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Inhalt archiviert am 2024-04-23

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Feature Stories - Digitalisierung unseres Kulturerbes

Durch F&E-Projekte in Zusammenarbeit mit Experten aus den Mitgliedstaaten hat die Europäische Kommission die besten Wege zur Erhaltung, Förderung und Erschließung unseres kulturellen Erbes zum Nutzen der heutigen Bürger und künftiger Generationen erforscht. Seit mehr als einem Jahrzehnt gilt dabei die IKT als entscheidende Technologielösung.

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Die "Ohs" und "Ahhhs" von Touristen sind der beste Beweis dafür, dass das kulturelle Erbe Europas etwas ganz Besonderes ist. Natürlich haben wir die Zeit auf unserer Seite: Römische Villen, griechische Tempel und mittelalterliche Monumente sind überall zu finden - doch nicht das Alter allein macht unser Erbe so bemerkenswert. Von den entlegenen Steinzeitbehausungen von Skara Brae auf den schottischen Orkney-Inseln zu den griechischen Windmühlen auf Mykonos, von kleinen Bildstöcken im ländlichen Frankreich bis zur Sprache der Sami in Lappland: Die historische, geographische Breite und reichhaltige Vielfalt des Angebots sind ehrfurchtgebietend. Doch die Zeit spielt gegen uns. Gebäude verfallen, Bücher verblassen, und mit jeder Generation gehen Erinnerungen verloren. Gibt es eine Möglichkeit, den Nutzen dieser reichen Ressource zu erhalten, zu teilen und zu erweitern? Die Kommission betonte schon im Jahr 2000 (in der eEurope-Richtlinie) die Bedeutung einer Digitalisierung unseres Kulturerbes. So wurde die Digitale Bibliothek zu einer Leitinitiative des Rahmenprogramms für die Informationsgesellschaft, i2010. Heute wird diese Arbeit unter Digitale Agenda fortgesetzt. Einige der geplanten Maßnahmen dieses politischen Rahmenprogramms unterstützen den Einsatz von IKT zur Bewahrung und Verbreitung unser Kulturerbes. Bestimmte Aktionen suchen nach Förderungsmöglichkeiten für Europäisches Kino sowie die Entwicklung für die nachhaltige Finanzierung der mitteleuropäischen Digitalen Bibliothek , der 'Europeana'. Europeana ist eines der ehrgeizigsten Kulturprojekte Europas und sehr erfolgreich. Es ist eine vertrauenswürdige Online-Quelle für das kollektive Gedächtnis, das unser europäisches Kulturerbe repräsentiert. Es enthält heute mehr als 23 Millionen Datensätze aus über 2.200 Institutionen. Ein Großteil der Arbeit hinter den Kulissen stammt jedoch von durch das Sechste Rahmenprogramm (FP6 finanzierte Projekte), wo die Werkzeuge, Technologien und Methoden entwickelt wurden, die unser Kulturgut digitalisieren und online zugänglich machen. Europeana bietet der Forschungsgemeinschaft sowie europäischen Bürgern einen gemeinsamen, zentralen Zugang zu diesem kulturellen Reichtum - eine Schatzkammer digitalisierter Inhalte, mit der auch Internetunternehmen neue Dienste und Produkte entwickeln können. Europeana 1.0 finanziert durch das Programm "eContentplus", begann mit der Vernetzung dieses wachsenden Pools aus digitalen Archiven und digitalisierter Kultur und arbeitete mit Projekten wie APEnet, das 17 der wichtigsten Archive Europas online zugänglich machte, sowie einigen anderen Projekten unter Einsatz modernster Technologie zusammen, um Meisterwerke der europäischen Kultur zu digitalisieren, z. B. Europeana Regia (Handschriften mittelalterlicher Könige) und Europeana-Sammlungen 1914–1918 (historisches Material aus der Zeit des Ersten Weltkriegs). Europeana startete im November 2008. Die Erweiterung seiner Bibliotheksinhalte wird von dem Projekt Ev2 (1) fortgesetzt, finanziert durch das Programm Unterstützung von IKT-Richtlinien (ICT-PSP) bzw. das Rahmenprogramm Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP). Zudem wird Europeana von vielen weiteren Projekten unterstützt, die im Zusammenhang mit IKT-Förderung und dem Siebten Rahmenprogramm (RP7) fortwährend neue Archive identifizieren und technologische Lösungen zur Digitalisierung und Freigabe von Objekten und Archiven entwickeln. So entwickelt zum Beispiel das Projekt D2ME (2) ein Werkzeug, um Metadaten aus einer großen Anzahl von Quellformaten in das sogenannte "Europeana Data Model" (EDM) für die Indizierungs- und Suchfunktionalität von Europeana zu konvertieren. Dieses Tool erleichtert es Bibliotheken, Archiven und Museen, die Daten ihrer Sammlungen für Europeana aufzubereiten, und vermeidet die zeitraubende (und manchmal ungenaue) Einbindung der verschiedenen Archivdatenformate Dritter in das übergreifende Klassifizierungssystem von Europeana. Andere Projekte zielen auf die Öffnung des Zugangs zu sehr unterschiedlichen Archiven, von hoch spezialisierten Sammlungen (z. B. Literatur zu Biodiversität) bis zu zeitgenössische Kunst . Archive online zugänglich und durchsuchbar zu machen, ist jedoch erst die halbe Miete. Digitale Inhalte müssen auch zum Leben erweckt werden. Was sind Bilder des Parthenon im Vergleich zu einem realen Besuch? Und wie kann man die Schönheit und Kunstfertigkeit eines Tongefäßes schätzen, ohne es mit den eigenen Händen zu berühren? Challenge 8 des FP7 hat erkannt, dass wir Technologien entwickeln müssen, um "die Bedeutung und Erfahrbarkeit von digitalen Kultur- und Wissenschaftsressourcen zu steigern". Wir brauchen Anwendungen, um diese digitalisierte Kultur so verfügbar zu machen, dass wir eingreifen und interaktiv aus unserem Erbe lernen können. Macht es real! ARtSENSE (3) zum Beispiel entwickelt eine neue Generation mobiler Museumsführer, basierend auf dem neuen Konzept der "adaptiv erweiterten Realität" (A2R), um die Lücke zwischen digitalen und physischen Welten zu schließen. Es wird durchsichtige Displays einsetzen, um echte Gemälde und Bilder mit digitalen Informationen zu überlagern. Diese innovative Technologie nutzt u. a. durch Blicke und Gesten gesteuerte Interaktion, um Besuchern das Gefühl zu geben, dass physische Objekte direkt auf sie reagieren. So werden Kunstobjekte zu aktiven Artefakten, welche die Aufmerksamkeit und Gefühle des Besuchers anregen, während sie zugleich sein Wissen erweitern. Das Projekt CHESS (4) will Interaktivität vor Ort ermöglichen. Durch die kombinierte Personalisierung mit adaptiven Systemen, digitaler Narration und interaktiven Steuerelementen vermitteln Kulturstätten dem Besucher eine vermischte Realitätserfahrung. Mithilfe ihrer Mobiltelefone oder anderer Geräte werden Besucher zum Teil der "Geschichte", tragen eigene Erfahrungen bei und hören von anderen Besuchern sowie professionellen Kuratoren. Das Projekt CULTURA (5) entwickelt interessante neue Formen der Interaktion mit historischen Texten und illustrierten Manuskripten durch ein Umfeld, das Artefakte des Kulturerbes für den Benutzer individuell erfahrbar macht, indem es seine Tätigkeiten und Interessen einbezieht. Zu diesem Zweck analysieren die Systeme das kulturelle Material, um die darin beschriebenen Zentralthemen, Persönlichkeiten und Ereignisse zu "verstehen". Wir gehen wahrscheinlich täglich an Kirchen, Statuen und Denkmälern vorbei. Jetzt können wir diese Sehenswürdigkeiten auch bequem von zu Hause aus erkunden und studieren. Das hoch gelobte Projekt V-City (6) hat ein 3D-System entwickelt, das Karten, Satellitenbilder, Fotos und CAD-Modelle nutzt, um ganze Städte in 3D darzustellen. Mit dieser Technologie wurden sogar einige Hintergründe