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Neu entwickeltes Enzym beschleunigt langsame organische Reaktion

Was einst Tage dauerte, passiert nun innerhalb von Stunden: Forschende haben den ersten effizienten und selektiven Biokatalysator für eine leistungsfähige, aber normalerweise recht langsam ablaufende organische Reaktion entwickelt.

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Vielseitig einsetzbare Katalysatoren mit neuen Eigenschaften und Funktionen könnten die Synthesestrategien der Wissenschaft revolutionieren und damit hochwertigen Chemikalien und einer umweltfreundlicheren chemischen Industrie den Weg bereiten. Auf der Suche nach Katalysatoren dieser Art entwickelten teilweise im Rahmen des EU-finanzierten Projekts enzC-Hem unterstützte Forschende nun ein Enzym, das eine organische Reaktion beschleunigen kann, die für ihre extrem langsame Reaktionsgeschwindigkeit bekannt ist. Dabei handelt es sich um die Morita-Baylis-Hillman-Reaktion, einen leistungsfähigen Prozess, bei dem eine Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindung zwischen einem Alken und einer elektrophilen Verbindung wie zum Beispiel einem Aldehyd gebildet wird. Bei dieser Reaktion entstehen Produkte, die bei weiterführenden Synthesen als nützliche Bausteine dienen. Sie erfordert jedoch hohe Katalysatorbeladungen und weist unter Einsatz verfügbarer Katalysatoren (normalerweise niedermolekularer Katalysatoren wie „DABCO“ und DMAP) lange Reaktionszeiten von mehreren Tagen auf, um eine brauchbare Produktmenge zu erzeugen. Ungeachtet aller Nützlichkeit für die organische Synthese verhindern diese Nachteile eine breitgefächerte Anwendung dieser Reaktion. „Die typischerweise für diese Reaktion verwendeten Katalysatoren sind kleine Nukleophile“, erklärt Prof. Anthony Green von der Universität Manchester im Vereinigten Königreich, an der das Projekt enzC-Hem angesiedelt ist, in einem auf „Chemistry World“ veröffentlichten Artikel. „Das Schöne an der Biologie ist, dass, wenn es gelingt, ein Enzym zu entwickeln oder ein Proteindesign zu finden, das diese Reaktion in Gang bringt, deren Geschwindigkeit im Vergleich zu allen mit der Chemie kleiner Moleküle erreichten Werten erheblich beschleunigt wird“, fährt Prof. Green fort, der Hauptautor der in der Fachzeitschrift „Nature Chemistry“ publizierten Studie ist.

Auf dem Weg zu einem besseren Katalysator

Das Forschungsteam setzte mit dem erklärten Ziel, den ersten effizienten und selektiven Biokatalysator für die Morita-Baylis-Hillman-Reaktion zu erschaffen, das Enzym BH32 ein, das einige Jahre zuvor von Dr. David Baker und seinem Team an der Universität Washington in den Vereinigten Staaten entwickelt worden war. Wie in dem Nachrichtenartikel berichtet, gelang es Dr. Baker, dem Mitautor der aktuellen Studie, und seinem Team zwar, Enzyme für die Morita-Baylis-Hillman-Reaktion zu entwickeln, jedoch wirkten diese Enzyme nur schwach. „Sie waren zwar katalytisch kompetent, aber dennoch keine brauchbaren Biokatalysatoren“, so Prof. Green. Um das neue Enzym entstehen zu lassen, unterzog das von Prof. Green geleitete Forschungsteam das primitive Enzym BH32 einem als gerichtete Evolution bezeichneten Prozess. Bei der gerichteten Evolution handelt es sich um ein leistungsfähiges technisches Werkzeug, mit dem Enzyme an gewünschte Umwandlungen angepasst bzw. die Funktionen von Proteinen durch wiederholte Mutations- und Selektionsrunden verbessert werden. Nach 14 Evolutionsrunden hatte das Forschungsteam Erfolg und konnte ein Enzym mit der Bezeichnung BH32.14 entwickeln, das deutlich schneller und auch noch enantioselektiv ist. Die Ergebnisse zeigten, dass bereits mit geringen Konzentrationen an BH32.14 die der Morita-Baylis-Hillman-Reaktion zugesetzt werden, wesentlich höhere Ausbeuten als mit hohen Konzentrationen der gegenwärtig eingesetzten niedermolekularen Katalysatoren erzielt werden können. Außerdem dauert die Reaktion nur wenige Stunden und nicht mehrere Tage. Das neu entwickelte Enzym ist „eines der komplexesten Enzyme, die bisher in der organischen Chemie zum Einsatz kamen“, heißt es in dem Artikel. Die durch das Projekt enzC-Hem (Creating Versatile Metallo-Enzyme Environments for Selective C-H Activation Chemistry: Lignocellulose Deconstruction and Beyond) unterstützte Arbeit beweist, dass die Kombination aus computergestütztem Design und gerichteter Evolution neue Biokatalysatoren für wichtige chemische Umwandlungen ergeben könnte, die in der Natur nicht vorkommen. Weitere Informationen: Projekt enzC-Hem

Schlüsselbegriffe

enzC-Hem, Katalysator, Biokatalysator, Enzym, Morita-Baylis-Hillman-Reaktion, organische Reaktion, BH32.14

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