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Inhalt archiviert am 2024-04-23

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Feature Stories - Mit der Wolke an der Spitze

Durch die Bereitstellung von Rechnerressourcen als Service und nicht als Produkt, revolutioniert "Cloud-Computing" den Zugang zu Software, Rechenleistung und Speicherkapazität. Seine Entwicklung wird durch bahnbrechende Forschung, die in Europa durchgeführt wird, unterstützt.

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Wenn man vor nur wenigen Jahren eine große Datenmenge speichern oder verarbeiten wollte, musste man eigene Computer, Server, Datenbanken und andere Infrastruktur kaufen. Nun ist es dank Cloud-Computing möglich, soviel Speicher zu mieten wie man braucht und für so lange wie nötig. Mit einer Internetverbindung kann man auf die Ressourcen zugreifen, die man benötigt - so wie beim Stromverbrauch, ohne dass man sich Gedanken über den Bau eines eigenen Kraftwerks machen müsste. Die Ursprünge des Cloud-Computing liegen im Dunkeln, aber ließen sich folgendermaßen beschreiben: Die Wolke ist groß, 'irgendwo da draußen' und an den Rändern unscharf. Sie reicht vom einfachen Webmail oder Online-Dateiablage und Sharing-Anwendungen bis zu verteilten Verarbeitungsressourcen und Software als Service, sie ist von überall, jederzeit über das Internet und für mehrere Benutzer gleichzeitig zugänglich. Klar ist das enorme Wachstum der Wolke und ihr Potential, die Zukunft der IKT zu bestimmen. Einigen Schätzungen zufolge beträgt der Wert des weltweiten Cloud-Computing-Markts derzeit rund 30 Milliarden EUR. Bis 2020 soll dieser sich um das Sechsfache erhöhen auf fast 200 Mrd. EUR. Unternehmen wenden sich der Cloud zu wegen geringerer Kosten durch Nutzung von Online-, On-Demand-Cloud-Computing-Ressourcen wie und wann sie benötigt werden, wodurch die Notwendigkeit zur Einrichtung von Rechenzentren und der Installation anderer kostspieliger IT-Infrastruktur überflüssig wird. Regierungen und Bürger tun das gleiche. Sie verwenden zunehmend gehostete Dienste, Speicher- und Verarbeitungstools, um Daten zu speichern, zu verwalten und zu verwenden. "Benutzer verlangen nach mehr als nur Roh-Bits und grundlegender Speicherung", sagt Dr. Hillel Kolodner, von IBM in Haifa, Israel. "Um diese Anforderungen zu erfüllen, muss sich der Schwerpunkt auf die Daten verlagern ... Daten sollten wie ein First-Class-Bürger sein, dessen Bedeutung mit der Rechenleistung selbst vergleichbar ist." Dr. Kolodner koordiniert das Projekt Vision Cloud (1), das Wolken intelligenter machen soll. Das Projekt wird mit mehr als 9 Mio. EUR an EU-Finanzhilfen unterstützt. Es entwickelt Technologien, um die Bedeutung von Daten-Objekten wie Text, Multimedia-Inhalten oder Softwarecontent, die in der Cloud gespeichert sind, zu abstrahieren. Anschließend werden diese in intelligente Objekte umgewandelt, die reiche semantische Informationen umfassen und beschreiben, was sie sind und wie sie gehandhabt, repliziert oder gesichert werden sollen. Sie sollen in Anwendungen für das Gesundheitswesen, Medien und Telekommunikation getestet werden, um damit Datenmobilität zu verbessern und effizientere und sichere Rechenmethoden zu ermöglichen, mit deren Hilfe IT-Aufgaben in der Wolke von Drittanbietern von Rechenleistung kostengünstiger ausgeführt werden können. Smart-Clouds werden zweifellos viele Datenspeicher- und Datenmanagementprobleme lösen. Doch die Benutzer werden immer noch mit der Entscheidung konfrontiert, welche Cloud-Ressourcen, Dienstleistungen und Anbieter am