm einloggen, nutzen Sie "Cloud Computing". Diese Art des Einsatzes von Rechenkapazitäten oder Software, gehostet von Dritten, wird immer mehr zum Normalfall. Um weiter wachsen zu können, müssen diese Plattformen allerdings zuverlässiger werden, so dass sich Unternehmen voll und ganz auf sie verlassen können. EU-finanzierte Forscher haben nun eine Managementplattform erstellt, die genau diese Aufgabe übernimmt.

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Dem kürzlich veröffentlichten Bericht "Sizing the cloud" von Forrester Research zufolge könnte der weltweite Markt für Cloud Computing bis 2020 auf 241 Mrd. USD (über 178 Mrd. EUR) anwachsen. Dieser enorm wichtigen Markt, der bereits 2010 einen Wert von 40,7 Mrd. USD (über 30 Mrd. EUR) erreichte, hat jedoch noch einige Zuverlässigkeitsprobleme. Probleme, deren sich ein von der EU finanziertes Projekt mit der Bezeichnung SLA@SOI ("Empowering the service economy with SLA-aware infrastructures") angenommen hatte. Wenn mehr Unternehmen ihre geschäftskritischen Services auf Cloud Computing-Plattformen stützen, müssen die Firmen wissen, welches Servicelevel sie den Kunden garantieren können. Projektkoordinator Dr. Wolfgang Theilmann von SAP Deutschland zufolge "ist der Markt derzeit in einem schlechten Servicezustand, da es keine formelle Garantie für die Qualität von Dienstleistungen gibt." Cloud-Service-Anbieter wiederum sind von den Internetserviceanbietern und der zugrundeliegenden Telekommunikationsinfrastruktur sowie deren Betreibern abhängig. Bei derart vielen Schichten gegenseitiger Abhängigkeiten weiß man oft nicht genau, was genau den Cloud-Computing-Kunden guten Gewissens versprochen werden kann. Das SLA@SOI-Projekt hat ein komplettes Framework für das systematische Managementvon Dienstgütevereinbarung - zu Neudeutsch Service-Level-Agreements (SLA) - sowie den Support für seine Einbindung in die bestehenden Servicebereitstellungsplattformen umgesetzt. "Das ist eine Grundvoraussetzung für Cloud-Services", sagt Dr. Theilmann. "Gerade jetzt haben sie eher nur schlechte Garantien vorzuweisen - die Unternehmen können keine geschäftskritischen Services an diese Art von Cloud übergeben, und ohne SLA können sie nicht als B2B-Dienstleistungen starten." Dr. Theilmann nennt als Beispiel die Erfahrungen, die ein Verbraucher üblicherweise beim Autokauf macht: Die mit dem Produkt gelieferte Dokumentation beschreibt die Höchstgeschwindigkeit und bietet Wartungsgarantien. Dies stehe im herben Kontrast zum Umgang mit Softwaredienstleistungen, die typischerweise durch schlecht beschriebene Qualitätsgarantien bezüglich der Geschwindigkeit, Last usw. charakterisiert seien. Sämtliche Verantwortung werde auf den Konsumenten - den Käufer - abgeladen und dies verlangsame die Übernahme derartiger Dienstleistungen von den Unternehmen. Auch seien viele Nutzer glücklich darüber, kostenlos über das Internet telefonieren oder sogar Videotelefonkonferenzen durchführen zu können - was fehle, sei allerdings eine Garantie für Qualität. Wenn wir höhere Qualität und Zuverlässigkeit wollen, müssten wir aber bereit sein zu zahlen - das allerdings nicht ohne eine SLA, die das von uns bezahlte Serviceniveau auch garantiere. Heute werden SLA-Verhandlungen von Mitarbeitern mittels auf traditionellen Verträgen in Schriftform basierenden Arbeitsweisen geführt. "Wir arbeiteten an der Formalisierung", teilt Dr. Theilmann mit, um eine "computerlesbare, automatische Verhandlung und Überwachung von SLA durch den Betreiber durch verschiedene Schichten hindurch" zu entwickeln. Die vom Projekt fertiggestellte Plattform kann für berechenbarere Serviceleistungen sorgen, sowie SLA-Verhandlungen und die Leistungserbringung auf Basis dieser SLA zur Verfügung stellen. Das System bietet während der Laufzeit kontinuierliche SLA-Überwachung und -Neuanpassung, um den ausgehandelten Dienstgütevereinbarungen auch nachzukommen. Die EU stellte 9,63 Mio. EUR des Projektgesamtbudgets in Höhe von 15,21 Mio. EUR zur Verfügung. Das Projekt lief über drei Jahre. Die von dem Projekt erstellte Plattform kann die gesamte Lieferkette der Serviceprovider abdecken und dabei die Service-Level-Agreements vom höheren zum niedrigeren Niveau darstellen. Sie bietet somit transparente Dienstleistungen - sowohl für den Verbraucher als auch für den Serviceanbieter. Leistungskette verstehen und garantieren "Herausfordernd war, all die verschiedenen Bedürfnisse zum Ausdruck zu bringen", erzählt Dr. Theilmann. "Wir mussten die beteiligten servicegestützten IT-Systeme durchschauen, um so zu wissen, welche Leistungsstufen die Dienstleister überhaupt garantieren können." "Oftmals wissen sie einfach nicht, was sie garantieren können, und das ist einer der Gründe, warum