Anhörung des designierten Kommissars Philippe Busquin
Im Verlauf einer turbulenten Anhörung zur Bestätigung des designierten Forschungskommissars Philippe Busquin im Europäischen Parlament erklärte er, daß nach seiner Bestätigung als Kommissar seine Hauptaufgabe die erfolgreiche Durchführung des Fünften Rahmenprogramms sein werde. Außerdem werde ab dem nächsten Jahr damit begonnen, die Grundlagen für das Sechste FTE-Rahmenprogramm zu legen. Das Treffen am 1. September in Brüssel wurde jedoch von den Bedenken der MEP aufgrund der Agusta-Dassault-Affäre bestimmt, bei der Mitarbeiter der belgischen wallonischen Sozialistischen Partei (Parti Socialiste, PS), deren Präsident Busquin ab 1992 war, 1998 von belgischen Gerichten verurteilt wurden, weil sie gesetzwidrige Praktiken zur Finanzierung der Partei anwandten (aus den gleichen Gründen wurden auch Vertreter der flämischen Sozialisten schuldig gesprochen). In seiner Entgegnung verwies Herr Busquin mehrfach darauf, daß die betreffenden Ereignisse vor seiner Wahl zum Parteivorsitzenden stattfanden, und betonte, daß er nie illegaler Geschäfte oder betrügerischer Machenschaften beschuldigt wurde. Auf die Frage belgischer, niederländischer und deutscher MEP nach seinen Kenntnissen des Niederländischen, einer der Amtssprachen seines Landes, antwortete Herr Busquin, daß er seine Kenntnisse verbessern werde. In seiner Eröffnungsrede versprach Herr Busquin, sicherzustellen, daß die für das RP5 vorgesehenen 15 Milliarden Euro ordnungsgemäß ausgegeben werden. Er betonte seinen Willen, "einen gemeinsamen Bereich für die Forschung zu schaffen", um dieses Gebiet attraktiver für junge Leute zu machen, die Europa braucht, wenn es mit den Vereinigten Staaten und Japan konkurrieren will. Prioritär zu behandeln seien Forschungsarbeiten, die zur Erweiterung, zur Beschäftigung und zum Wachstum beitragen. "Der Hauptgrund für die wissenschaftliche Forschung ist neben der Befriedigung des menschlichen Wissensdrangs der Einsatz des Wissens zur Lösung sozialer Probleme", so Busquin. Die Gemeinsame Forschungsstelle der Europäischen Kommission sei sehr gut geeignet, um dies in die Praxis umzusetzen, sagte Busquin, und verwies dabei auf die Forschungsanstrengungen der GFS während der Dioxinkrise sowie auf die Anstrengungen bezüglich genveränderter Nahrungsmittel, die gute praktische Beispiele dafür seien. Er versprach, die Beziehungen zwischen der GFS und dem Europäischen Parlament zu verbessern und dabei gegebenenfalls zu vermitteln. Eryl McNally sprach das Problem der Finanzierung der Stillegung von Nuklearanlagen einschließlich des Kraftwerks der GFS in Ispra an. Herr Busquin versicherte, daß von den Mitteln für die Forschung keine Gelder abgezweigt würden, und betonte jedoch, daß bei der Verteilung von Mitteln Vorbehalte fehl am Platz seien. Bezüglich der Geschlechterfrage verpflichtete sich Herr Busquin der Mitteilung der alten Kommission zu "Frauen und Wissenschaft", die eine Frauenquote von 40 Prozent in den Beratungs- und Bewertungsgremien des RP5 verlangt. Später betonte Herr Busquin, daß er nicht zwischen Grundlagenforschung und marktorientierter Forschung differenzieren wolle. Dazu sagte er: "Ich habe mich noch nie zur Unterscheidung zwischen Grundlagenforschung und angewandter Forschung geäußert. Hier sollte keine künstliche Zweiteilung hergestellt werden. Es gibt zahlreiche Programme, die den Wert der Grundlagenforschung deutlich machen." Zum laufenden Rahmenprogramm sagte Herr Busquin, daß er in absehbarer Zeit keine Änderungen beabsichtige. "Es ist wichtig, getroffene Entscheidungen mindestens solange beizubehalten, bis eine entsprechende Bewertung erfolgen kann. Wenn Veränderungen notwendig sein sollten, sollte damit bis zur Prüfung zur Hälfte der Laufzeit gewartet werden", sagte er. Er war sich mit Paul Rübig einig, daß der Stellenwert der kleinen und mittleren Unternehmen in Forschungsprojekten verbesserungswürdig sei, und verwies auf CORDIS als ein hervorragendes Mittel, um dazu beizutragen. "Die Zahl der am Fünften Rahmenprogramm beteiligten KMU wächst, und das CORDIS-Projekt hat sich als effektives Mittel zur Verbreitung von Informationen an KMU erwiesen", sagte er. Außerdem äußerte er: "Neunzig Prozent aller Unternehmen sind KMU, sie erhalten jedoch nur zehn Prozent der Fördermittel für Forschung." Er schlug vor, diesen Anteil auszubauen, indem kleinere Unternehmen aufgefordert werden, bei Forschungsprojekten mit Großunternehmen zusammenzuarbeiten. Er versicherte den MEP, daß die Maßnahmen zur Vereinfachung der Bewerbungsverfahren, die von den KMU als überaus kompliziert empfunden werden, bereits vorlägen. Auf die Frage von Willy De Clerq, welche KMU hauptsächlich von EU-Forschungsprogrammen profitieren würden, entgegnete Herr Busquin, daß die Telematik und die Informatik vorrangige Gebiete seien.