besten ihren Anforderungen gerecht werden. Forscher aus Spanien, Frankreich, Ungarn, Italien und Rumänien arbeiten derzeit gemeinsam am Projekt Mosaic (2), um ein einfach zu bedienendes Brokering-System zu entwickeln, das Benutzern bei ihrer Suche nach Cloud-Services hilft, die am besten ihren Anforderungen entsprechen, oder wenn sie mehr als einen Cloud-Service gleichzeitig nutzen müssen, wenn ein einzelner Service nicht ausreicht. "Bei Mosaic muss man sich zum Zeitpunkt des Entwurfs nicht für einen bestimmten Cloud-Anbieter entscheiden, sondern jedes Mal, wenn man einen Cloud-Service nutzt, wird man auf den zugreifen, der den eigenen Anforderungen am nächsten kommt", so das Projektteam. Hürden überwinden Obwohl es sicherlich hilfreich sein wird, die Wolke intelligenter und benutzerfreundlicher zu machen, sind die Hürden für die Entwicklung von Cloud-Services noch nicht überwunden. Sich auf Cloud zu verlassen, um Daten zu speichern, zu verwalten und Inhalte, Anwendungen und Dienste miteinander zu teilen, birgt auch mögliche Risiken. Einige Experten haben davor gewarnt, dass ein Ausfall der Cloud-Systeme, durch Hacken, Viren oder andere Ursachen, alle abhängigen Informations- und Kommunikationssysteme bedrohen und das künftige Internet in Gefahr bringen würde. IDC hat eine Studie, "Quantitative estimates of the demand for cloud computing in Europe and the likely barriers to take-up" durchgeführt, um diese Fragen für die Europäische Kommission zu identifizieren. Laut Zwischenbericht stoppen die Bedenken der Benutzer die Akzeptanz zwar nicht komplett, doch im Hinblick auf den Standort der Daten, gerichtliche Zuständigkeit, Sicherheit und Datenschutz behindern sie den Einsatz in den Unternehmen. Die Europäische Kommission hat sich daher verpflichtet, die Hürden für die Cloud-Entwicklung, wie Sicherheit, Daten-Standort und Gerichtsbarkeit über Daten, sowie Daten- und Portierbarkeit von Anwendungen, zu bewältigen. In diesem Sinn finanziert die EU das unter österreichischer Leitung stehende Projekt Tclouds (3), das vertrauenswürdige Cloud-Infrastrukturen entwickeln möchte. Der Schwerpunkt ist, Sicherheit, Datenschutz und Ausfallsicherheit so zu erzielen, dass sie kostengünstig, einfach und skalierbar sind und, stellvertretend, den kontinuierlichen Ausbau der Cloud-Infrastruktur, der Ressourcen und Dienstleistungen für viele Jahre gewährleisten. Das TClouds-Projekt will den persönlichen Datenschutz vorantreiben und rechtliche Beratung sollte helfen, das Vertrauen in öffentliche Clouds zu stärken. Außerdem wird es durch die Internationale Arbeitsgruppe zum Datenschutz im Telekommunikationsbereich (International Working Group on Data Protection in Telecommunications) unterstützt. Doch was ist, wenn Ihre Bedürfnisse weit über das Speicher- und Datenmanagement hinausgehen, zur Verarbeitung und zum Ausführen von Software in der Cloud? Und was, wenn Sie wollen, dass viele geografisch weit verteilte Anwender, etwa ein multinationales Vertriebsteam, in der Lage sein soll, in Echtzeit zusammenzuarbeiten und gleichzeitig Zugriff auf Daten zu haben, so als ob sie auf dem eigenen Server arbeiten würden? Cloud-Angebote müssen sich weiter entwickeln, sonst könnte auch dies ein Hindernis für eine größere Nutzung werden. "In der neuen Generation von Anwendungen, die wir derzeit sehen, dreht sich alles um Interaktivität - die Menschen brauchen und darauf zugreifen wollen und damit in Echtzeit arbeiten, so dass jede Plattform, jede Umgebung auch Interaktivität ermöglichen muss", erklärt Dimosthenis Kyriazis, Forscher an der