für die Rennszenen des Pixar-Films "Cars 2" erzeugt. Da viele Kulturgegenstände und Artefakte von Natur aus dreidimensional sind, müssen digitale Archive Wege finden, diese Dimensionen zu erfassen und für Benutzer zu reproduzieren. Das Projekt 3D-COFORM (7) konzentriert sich auf die Digitalisierung von Artefakten und versucht neue Tools für die Bereiche 3D-Erfassung, 3D-Verarbeitung sowie für die Semantik von Form, Material und anderer Eigenschaften zu entwickeln. Diese Arbeit soll detailreichere, realere Darstellungen ermöglichen, die Dokumentation verbessern und zugleich die Digitalisierungsverfahren kosteneffizienter machen. Mithilfe des Projekts soll ein "virtuelles Kompetenzzentrum" für 3D-Digitalisierung geschaffen werden, das die benötigten Expertisen und technologischen Ressourcen bündelt, um die Massendigitalisierung materieller Kulturerbeobjekte sowie Berufsentwicklungs-, Bildungs- und Schulungsprogramme zu unterstützen, die kulturellen Einrichtungen ein tieferes Verständnis für das Potenzial von 3D-Technologie im kulturelle Erbe vermitteln. Außerdem wurden zwei weitere Kompetenzzentren eingerichtet. Sie bieten kulturellen Organisationen ihre technische Unterstützung bei der Digitalisierung und digitalen Bewahrung des kulturellen Erbes an. Das Projekt IMPACT (8) entwickelte innovative Software für die optische Zeichenerkennung (OCR) sowie Sprachtechnologien zur Verarbeitung und Abrufbarkeit historischer Dokumente. Um Digitalisierungskapazitäten in Europa zu schaffen, wurde zudem ein Kompetenzzentrum eingerichtet, das allen an Digitalisierung von Textmaterial beteiligten Bibliotheken, Archiven und Museen einen zentralen Einstiegspunkt bietet. PrestoPRIME entwickelt praktische Lösungen für die Langzeitarchivierung digitaler Medienobjekte, Programme und Sammlungen und sucht nach Wegen, um die digitalen Medienarchive durch Integration mit europäischen Onlinebibliotheken im Rahmen der digitalen Langzeitarchivierung zugänglicher zu machen. Alle entwickelten Werkzeuge und Dienstleistungen werden durch ein vernetztes Kompetenzzentrum bereitgestellt. Es gibt eine ganze Welt zu erforschen. Natürlich ist die persönliche Erfahrung des Tastens, Fühlens und Erlebens einer Kulturstätte durch nichts zu ersetzen. Doch dank IKT können wir sicher sein, dass unser kostbares Erbe erhalten und für nachfolgende Generationen zugänglich bleibt. Die in diesem Artikel vorgestellten Projekte wurden vom Programm zur Unterstützung der IKT-Politik des Programms für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP) oder dem Siebten Rahmenprogramm (RP7) für Forschung unterstützt. (1) "Europeana v2.0" (2) "Digitised Manuscripts to Europeana" (3) "Augumented RealiTy Supported adaptive and personalized Experience in a museum based oN processing real-time Sensor Events" (4) "Cultural Heritage Experiences through Socio-personal interactions and Storytelling" (5) "CULTivating Understanding and Research through Adaptivity" (6) "The virtual city" (7) "Tools and expertise for 3D Collection Formation" (8) "Integrated Method for Policy making using Argument modelling and Computer assisted Text analysis" Nützliche Links: - FP7 on CORDIS - CIP bei CORDIS - Europeana 2.0 bei Europa - D2ME bei Europa - ARtSENSE bei CORDIS - CHESS bei CORDIS - CULTURA bei CORDIS - V-City bei CORDIS - 3D-COFORM bei CORDIS - IMPACT bei CORDIS - PrestoPRIME bei CORDIS Weiterführende Artikel: - Comité des Sages - The New Renaissance: Bring Europe’s Cultural Heritage Online - FP7 ICT Challenge 8 - Digital Culture - Pressemitteilung: 9. Mai 2012 - Neelie Kroes, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, beschrieb Europeana als "Wikipedia der Kultur"