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Inhalt archiviert am 2023-03-24

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Mit Lasern ausgestattete Hubschrauber entdecken uralte kambodschanische Städte

Nahe der weltberühmten kambodschanischen Tempelanlage Angkor Wat haben EU-geförderte Forscher mithilfe innovativer Lasertechnologien riesige, bisher unbekannte, Jahrhunderte alte Städte gefunden.

Laut dem australischen Archäologen Dr. Damian Evans vom EU-geförderten Projekt CALI (Cambodian Archaeological Lidar Initiative) werden Historiker und Archäologen ihr Bild von untergegangenen Kulturen infolge dieser Entdeckung möglicherweise überdenken und zentrale Annahmen über die Geschichte Südostasiens vollkommen neu formulieren müssen. Diese Erkenntnisse wurden mit der Fernerkundungsmethode Airborne Laserscanning gewonnen und am Montag dem 13. Juni 2016 bei der Royal Geographical Society in London vorgestellt. Zudem wurden sie in der renommierten Fachzeitschrift Journal of Archaeological Science veröffentlicht. Die Tempelanlage Angkor Wat, die jährlich von tausenden Touristen besucht wird, ist Kambodschas beliebtestes Reiseziel und UNESCO-Weltkulturerbestätte. Der Komplex gilt als größte städtische Siedlung vor dem Industriezeitalter und verfügt über ein hochkompliziertes Bewässerungssystem. Dies sind Gründe dafür, dass der Niedergang Angkors und des Khmer-Reichs im 15. Jahrhundert Archäologen seit Langem fasziniert. Anwendung von Lidar-Technologie Die kürzlich entdeckten Städte sind zwischen 900 und 1.400 Jahre alt und tief unter dem tropischen Waldboden begraben. Erst mit Lidar-Technologie konnten sie gefunden werden, bei der von Hubschraubern aus Laserstrahlen auf den Boden gerichtet wurden, um ein äußerst detailgetreues Bild von der Erdoberfläche zu erstellen. Mithilfe von Airborne Laserscanning, das selbst die dichten Baumkronen des Dschungels durchdringt, wurden zahlreiche geometrische Muster aus Böschungen festgestellt, die, so spekuliert Dr. Evans, einmal Gärten gewesen sein könnten. Für die Messungen fliegt ein Hubschrauber in vorgegebener Höhe, Richtung und Geschwindigkeit über das Gebiet, und der ausgerüstete Laserscanner tastet das Terrain während des Fluges mit über 16 Laserimpulsen pro Quadratmeter ab. Aus der Zeit, die der Laserimpuls benötigt, um am Boden reflektiert zu werden und zum Hubschrauber zurückzugelangen, errechnet der Sensor dann die Höhe jedes einzelnen Punktes. Die auf den Flügen gesammelten Daten werden anschließend auf einen Computer geladen, der ein dreidimensionales Modell aus ihnen erstellt. Um menschengemachte Objekte und natürliche Baumkronen aus den Daten auszuschließen, werden plötzliche Höhenänderungen ignoriert. Zu diesem Zweck definieren Techniker, die sich an Modellen des Terrains orientieren, die entsprechenden Schwellenwerte bei der Verarbeitung dieser Datenpunkte. Nach seiner Fertigstellung wird das Modell an Archäologen weitergeleitet, die es in möglicherweise monatelanger Arbeit vollständig analysieren und Karten daraus erstellen. Das alte Reich der Khmer Die gewaltige Menge der neuen im CALI-Projekt gesammelten Daten baut auf Scans aus dem Jahr 2012 auf, mit denen die Existenz von Mahendraparvata belegt wurde, einer uralten Tempelstadt nahe Angkor Wat. Doch erst durch die Analyse der Ergebnisse einer größeren Studie des Jahres 2015 wurde die schiere Größe dieser neuen Siedlungen deutlich. Unter den bereits veröffentlichten neuen Scans sind eine detaillierte Karte einer riesigen Stadt, die den Steintempel Preah Khan im Distrikt Kompong Svay umgibt, Daten zu einer Reihe von Eisenhütten aus dem Angkor-Zeitalter und neue Informationen zum komplexen Bewässerungssystem der Region. Aus den neuen Daten wird auch die volle Größe von Mahendraparvata ersichtlich, wodurch Grabungen in Zukunft zielgerichteter und schneller durchgeführt werden können. Dr. Evans bestätigte, dass in den kommenden Monaten weitere Karten der Region veröffentlicht werden. Eine der beeindruckendsten Erkenntnisse aus dem CALI-Projekt ist, dass die städtischen Gebiete um die alten Khmer-Tempelanlagen äußerst dicht besiedelt waren. Als sich das Khmer-Reich im 12. Jahrhundert in seiner Blüte befand, könnten diese städtischen Zusammenschlüssen sogar die größten der damaligen Welt gewesen sein. Nach dem Zusammenbruch des Imperiums ist die kambodschanische Geschichte in erster Linie von Verlust gekennzeichnet, da die Region von anderen Mächten unterworfen wurde. Archäologen und Historiker möchten die Ergebnisse des CALI-Projekts nun allerdings anwenden, um herauszufinden, inwiefern unsere traditionelle Interpretation der Geschichte dieser Region überhaupt korrekt ist. Dieses Zeitalter, das auch als „kambodschanisches Mittelalter“ bekannt ist, könnte tatsächlich viel vielschichtiger und lebhafter gewesen sein, als bisher angenommen wurde. Insgesamt sind sich Fachleute einig, dass die CALI-Ergebnisse in Kambodscha die wichtigsten archäologischen Funde der letzten Jahre darstellen, und die Lidar-Technologie stattet Archäologen mit einem wertvollen neuen Mittel aus, um längst untergegangene Kulturen zu erforschen. Weitere Informationen finden Sie auf: Projektwebsite

Länder

Frankreich

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