Disulfidbindungen und Stoffwechselerkrankungen
Die ordnungsgemäße Faltung sekretierter Proteine zur 3D-Struktur ist von der Bildung von Disulfidbindungen in den Zysteinresten abhängig. Die oxidative Proteinfaltung wiederum gewährleistet, dass diese Bindungen überhaupt gebildet werden. Initiator ist dabei eine Redoxreaktion, bei der Elektronen von mehreren Proteinen zu einem terminalen Elektronenakzeptor transportiert werden. Dieser Prozess wird über einen enzymatischen Apparat im Lumen des endoplasmatischen Retikulums katalysiert, einer intrazellulären Organelle, die für den Transport und die Sekretion der hergestellten Proteine zuständig ist. Das EU-finanzierte Forschungsprojekt ER AND METABOLISM (Oxidative protein folding and pathogenesis of metabolic disorders) untersucht an Mausmodellen und Mauszelllinien genetische Modifikationen bei Enzymen, die an der oxidativen Proteinfaltung beteiligt sind. Mittels Keimbahnmutation wurden genetisch veränderte Mäuse mit Defizienzen in Enzymen generiert, die die Bildung der Sulfidbindungen vermitteln, sodass nun an mutanten Mäusen mit Defizienzen in den Dithioloxidasen ERO1a und ERO1b sowie dem im ER lokalisierten Peroxiredoxin (PRDX4) geforscht werden kann. Kombinierte Loss–of–function-Mutationen in Genen, die für die ER-Thioloxidasen ERO1a, ERO1b und PRDX4 kodieren, korrelierten mit der Überlebenswahrscheinlichkeit der Mäuse, was eine hohe Redundanz der Bildung von Disulfidbindungen nahe legt. Die Mutationen störten die extrazelluläre Matrix in den Mäusen und unterbrachen die intrazelluläre Reifung von Prokollagen. In den mutanten Mäusen war die Ascorbinsäurekonzentration niedriger, und die Reifung des Prokollagens konnte nur durch Zufuhr von Ascorbinsäure verbessert werden. Der Studie zufolge führt eine Störung der oxidativen Proteinfaltung zur Ascorbinsäuredepletion, gestörter Prokollagenreifung sowie einer ungewöhnlichen Form von Skorbut. Damit wurden weitere wichtige Einblicke in die Bedeutung der oxidativen Proteinfaltung am lebenden Tier gewonnen.