Erinnern Sie sich…?
Im Mittelpunkt zahlreicher Untersuchungen standen sekundenschnelle Zeiträume, für die höchstwahrscheinlich subkortikale Mechanismen eine Rolle spielen. Weitere Untersuchungen konzentrierten sich auf jeweils eine Input-Modalität – zum Beispiel visueller oder auditiver Input. Dadurch werden effektive Schlussfolgerungen in Bezug auf allgemeine Mechanismen beschränkt. Jedoch sind sie sinnvoll für die Feststellung kortikaler Mechanismen, die jeweils in Verbindung zu visuellen oder auditiven kortikalen Regionen stehen. Das Projekt "Neural bases of temporal processing in the human brain" (Neurotime) diente der Untersuchung neuronaler Mechanismen in Abhängigkeit der Verarbeitung zeitlicher Informationen durch eine Kombination verschiedener Sinnesmodalitäten und verschiedener Zeiträumen innerhalb derselben Untersuchungsreihe. Die Wissenschaftler stellten die Hypothese auf, dass allgemeine amodale (unabhängig von der Reizmodalität) und subkortikale (z. B. das Kleinhirn betreffende) Mechanismen an der zeitlichen Verarbeitung von ein bis zwei Sekunden anhaltenden Signalen beteiligt sind. Außerdem gingen sie davon aus, dass im Falle größerer Zeiträume zusätzliche kortikale Bereiche wie visueller und auditorischer Cortex sowie präfrontaler und parietaler Cortex zur Erkennung zeitlicher Informationen im Gedächtnis hinzugezogen werden. Im Anschluss an Verhaltensexperimente mit visuellen und auditiven Reizen über kurze (2 Sekunden) und lange (12 Sekunden) Zeiträume hinweg stellten die Wissenschaftler fest, dass es bei den einzelnen Personen bei der Abschätzung der Zeit in allen Modalitäten eine Vielzahl an Übereinstimmungen gibt, was auf amodale Mechanismen hinweist. Zu weniger Übereinstimmungen kam es bei kürzeren und längeren Zeiträumen. Im weiteren Verlauf machten die Wissenschaftler Gehirnaufnahmen der beteiligten Personen mithilfe struktureller Magnetresonanztomografie (MRT), um festzustellen, ob die Unterschiede bei der Verarbeitung verschiedener Zeiträume tatsächlich in Verbindung mit unterschiedlichen neuronalen Strukturen stehen. Die Untersuchungen im Rahmen des Neurotime-Projekts konzentrierten sich auf den wichtigen Bereich der zeitlichen Signalverarbeitung beim Menschen durch die Bewertung von zwei verschiedenen Reizzeiten und unter Einsatz zweier Sinnesmodalitäten (auditiv und visuell). Bei denselben Personen wurden sowohl die Funktion (mithilfe der Verhaltensexperimente) als auch die Strukturen in Bezug auf die funktionale Verarbeitung durch strukturelle MRT untersucht. Die Ergebnisse werden zum Verständnis der Fragen beitragen, wie und wo der Mensch wichtige zeitliche Informationen verarbeitet. Dies betrifft beispielsweise die Geräuschlokalisation, um einem entgegenkommenden Fahrzeug auszuweichen, oder die Speicherung von Kindheitserinnerungen im Gehirn.