Neuronenmigration im embryonalen Gehirn
Bei der Entstehung des zerebralen Kortex in der Embryonalphase migrieren Milliarden von Zellen vom Ursprungsort zur Zielposition. Voraussetzung hierfür ist die interne Polarität der motilen Nervenzelle. Außerdem müssen die Neuronen über ihre Neuriten (aus dem Zellkörper wachsende Fortsätze) miteinander kommunizieren können. Der Schlüssel zu dieser außerordentlichen Fähigkeit liegt in bestimmten zellulären Signalwegen. Das EU-finanzierte Projekt NEURONAL POLARITY charakterisierte die für die kortikale Entwicklung wichtigen Ereigniskaskaden. Durch Defekte in der kortikalen Struktur können später Fehlentwicklungen und –erkrankungen wie Mikroenzephalie, Epilepsie und Schizophrenie entstehen. Wie in vivo gezeigt wurde, bewirkt die Guanintriphosphatase (GTPase) Rap 1(Ras-proximate-1) die Akkumulation von Neuronen nach der Hälfte des Weges. Dies liegt aber nicht, wie mittels Zeitraffermikroskopie und Immunfärbung demonstriert wurde, an der Motilität der Neuronen, sondern an einer defekten Polarität. Weitere Versuche zur Motilität in vitro und die Tatsache, dass es manche Neuronen wenn auch langsam schaffen, ihr Ziel zu erreichen, deuten darauf hin, dass Rap 1 von vornherein an der Polarisation der Neuronen beteiligt ist. Auch der Transmembranrezeptor N-Cadherin (Ncad) beeinflusst entscheidend die Polarisation kortikaler Neuronen. Experimentell konnte bestätigt werden, dass dieser Rezeptor downstream von Rap 1 eine Rolle spielt. Insgesamt reduziert die Hemmung von Rap 1 die Ncad-Präsenz. NEURONAL POLARITY schlug vor, dass Rap 1 eine hohe Konzentration von Ncad in der Plasmamembran der Neuronen gewährleistet, damit diese sich korrekt polarisieren können. Auf welche Weise Ncad genau mit Molekülkaskaden bei der Polarisation interagiert, wird derzeit untersucht. NEURONAL POLARITY schuf damit die Forschungsbasis für weitere und genauere Untersuchungen.