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Inhalt archiviert am 2024-04-23

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Feature Stories - Kulturgut digital zugänglich machen

Sollen Bestrebungen um eine Massendigitalisierung erfolgreich sein, so müssen Nationalbibliotheken, Museen und Archive ihre Sammlungen einscannen und elektronische Kopien erstellen. Ein EU-finanziertes Projekt hat nun ein europäisches Zentrum aufgebaut, wo die Institutionen auf Experten, Beratung und modernste Technologien zugreifen können, um ihren Digitalisierungsprogrammen Schwung zu verleihen.

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Europa hat eine überaus reiche kulturelle Geschichte, aber noch bis vor kurzer Zeit war ein Großteil davon nahezu unzugänglich. Millionen Bücher, Dokumente und andere Druckwerke schlummerten in Kisten und staubigen Regalen, sorgfältig konserviert und bewacht von den Museen, Nationalbibliotheken und Archiven. Nur wenige dieser Dokumente kamen jemals ans Tageslicht; nur selten konnten Gelehrte die Institutionen besuchen, um den Staub wegzublasen und verborgene Schätze zu heben. Mit der Massendigitalisierung wird sich all das nun jedoch ändern. Die Europäische Kommission hat seit mehr als einem Jahrzehnt die Kampagne zur Gründung einer europaweiten digitalen Bibliothek angeführt. Kulturelle Institutionen aller Art sind aufgefordert - wenn auch nicht gezwungen - worden, ihre Sammlungen zu digitalisieren. Was Druckwerke anbelangt, so kann dies en masse getan werden. Millionen gedruckter Worte wurden gescannt, automatisch transkribiert und ohne Einschränkungen über Europeana, das zentrale Portal für die Europäische Digitale Bibliothek, durchsuchbar und zugänglich gemacht. Das RP7-Projekt IMPACT ("Improving access to text") hat die letzten viereinhalb Jahre hart an der Unterstützung dieser Bemühungen gearbeitet. Seine Technologiepartner haben ein ganzes Spektrum von Softwaretools für die Bearbeitung nach dem Scannen entwickelt, um die Genauigkeit digitaler Transkriptionen zu verbessern . Dr. Hildelies Balk, Koordinatorin des Projekts, argumentiert jedoch, dass technologischer Fortschritt allein nicht genug sei. "Die Massendigitalisierung ist eine dermaßen groß angelegte Aufgabe - wir haben bereits Millionen Seiten geschafft, die nun elektronisch und online zur Verfügung stehen, aber dies ist immer noch nur ein winziger Bruchteil, vielleicht nur ein Prozent des erhalten gebliebenen historischen Materials. Die Massendigitalisierung braucht noch Unterstützung: Die Institutionen wollen Orientierungshilfe in Bezug auf die bestgeeigneten Technologien, Unterstützung bei der Umsetzung in ihrer produktiven Umgebung sowie Hilfe bei der Einrichtung und Handhabung von Digitalisierungsprogrammen. Für die überwiegende Mehrheit der Bibliotheken, Museen und Archiven in Europa stellt dies ein Problem dar." IMPACT ergänzte deshalb die technischen Entwicklungen um das Bemühen zur Unterstützung der strategischen Ausrichtung auf Massendigitalisierung und baute die Kapazität der Institutionen zur effektiven Teilhabe in diesem Bereich auf. Das Projekt hat Aus- und Weiterbildung sowie Support für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereitgestellt, die bei der Massendigitalisierung eingesetzt werden. IMPACT bot ein Helpdesk-System an, das wie ein Vermittler handelte und Anfragen von Endnutzern zu passenden Projektpartnern und anderen Digitalisierungsexperten weiterleitete. Auf der Website des Projekts wurde außerdem ein bewährtes Fortbildungsprogramm zur Verfügung gestellt, das sich mit Fragen und Technologien der großangelegten Digitalisierung auseinandersetzt. Eine der größten Leistungen des Projekts war jedoch die Entwicklung einer technologischen Framework-Architektur, die sämtliche Instrumente und Technologien zur Massendigitalisierung an einem einzigen Ort vereint und gewährleistet, dass sowohl die kommerziell verfügbaren als auch die beispielsweise von Impact entwickelten Technologien miteinander kompatibel sind. "Die von uns vorgeschlagene und von allen Projektpartnern übernommene Architektur ist wie ein Leim, der alles gut zusammenhält", versichert Clemens Neudecker, technischer Manager von