sie eher dazu neigen, dem Verbraucher das Risiko aufzuhalsen." Das Projekt musste sich Kenntnisse zu den Qualitätsmaßnahmen für die verschiedenen Elemente und Schichten der IT-Services und -Infrastruktur erarbeiten. Um eine Lösung zu finden, mussten gleichermaßen verschiedene Sichtweisen der Interessengruppen einbezogen werden. Cloud Computing-Services verfügen über drei Ebenen: Infrastructure-as-a-Service (IaaS, dahinter verbirgt sich im Grunde die Vermietung eines Computers über das Internet wie in z. B. bei Amazon EC2), Plattform-as-a-Service (PaaS, z. B. die Google App Engine, die Anwendungen ausführt, ohne dass der Nutzer Middleware, Webserver oder Datenbank in Anspruch nehmen muss) und - in der höchstem Ebene - Software-as-a-Service (SaaS, beispielsweise Yahoo Mail, wobei überhaupt keine Software installiert werden muss). Die SLA@SOI-Plattform ist auf all diese Ebenen anwendbar; sie ermöglicht IaaS-Anbietern, die Infrastruktur gemäß dem Servicebedarf der höheren Ebene zuzuweisen, und gestattet SaaS-Kunden, über die erforderliche Serviceebene zu verhandeln und diese garantiert zu bekommen. Möglich sind sogar Service-Aggregatoren, so können gebündelte, ineinandergreifende Dienste in Paketform angeboten werden. "Es gibt in jeder Ebene immer einen Kompromiss zwischen Qualität und Kosten", sagt Dr. Theilmann, "und so können wir alles nach gewünschten Serviceniveaus aufschlüsseln und den Infrastrukturbedarf berechnen, um diesen dem Kunden zu liefern." "Früher hätten wir ein kundenspezifisches Projekt erstellen müssen, um ein spezielles System für diese Bedürfnisse maßzuschneidern. Nun aber versetzt unsere kostengünstige Standardplattform mehr Arten von Unternehmen in die Lage, ein Dienstleistungsanbieter sein", erläutert Dr. Theilmann. "Ist es einfacher, sich auf diese Risiken einzulassen, dann werden kleinere Firmen in die Lage versetzt, in den Markt einzutreten. Wir wurden bereits von kleineren Firmen angesprochen, die an dem quelloffenen Framework interessiert sind, um unsere Lösung einzubeziehen." Open Source öffnet Türen zum Markt "Wir sind die Sache als quelloffenes Projekt angegangen", erklärt Dr. Theilmann, "da wir nicht das Ziel hatten, ein Spin-off-Unternehmen zu gründen. Die Strategie besteht darin, dass die Betreiber das Framework hernehmen und in ihr Managementsystem integrieren können." Einige der Projektpartner aus der Industrie binden die Neuheit auch bereits ein: Intel setzt es bei der Verwaltung von Infrastruktur und Netzwerkressourcen ein; das spanische Unternehmen Telefónica wendet es bei höherwertigen Telekommunikationsdienstleistungen für private Verbraucher an; die italienische IT-Firma Ingegneria Informatica spa entwickelte eine E-Government-Anwendung für das Gesundheitswesen; SAP nutzt die Plattform in Dienstgütevereinbarungen für das Unternehmensressourcenmanagement und zur Unterstützung eines Schritts zu Cloud-basierten Lösungen; Xlab - ein kleines slowenisches Unternehmen - setzt es bei Videokonferenzen ein. Zwei der an dem Projekt beteiligten Forschungszentren, die Fondazione Bruno Kessler (FBK) und das Forschungszentrum Informatik an der Universität Karlsruhe (FZI), arbeiten außerdem an der Weiterentwicklung der Ergebnisse. Die nächste Stufe ist die Integrierung der von Mitarbeitern ausgeführten Nicht-Cloud-Services in die Plattform. Betreiben Dienstleister beispielsweise eine Support-Hotline, dann unterstützt die Plattform auch das Management der Qualitätsgarantien dafür - etwa, wie lange es dauert, bis der Nutzer eine Antwort bekommt. Die Unternehmen müssen in der Lage sein, Statistiken zu führen sowie Arbeitsbelastung und Leistung für derartige Back-Office-Funktionen zu überwachen, um die SLA im Ganzen zu verwalten. "Es gibt einen starken Trend hin zu Lösungen, die mobilen Nutzer verbesserte Konnektivität und Mobilität anbieten, so gibt es nun viele gute Gründe, sich für Thin-Clients zu entscheiden", merkt Dr. Theilmann an. SLA@SOI ist ein strategisches Projekt, das Teil der NESSI-Initiative (Networked European Software and Services Initiative), einer Europäischen Technologieplattform (European Technology Platform, ETP) ist. Es wurde innerhalb des Siebten EU-Rahmenprogramms (RP7) im Rahmen des IKT-Unterprogramms und der Haushaltslinie "Service and software architectures, infrastructures and engineering" finanziert. Nützliche Links: - "Empowering the service economy with SLA-aware infrastructures" - SLA@SOI-Projektdatensatz auf CORDIS - Networked European Software and Services Initiative Weiterführende Artikel: - Forschung zum Cloud Computing beflügelt Spin-off-Technologien - EU-Projekt ebnet Weg durch datenintensive Umgebungen - Architects and engineers bridge the grid chasm - Good view from the clouds