Nationalen Technischen Universität Athen. "Sind die Anwendungen interaktiv, so sollte die Infrastruktur, die diese bedient, diese Interaktion erleichtern." Dr. Kyriazis ist der technische Koordinator von IRMOS (4), einem Projekt, das die Echtzeit-Funktionalität durch eine innovative Service-orientierte Infrastruktur in die Cloud gebracht hat. Das Team entwickelte Open-Source-Tools, mit denen jedermann Anwendungen für Echtzeit-Cloud Computing bauen kann. Das Projekt legt besonderen Wert auf die Garantie der Dienstleistungsqualität (Quality of Service, QoS), die in einer Echtzeit-Arbeitsumgebung wesentlich sind. Wolkenbildung Der Aufbau einer Wolke, die immer besser werden soll, ist auch ein Schwerpunkt der europäischen FuE-Förderung, und QoS steht auch im Mittelpunkt eines anderen Projekts. Der Schwerpunkt von Ensure (5) liegt auf der Speicherung und insbesondere auf der Nutzung von Cloud-Ressourcen, um digitale Daten auf lange Sicht sicher zu bewahren - eine entscheidende Voraussetzung für viele Unternehmen und Organisationen. Das Projekt konzentriert sich auf Sektoren wie Gesundheitswesen, klinische Studien und Finanzdienstleistungen, um zu demonstrieren, wie Organisationen skalierbare Infrastrukturen sicher nutzen können, im Einklang mit vertraglichen, regulatorischen und gesetzlichen Anforderungen, und wie sie die langfristige Integrität des geistigen Eigentums oder persönlichen Daten verwalten können. Mittlerweile ist die Zugänglichkeit zur Cloud das Hauptziel von Venus-C (6). Das Projekt wendet sich insbesondere an KMU und die wissenschaftliche Forschungsgemeinschaft. Das Projektteam verwendet einen benutzerorientierten Ansatz für die Cloud, um skalierbare und interoperable Cloud-Ressourcen zu entwickeln. Dabei werden sowohl Open Source als auch proprietäre Lösungen miteinander kombiniert, um aus beiden Bereichen das Beste zu bieten. Dieser innovative Ansatz der Forscher wurde durch die Anforderungen der Endnutzer selbst geleitet: Im Anschluss an eine offene Aufforderung, auf die 60 Vorschläge aus 17 Ländern vorgelegt wurden, erhielten 27 Forschungsgruppen aus ganz Europa und 15 ausgewählte Pilotprojekte eine Anschubfinanzierung von Venus-C. Die Rechnerspezifikationen für die Cloud, die das Projektteam zusammengestellt hat, haben die Gestaltung der Infrastruktur gelenkt, die derzeit für viele verschiedene Anwendungen verwendet wird, angefangen bei der Arzneimittelentdeckung bis hin zum Hoch- und Tiefbau und Zivilschutz. Im Projekt ExtremeFactories (7) rüsten die Forscher mittlerweile Cloud-Ressourcen auf, um global vernetzte KMU in die Lage zu versetzen, systematische Innovationsprozesse anzunehmen, die ihnen dazu verhelfen im Hinblick auf die Unterstützung von Produkt-Design , Entwicklung und Produktion zu virtuellen Organisationen zu werden Die Plattform wird KMU bei der Zusammenarbeit und Innovation in einer vernetzten Umgebung unterstützen. Die Lösung wird die Bedürfnisse von Fertigungsunternehmen berücksichtigen und Produkt- und Prozessinnovation anstreben. Diese Plattform soll KMU mit Dienstleistungen bieten, die sie in jeder Phase des Innovationslebenszyklus unterstützen, angefangen bei der Problem-Erkennung, über Beginn und Priorisierung von Ideen bis zur Umsetzung und Follow-up. Das Projekt verfügt über eine starke industrielle Basis, die Anstrengungen von sieben mittleren Fertigungsunternehmen kombiniert. In der LinkedTV (8)-Initiative arbeitet ein Team aus acht europäischen Ländern an der Konvergenz von Fernsehen und Internet, indem es Web-Inhalte miteinander zu einem einzigen, integrierten