IMPACT. "Sie erlaubt die Zusammenführung verschiedener Technologien und Bearbeitungsmethoden und hat eine grafische Schnittstelle zu bieten, so dass Projekte einfach zu verwalten sind. Man kann der Architektur beliebige Software oder Bearbeitungswerkzeuge hinzufügen und Dateien einfach durch eine Folge von Tools hindurch ziehen und ablegen, um die elektronischen Kopien zu verfeinern und zu verbessern." Das IMPACT-Framework wird Bibliotheken, Museen und Archive, die gerade erst ein Digitalisierungsprojekt beginnen, mit wichtigen Informationen rund um diese Unternehmung ausstatten. Eine Suite von Bewertungstools und -ressourcen ist hilfreich, um eine Entscheidung in Bezug auf die effektivste Kombination der verfügbaren Instrumente für eine bestimmte Sammlung zu treffen. "Wir wollten, dass die Bibliotheken und Archive nach Belieben Software oder Systeme auswählen und sie in gewünschter Reihenfolge anwenden können", erläutert Neudecker weiter. "Wir wollen vermeiden, dass sich die Leute Gedanken um Dateiformate, Konvertierung oder Interoperabilität machen müssen. Das Framework kümmert sich um all diese Dinge, und auch um die Herausforderung der Skalierbarkeit." Das IMPACT-Projekt endete im Juni 2012, aber das kollektive Expertenwissen der Partner und deren Erfahrungen mit dem Einsatz und der Entwicklung von Digitalisierungstools steht nun über das IMPACT-Kompetenzzentrum den an der Massendigitalisierung interessierten Einrichtungen zur Verfügung. Die tägliche Verwaltungsarbeit des Zentrums und der Helpdesk werden von der Miguel de Cervantes Virtual Library und der Universität Alicante in Spanien gemanagt werden. Recheninfrastruktur und Speicherkapazitäten werden vom Poznan Supercomputing and Networking Centre, Polen, zur Verfügung gestellt. Der Stammdatensatz für das IMPACT-Projekt wird vom PRIMA-Institut der University of Salford, Vereinigtes Königreich, gehostet und weist nun mehr als 500.000 digitale Bilder aus den Bibliotheken der IMPACT-Partner mit mehr als 50.000 Referenzdarstellungen auf. "Die IMPACT-Partner sind dazu verpflichtet, das Ganze in Schwung zu halten", betont Dr. Balk. "Wir haben im Verlauf des Projekts so viel Fachwissen zusammengetragen und möchten dies zur Unterstützung der Institutionen und somit ihrer Massendigitalisierungsprojekte zur Verfügung stellen. Das IMPACT-Kompetenzzentrum vereint die drei wichtigsten Gemeinschaften dieses Bereichs: Anbieter von Inhalten, Forscher der Bereiche Bildwissenschaften, OCR (optische Zeichenerkennung) und Sprachtechnologie sowie die Dienstleistungsanbieter für Massendigitalisierung, zum Beispiel Anbieter von OCR-Software, die an Kontakten mit den Akteuren der Digitalisierung interessiert sind." Und alle drei Gemeinschaften profitieren von ihren Interaktionen mit den jeweils anderen. Das Zentrum wird über jährliche Mitgliedsbeiträge finanziert, die für private Einrichtungen oder Unternehmen 10 000 EUR und für öffentliche Einrichtungen 6 000 EUR kosten. Wenden sich die Mitglieder an das Zentrum und fragen nach Beratung, Support oder Dienstleistungen an, so werden sie zu den am besten geeigneten Ressourcen, Tools und Fachinstitutionen der IMPACT-Partnern weitergeleitet. "Massendigitalisierung funktioniert nicht im Alleingang", stellt Dr. Balk abschließend fest. "Zusammenarbeit ist unverzichtbar. Die IMPACT-Partner verfügen nun über jahrelange Erfahrung in der Zusammenarbeit auf diesem Gebiet. Mit Hilfe des Kompetenzzentrums sind wir nun bereit, unser Wissen und unsere Erfahrungen mit anderen zu teilen und diese aufregende Vision weiter voranzutreiben, um tatsächlich den Schatz an historischen Ressourcen heben zu können, den wir hier in Europa haben." Das IMPACT-Projekt erhielt 12,1 Mio. EUR des Gesamtprojektbudgets in Höhe von 17,1 Mio. EUR in Form von Forschungsmitteln aus dem IKT-Programm des Siebten EU-Rahmenprogramms (RP7). Nützliche Links: - Website "Improving access to text" - IMPACT-Projekt-Factsheet auf CORDIS - ICT Challenge 4: Digital libraries and content - Impact Centre of Competence - Europeana Weiterführende Artikel: - Feature Stories - Vom Druckwerk zum Bit: Neue Instrumente zur Massendigitalisierung - Feature Stories - Digitalisierung unseres Kulturerbes