Künstliche Biodiversität rückt in greifbare Nähe
Interessanterweise korreliert die Komplexität lebender Organismen nicht mit deren relativ einfachem chemischen Aufbau. Da schon viel zu den Prozessen der DNA-Biogenese geforscht wurde, rückt die Synthese künstlicher lebender Systeme immer mehr ins Blickfeld. Mit den neuen gentechnischen Methoden kann man in der modernen Biologie inzwischen fast jede medizinisch oder industriell interessierende Substanz herstellen. Das EU-finanzierte Projekt METACODE(öffnet in neuem Fenster) (Code-engineered new-to-nature microbial cell factories for novel and safety enhanced bio-production) forschte an der gentechnischen Manipulation von Mikroben, die antimikrobielle Produkte auf Peptidbasis herstellen. Hierfür wurden neue Methoden der bioorthogonalen Chemie und Erweiterung des genetischen Codes von Mikrobenstämmen kombiniert, um Moleküle zu erzeugen, die für den Einsatz in verschiedensten Fermentationsprozessen angepasst werden können. Mittels Biotin-Streptavidin-Technologie wurde eine künstliche Metalloenzymmetathase erzeugt, die die Olefinmetathese katalysiert, eine archetypische organometallische Reaktion, die im natürlichen Enzymrepertoire nicht vorkommt. Die neue Metathase enthält einen abiotischen Cofaktor in einem Proteingerüst (Ruthenium-Protein-Komplex), um die Olefinmetathese mit verschiedenen Substraten im Periplasma von Escherichia coli zu katalysieren. Weiterhin wurde eine tRNA-Synthetase erzeugt, mit deren Hilfe eine Metathese-kompetente Aminosäure aktiviert wird, die dann in rekombinante Proteine eingebaut werden kann. Neben der Erweiterung vorhandener Stoffwechselwege in Escherichia coli gelang es den Wissenschaftlern auch, in mikrobiellen Zellen die eigenständige Synthese dieser neuen Bausteine zu induzieren, indem bestimmte Codons des genetischen Codes neu zugewiesen wurden, um damit künstliche Aminosäuren zu erzeugen. Die mit METACODE konstruierten Bakterienklone sind synthetische Fabriken, die enzymkatalysierte Metathesereaktionen durchführen können, zu denen lebende Organismen nicht in der Lage sind. Sie eignen sich somit als Plattform zur Erzeugung neuer proteinbasierter antimikrobieller Produkte. Das Projekt zeigte, dass die Evolution synthetischer Zellen möglich ist und sie sich als biologische Systeme eignen, siehe Inside Cover: Chemical Evolution of a Bacterial Proteome(öffnet in neuem Fenster). Zudem wurde demonstriert, dass ein Ruthenium-Protein-Komplex die Olefinmetathese katalysieren kann - eine archetypische metallorganische Reaktion, zu der es in der Natur kein Äquivalent gibt, die im Labor jedoch funktioniert, wie ein vom Projekt entwickeltes innovatives Screening-System zeigt. Directed evolution of artificial metalloenzymes for in vivo metathesis(öffnet in neuem Fenster).