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Gestaltung der Informationsgesellschaft für Europa - IST99

In keinem anderen Land Europas hat die Informationsgesellschaft wohl so gut Fuß gefaßt wie in Finnland und daher gibt es auch kaum einen besseren Ort für die jährliche Europäische Konferenz über Technologien der Informationsgesellschaft, IST 99. Über 3.500 IT-Fachleute, Vertr...

In keinem anderen Land Europas hat die Informationsgesellschaft wohl so gut Fuß gefaßt wie in Finnland und daher gibt es auch kaum einen besseren Ort für die jährliche Europäische Konferenz über Technologien der Informationsgesellschaft, IST 99. Über 3.500 IT-Fachleute, Vertreter der Industrie und Politiker reisten zu der Veranstaltung nach Helsinki, die vom 22. bis 24. November stattfand. Sie warteten nicht nur mit Spannung darauf, die Zukunft der Informationsgesellschaft zu diskutieren, sondern auch auf die Gelegenheit, einige der neuesten Technologien auszuprobieren. Der Flug von Brüssel nach Helsinki war mit IST-Delegierten ausgebucht, von denen viele den Wunsch hatten, das neueste Nokia-Modell, den 9110 Kommunikator, auszuprobieren, der Telefon, Fax, Internet, E-mail, Notizblock und Kalender in einem Gerät umfaßt. Aber Nokia ist nicht die einzige finnische IT-Erfolgsgeschichte. Einmal in Helsinki wurde uns schnell bewußt, daß wir uns in einer Stadt befanden, die bei IT-Anwendungen und -Diensten ganz vorne liegt. Sechs von zehn Finnen besitzen ein Mobiltelefon und manchmal schien der Klang so vieler Handys, die gleichzeitig klingelten, eine Melodie zu bilden. Die Internet-Zugänge pro Kopf sind global betrachtet hier ebenfalls am höchsten und viele Finnen regeln jetzt ihre Bankgeschäfte per Internet. Im finnischen Pavillon waren mehrere High-Tech-Produkte ausgestellt, darunter auch die neue finnische elektronische Identitätskarte, FINEID, die im Dezember auf den Markt kommt. Es handelt sich um eine Identitätskarte, die künftig rund um die Uhr für fast alle elektronischen Dienste genutzt werden wird, so z.B. für Bankgeschäfte, zur Datensicherung von E-mails, dem Austausch von Steuerkarten, der Registrierung als Arbeitssuchender, für Stellenbewerbungen und vieles mehr. Ein weiteres Produkt der Ausstellung war das Cyphone, eine Benutzerschnittstelle mit erhöhter Realität, die es ermöglicht, mehr Informationen aufzunehmen, als man mit bloßem Auge sehen kann. Derzeit befindet es sich noch in der Entwicklungsphase und ist eine Vorläufer-Produktplattform für mehrere potentielle Mehrwertdienste. Doch warum wird die Informationsgesellschaft in Finnland so begeistert aufgenommen? Einer der am Cyphone-Projekt beteiligten Forscher, Herri Kyllönen von VTT Elektronikka, erklärte uns seine persönliche Theorie: "Na ja, im Winter wird es hier ziemlich kalt, und es gibt nicht viel zu tun, außer sich mit Technologie zu befassen und sie auszuprobieren. Man möchte sich nicht so häufig draußen aufhalten oder sich an einer Telefonzelle anstellen, daher ist jede Kommunikationstechnologie, durch die man so etwas vermeiden kann, willkommen." Die finnische Nationale Technologieagentur, Tekes, formuliert dies etwas anders: "In Finnland, mit seiner relativ weiten geographischen Ausdehnung, seiner geringen Bevölkerung und dem kalten Winterklima, sind fortgeschrittene Telekommunikationstechnologien zu einem Teil des täglichen Lebens geworden. Das war auch schon in der Vergangenheit so. Seit vielen Jahren nehmen die Finnen neue Technologien früh an - eine Tradition, die sich sowohl aus der Neugier als auch aus Notwendigkeit entwickelt hat." Ein weiterer Grund könnten die Investitionen in F&E sein, deren Anteil am BIP stetig zunimmt und letztes Jahr über drei Prozent lag. Der Generaldirektor von Tekes, Dr. Martti Mäenpää erklärte: "Das Wachstum von F&E hat überwiegend im Bereich der Informations- und Elektroindustrie stattgefunden, die jetzt mehr als die Hälfte der F&E-Ausgaben finnischer Unternehmen ausmachen." Die finnischen Erfahrungen erwiesen sich als nützliche Bezugspunkte während der gesamten Konferenz. Eines der Hauptziele der Diskussionen war es, sicherzustellen, daß die Informationsgesellschaft integrativ ist, wozu sorgfältige Planung und die vorsichtige Schaffung eines Gleichgewichts erforderlich sind. Die Eröffnungssitzung gab den Ton für die übrige Veranstaltung an. Dr. Martti Mäenpää von Tekes eröffnete die Debatte. Er erläuterte: "In Finnland sind sich alle einig, daß die beiden Schlüsselelemente für die zukünftige Entwicklung unseres Landes das technologische Knowhow und die Menschen sind. Mit dieser Strategie, so glauben wir, kann Finnland den bestmöglichen Beitrag zur Gesamtentwicklung Europas leisten kann." Er fuhr fort mit einer Skizzierung der Stärken, auf die bei der