und interaktiven Erlebnis verwebt. Eine Online-Cloud aus vernetzten audio-visuellen Inhalten wird unabhängig von Ort, Gerät oder Quelle zugänglich sein, wodurch eine Fernseherfahrung auf Fernsehgerät, Smartphone, Tablet oder PC möglich wird. Zum Beispiel kann dann eine Bibliothek von Dokumentarfilmen und Archiven gemeinsames kulturelles Wissen und Erbe jedem angeschlossenen Bürger direkt auf die Hand geliefert werden. Inzwischen verwenden die Forscher der Cloud4All (9) Initiative Cloud-Computing auf bahnbrechende Weise, um die Zugänglichkeit zu Technologie für Menschen mit Behinderungen, wann und wo sie diese brauchen, zu verbessern. Anstelle von einzelnen Produkten und Dienstleistungen, die für einen Menschen mit besonderen Bedürfnissen angepasst werden, wird Cloud-Technologie das Produkt oder die Dienstleistung für sie automatisch personalisieren. Dazu werden alle integrierten Eingabehilfen, die das Produkt oder die Dienstleistung auf der Basis des Anforderungsprofils des Benutzers enthält, aktiviert und erweitert. Aus der großen Bandbreite dieser Anwendungen ist klar, dass die Wolke ein großes Potenzial hat, das entwickelt und genutzt werden muss. "Cloud Computing wird unsere Wirtschaft verändern. Es kann erhebliche Produktivitätsvorteile für alle mit sich bringen, bis hin zu den kleinsten Unternehmen aber auch für Einzelpersonen. Es verspricht skalierbare, sichere Dienste für mehr Effizienz, mehr Flexibilität und geringere Kosten", unterstreicht Neelie Kroes, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, zuständig für die Digitale Agenda, Anfang dieses Jahres. EU-Forschung lotet mögliche Cloud-Anwendungen aus und baut Hindernisse für diese Entwicklung ab. Die Europäische Cloud-Partnerschaft, welche EU-Kommissarin Kroes im Januar ankündigte und die Akzeptanz der Cloud in Europa unterstützen soll, soll in den kommenden Monaten nach einer Anschubfinanzierung von 10 Mio. EUR von der Europäischen Kommission bereits erste Ergebnisse vorlegen. Unterdessen gibt die Kommission der europäischen Cloud-Strategie im Anschluss an einen zum Nachdenken anregenden Cloud-Workshop im Juni während der Tagung zur Digitalen Agenda in Brüssel den letzten Schliff. EU-Kommissarin Kroes bemerkte: "2012 ist das Jahr, in dem die Wolke wächst. Wir müssen bereit sein. " --- Die in diesem Artikel genannten Projekte wurden vom Sechsten und Siebten Rahmenprogramm (RP7) für Forschung unterstützt. (1) Vision Cloud: Virtualized Storage Services for the Future Internet (2) Mosaik: Open-Source API and Platform for Multiple Clouds (3) Tclouds: Trustworthy Clouds? Privacy and Resilience for Internet-scale Critical Infrastructure (4) Irmos: Interactive real-time multimedia applications on service oriented infrastructures (5) Ensure: Enabling kNowledge Sustainability Usability and Recovery for Economic value (6) Venus-C: Virtual multidisciplinary EnviroNments USing Cloud infrastructures (7) ExtremeFactories: On-the-cloud environment implementing agile management methods for enabling the set-up, monitoring and follow-up of business innovation processes in industrial SMEs (8) LinkedTV: Television Linked To The Web (9) Cloud4All: Cloud platforms Lead to Open and Universal access for people with Disabilities and for All Nützliche Links: - RP7 auf CORDIS - Vision Cloud auf CORDIS - Mosaic auf CORDIS - Irmos auf CORDIS - Ensure auf CORDIS - Venus-C auf CORDIS - ExtremeFactories on CORDIS - LinkedTV auf CORDIS - Cloud4All auf CORDIS - Tclouds auf CORDIS - Setting up the European Cloud Partnership - Tagung zur digitalen Agenda, Cloud-Workshop