Erdbebenfolgen anhand des Standorts vorhersagen
Die Zerstörungskraft von Erdbeben ist enorm. Dennoch trägt manchmal die Oberflächengeologie, die zur Verstärkung seismischer Effekte führen kann, mehr zur Zerstörung bei als das Erdbeben selbst. So können etwa nach einem Erdbeben Sedimentbecken mit weichem Untergrund stärker und länger beben als festerer Untergrund. In solchen Fällen kann selbst ein geringes Beben große zerstörerische Kräfte entwickeln. Diese "Standorteffekte" besser einschätzen zu können ist für die genaue Beurteilung des Erdbebenrisikos und die Entschärfung der damit verbundenen Gefahren essenziell. Das EU-finanzierte Projekt "SEAR" entwickelte einfachere und verlässlichere Methoden zur Beurteilung von Standorteffekten, um eine bessere Standortcharakterisierung zu ermöglichen. Im Rahmen der Studie wurden die mathematischen Verfahren zur Standortbeurteilung und zur Vorhersage der Bewegung seismischer Wellen anhand der Wellenfrequenzen und anderer Faktoren optimiert. Das zweite Ziel des Projekts bestand in der Optimierung der Beurteilung von Standorteffekten. Im Rahmen des "SEAR"-Projekt wurden zwei Lösungsansätze entwickelt, bei denen u. a. komplexe mathematische, auf den Eigenschaften seismischer Wellen und Kurven beruhende Verfahren zum Einsatz kamen. Der erste Ansatz wertet japanische Daten aus, um die Standorteffekte eines Erdbebens anhand leicht verfügbarer Informationen zu beurteilen. Die daraus resultierende Gleichung ermöglicht eine solide Berechnung des Standorteffekts anhand zweier simpler Wellenparameter: Vs30 (mittlere Scherwellengeschwindigkeit der obersten 30 Meter) und fundamentale Resonanzfrequenz (f0). Mit diesen Parametern können erheblich genauere Ergebnisse als mit den gegenwärtigen europäischen Verfahren errechnet werden. Der innovativere zweite Lösungsansatz wurde auf einer nationalen Konferenz vorgestellt. Er beruht auf Dispersionskurvendaten, d. h. dass nur wenige hochfrequente Abtastwerte erforderlich wären, um eine Beurteilung des Standorteffekts zu erhalten, die den klassischen Verfahren ebenbürtig ist. Für diesen Ansatz sind allerdings noch weitere Tests erforderlich. Die "SEAR"-Forschungsergebnisse sollten eine bessere Einschätzung der lokalen Auswirkungen eines Erdbebens und somit die Festlegung geeigneter Eurocodes zur Gewährleistung der Gebäudesicherheit ermöglichen.