Molekulare Motoren verstehen
Zellen werden oft als kleine Fabriken dargestellt, die zahlreiche Abteilungen (Organellen) mit spezifischen Funktionen haben. Der Transport von Cargo-Molekülen (im Normalfall proteinbasierten Molekülen) innerhalb des Interzellularraums von einer Abteilung zur nächsten oder zur Zellmembran für die Absorption oder "Emission" wird oft von molekularen Transportern übernommen. Ein Molekül des molekularen Motors bindet hierbei das zu transportierende Molekül sowie sich selbst an strukturelle Elemente der Zelle, die fast wie Straßen wirken. Durch das Verbinden an und Loslösen von diesen Straßen bewegt sich das Cargo-Molekül auf energieabhängiger Weise fort. Zelluläre Verteilersysteme sind "Straßen" aus Aktinfilamenten mit Myosinmotoren (das System bei der Muskelkontraktion) oder aus Mikrotubuli, entweder mit Kinesin- oder Dyneinmotoren. Europäische Forscher starteten das Projekt "Active biomimetic systems" (Active Biomics), um zwei Arten molekularer Maschinen zu untersuchen: Wachsende Filamente, die eine schiebend wirken und Schrittmotoren, die ziehend wirken. Ziel war es, den Zusammenbau und die Krafterzeugungsmechanismen beider Systeme zu verstehen und somit die Aktivität von biomimetischen Motoren (die die Biologie imitieren) entwickeln und kontrollieren zu können. Über Experimente gewann man einen Einblick in molekulare Mechanismen, die der Krafterzeugung durch dicke Aktinfilamentbündel unterliegen und solche, die für ihre Motilität verantwortlich sind. Mehrere biomimetische Aktin-Myosin-Systeme wurden entwickelt und im Nano-Maßstab erbaut. Dies ist ein wichtiger Schritt in Richtung der Entwicklung von "Nanomuskeln". Die Molekül-Modellierung, ergänzt durch experimentelle Forschung, brachte wichtige Facetten des Mechanismus und der molekularen Bindungsstellen zwischen dem Kinesinmotor und den Mikrotubuli ans Licht. Wissenschaftler untersuchten auch das Verhalten von auf einer strukturierten Oberfläche immobilisiertem Kinesin, da es für die Umsetzung eines biomimetischen Motors bedeutend ist. Active Biomics entwickelte neue Untersuchungsmethoden und experimentelle Techniken sowie theoretische Modelle des sogenannten molekularen Motors. Dank der Ergebnisse konnten die Mechanismen und strukturellen Einheiten, die mit der Krafterzeugung in Bezug stehen, leichter verstanden werden. Eine mögliche Vermarktung biomimetischer Motoren könnte sich erheblich auf das Bioengineering künstlicher Muskeln, auf medizinische Sortiergeräte und auf den aktiven Medikamentenhandel auswirken, ganz zu schweigen von der Produktion im Nano-Maßstab.