Entwicklung der Informationsgesellschaft aufgebaut werden könnte. Diese umfassen das Bildungs- und Ausbildungssystem, Telekommunikation, Sicherheits-Knowhow, elektronische Bankgeschäfte und Zahlungsmethoden, Wissensmanagement und alle Arten von Logisitik. Dr. Mäenpää folgten als Redner Erkki Tuomioja, der finnische Minister für Handel und Industrie, Erika Mann, Mitglied des Europäischen Parlaments, Jorma Ollila, Generaldirektor und Vorsitzender des Verwaltungsrats von Nokia, sowie der EU-Kommissar für Unternehmen und die Informationsgesellschaft, Erkki Liikanen. Erkki Tuomioja betonte, wie wichtig es sei, Informations- und Kommunikationstechnologien in Unternehmen zu nutzen: "Es ist nicht ausreichend, all diese technologischen Möglichkeiten auf dem Markt zu haben. Es ist noch viel wichtiger, daß all diese neuen Technologien auch genutzt werden", sagte er. Ob diese Technologien angenommen werden, hänge davon ab, inwieweit sie die Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen verbessern können, fuhr er fort. Entscheidungsträger im öffentlichen Sektor hätten hier eine wichtige Rolle zu spielen, den sie müßten "die Interessen der Einzelnen und eine ausgewogene Entwicklung der Gesellschaft als Ganzes" sicherstellen. Herr Tuomioja sagte, dazu gehörten Investitionen in Wissen und Fähigkeiten und das Management der Veränderungen, die die Unternehmen benötigen. EU-Kommissar Erkki Liikanen schloß die Sitzung damit, eine Vision für die Konferenz zu skizzieren. Er sagte, das IST-Programm und die IST-Konferenz sollten im Kontext der politischen Veränderungen und der Globalisierung gesehen werden. Um die Gerechtigkeit und den Erfolg der Informationsgesellschaft zu garantieren, müsse Europa zusammenarbeiten. Er rief die Kommission dazu auf, dies durch die Förderung der technologischen Entwicklung durch das IST-Programm zu unterstützen und günstige gesetzliche Rahmenbedingungen für Unternehmer und Verbraucher zu schaffen. Er erklärte: "Die Informationsgesellschaft ist der Schlüssel für unsere Zukunft in Bezug auf Arbeitsplätze, Wachstum und Lebensqualität." "Niemand kann vorhersagen, wer die Gewinner von morgen sind - noch, wie lange sie die Gewinner bleiben werden." "Nur wenn wir unsere Ressourcen bündeln und eine gemeinsame Strategie entwickeln, können wir eine integrative Informationsgesellschaft schaffen und sicherstellen, daß Europa nicht zurückbleibt." "Wenn wir dies nicht tun, steht Europas Zukunft auf dem Spiel. In einigen Jahren - in einigen Bereichen sogar in ein paar Monaten - ist die Tür für neue Gelegenheiten geschlossen. Daher brauchen wir eine neue Initiative für die Informationsgesellschaft." Die Delegierten hatten außerdem die Möglichkeit zu diskutieren, was die Informationsgesellschaft in Bezug auf Technologien und Anwendungen mit sich bringt. Zudem diskutierten sie über den rechtlichen und gesetzlichen Rahmen, über Visionen, wie die Menschen in der Zukunft leben werden, über die Schaffung neuer Arbeitsplätze, über die Wettbewerbsfähigkeit der Menschen und darüber, wie die Regierungen ihren Bürgern dienen werden. Die Europäische Kommission stellte die wichtigsten Punkte des Programms "Technologien der Informationsgesellschaft (IST)" für das Jahr 2000 vor. Einige der Aspekte, die diskutiert wurden, bezogen sich auf die Zukunft der Vernetzung - welche neuen Anwendungen können auf derzeit vorhandenen Netzwerken und Computertechniken aufgebaut werden? Welche neuen Technologien können entwickelt werden, und was bringt dies aus technologischer, Marketing- und wirtschaftlicher Sicht mit sich? Wie kann dies reguliert werden? Auch das Internet, die neue Wirtschaft und die digitale Gesellschaft wurden diskutiert. Mobiler elektronischer Handel und drahtlose Netze gehören zu den Zukunftstechnologien Europas und dies führte zu heißen Diskussion wie Verbraucherschutz, Datenschutz und die Rollen des öffentlichen und privaten Sektors. Neben dem finnischen Pavillon gab es 4.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Der meiste Platz wurde von den Ergebnissen vorheriger F&E-Programme der Kommission im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie eingenommen. Es stellten auch einige Nicht-EU-Länder ihre Forschungsaktivitäten vor und suchten nach zukünftigen Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Eine kurze Umfrage bei den Ständen zeigte, daß die meisten positive Antworten erhalten hatten. Die Konferenz schloß mit einer Vorstellung des zukünftigen IST-Arbeitsprogramms und wurde durch praktische Ratschläge für die Aufrufe zur Vorschlagseinreichung im nächsten Jahr und eine Diskussion über den politischen Kontext und strategische Orientierungen ergänzt.

Länder

Finnland

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