"Big Bang" kontra "Big Bounce"
Nach Einsteins (klassischer) allgemeiner Relativitätstheorie ist der Raum ein Kontinuum. Die unendlichen Weiten des Weltalls können in kleinere und immer noch kleinere Volumina unterteilt werden. Der Grundgedanke der Quantenmechanik besteht darin, dass physikalische Größen in diskreten Paketen (Quanten) existieren, und nicht in einem Kontinuum. Überdies existieren diese Quanten und die dazugehörigen physikalischen Phänomene in einer extrem kleinen Größenordnung (Planck-Länge). Bisher haben die Theorien der Quantenmechanik allerdings bei der "Quantisierung" der Schwerkraft versagt. Die Theorie der Schleifenquantengravitation ist ein Versuch, dies in den Griff zu bekommen. Sie beschreibt den Raum als dynamisches quantenmechanisches Spin-Netzwerk sich kreuzender quantisierter Schleifen aus angeregten Gravitationsfeldern. Betrachtet man dieses Netzwerk im Lauf der Zeit, ergibt sich ein Spin-Schaum. Die Theorie der Schleifenquantengravitation bietet nicht nur ein präzises mathematisches Bild von Raum und Zeit, sondern ermöglicht auch mathematische Lösungen für seit langem bestehende Probleme im Bezug auf die Schwarzen Löcher und den Urknall. Verblüffenderweise prognostiziert das Konzept der Schleifenquantengravitation, dass der Urknall war eigentlich ein "Großer Rückprall", also keine Singularität, sondern ein Kontinuum, bei dem der Kollaps eines früheren Universums die Erschaffung unseres Universums hervorbrachte. Europäische Forscher riefen das EFTFORLQG-Projekt ("Effective field theory for loop quantum gravity") ins Leben, um diese aufregende Theorie weiterzuentwickeln, mit deren Hilfe gute Chancen bestehen, die klassische und die quantenmechanische Beschreibung des Universums unter einen Hut zu bringen. Die Wissenschaftler konzentrierten sich auf die hintergrundunabhängige Struktur der Schleifenquantengravitation, die erfordert, dass die das System der Raumzeit definierende Mathematik unabhängig von jeglichem Koordinatensystem oder Bezugssystem (Hintergrund) ist. Sie wendeten sowohl semiklassische Näherungen (Wentzel-Kramers-Brillouin-Annäherungen) als auch Verfahren der effektiven Feldtheorie (eine Art annähernde Gravitationsfeldtheorie) an, um eine klassische Geometrie des Raumes zu analysieren, die Dynamik semiklassischer Zustände des Spin-Schaums zu untersuchen und die mathematischen Formulierungen auf astrophysikalische Phänomene wie die Schwarzen Löcher anzuwenden. Die vom EFTFORLQG-Projektteam vorgelegten Resultate übertrafen sämtliche Erwartungen. Die Wissenschaftler trugen zweifellos dazu bei, die Schleifenquantengravitation als einen Hauptwettbewerber für die Beschreibung des Quantenbilds von Raum und Zeit, durchaus vergleichbar mit der Allgemeinen Relativitätstheorie, zu etablieren, was wohl spannende Auswirkungen auf die Lösung einiger der großen Rätsel des Universums haben dürfte.