Französischer Forschungsminister trifft MdEP
Mitglieder des Forschungsausschusses des Europäischen Parlaments hatten gestern Gelegenheit, das ehemalige Mitglied des Europäischen Parlaments (MdEP) und derzeitigen Vorsitzenden des Forschungsrats Roger-Gérard Schwartzenberg über seine Pläne für die europäische Forschungspolitik unter der französischen Ratspräsidentschaft zu befragen. Der französische Forschungsminister sagte, die Bereitstellung eines ethischen Rahmens für die Fortschritte im Bereich der Biowissenschaften und insbesondere der Biotechnologie in Europa bedürfe der Unterstützung auf europäischer Ebene. Die MdEP wiesen auf die Notwendigkeit hin, eine ethische Politik hinsichtlich genetisch veränderter Organismen und möglicher zukünftiger Entwicklungen wie das Klonen von Menschen zu entwickeln. Eine unabhängige Akademie für Wissenschaft und Technik nach dem Vorbild der amerikanischen Academy of Science könne die unterschiedlichen europäischen Einrichtungen auf diesem wie auch auf anderen Gebieten zu ethischen Fragen beraten, so Schwartzenberg. Eine Namensliste mit 2.000 hochrangigen Vertretern der Wissenschaft soll von den Mitgliedstaaten vorgeschlagen werden, aus der 150 Fachleute als Mitglieder ausgewählt werden, um der europäischen Wissenschaft eine stärkere Präsenz zu verleihen. Auf die Frage des französischen MdEP Yves Piétrasanta, wie er diese Einrichtung finanzieren wolle und welche Auswirkungen dies auf die bestehenden Systeme der Kommission zur Bereitstellung von Beratung durch unabhängige Fachleute habe, antwortete er, daß unter Umständen eine gewisse Umgestaltung der Finanzierungssysteme notwendig sei, die Akademie jedoch nicht an die Stelle der Beratergruppen der Kommission treten werde. "Wir brauchen in Europa etwas Handgreiflicheres, eine Einrichtung, die einen Überblick über das vermittelt, was in den einzelnen Ländern vor sich geht", sagte er. Der französische Forschungsminister unterstützte die Initiative von Forschungskommissar Philippe Busquin für einen europäischen Forschungsraum (EFR) und versprach, der Suche nach Wegen für eine Umsetzung dieser Politik höchsten Vorrang einzuräumen. Zu diesem Zweck beabsichtigt Schwartzenberg, die Mobilität von Wissenschaftlern zu fördern und Anreize für einen intensiveren Austausch zwischen akademischer und wirtschaftlich orientierter Forschung zu geben. Die Frage, wie Forschungsinfrastrukturen in diese Richtung mobilisiert werden können, soll im September auf einer Konferenz in Straßburg diskutiert werden. Im Oktober soll auf einer Konferenz in Lyon ein Versuch zur Bewertung der europäischen Wissenschaft unternommen werden. Schwartzenberg wies auf "das von unseren angelsächsischen Kollegen sogenannte Benchmarking" als eines der wichtigsten Hilfsmittel zur Bewertung des Erfolges des EFR insbesondere auf dem Gebiet der Innovation hin. Der Rat wird am 16. November eine Stellungnahme zu dem europäischen Innovations-Scoreboard abgeben, das derzeit von der Kommission vorbeireitet wird. Technologische Entwicklungen auf dem Gebiet der elektronischen Kommunikation haben die Verständigung zwischen den europäischen Forschern wesentlich erleichtert. Diese Verbindungen, so Schwartzenberg, würden noch weiter verbessert, dank der auf dem letzten Treffen des Forschungsrats beschlossenen Einrichtung des unter dem Programm "Géant" entwickelten Hochgeschwindigkeits-Breitbandnetzes mit einer Geschwindigkeit von 2,5 Gigabit pro Sekunde. Im Anschluß an den Erfolg der portugiesischen Präsidentschaft bei der Förderung der Informationsgesellschaft versprach Schwartzenberg dafür zu sorgen, daß Europa eine bedeutende Rolle in einer für alle offenen Wissensgesellschaft spielen wird. Zu diesem Zweck will er Fördermaßnahmen für KMU, Technologieunternehmen und das Projekt "eEurope" der Kommission unterstützen. "Der Aufbau des europäischen Forschungsraums verfolgt ein wirtschaftliches und ein soziales Ziel", sagte er. "Jedermann sollte von der Informationsgesellschaft profitieren." Die Öffentlichkeit müsse einbezogen und über Entwicklungen in der europäischen Wissenschaft informiert werden, wenn der EFR Wirklichkeit werden soll, sagte Schwartzenberg. Das Ansehen der Wissenschaft in der Öffentlichkeit hat jedoch unter mehreren Vertrauenskrisen auf dem Gebiet der Nahrungsmittelherstellung gelitten. Daher hat das französische Forschungsministerium im Dezember ein Seminar veranstaltet, auf dem diskutiert wurde, wie man Wissenschaftler und die Öffentlichkeit einander näherbringen und "gesunden Menschenverstand in der Wissenschaft" fördern kann. Schwartzenbergs Vorschlag zur Schaffung einer europäischen Agentur zur Verbreitung wissenschaftlicher und technologischer Ergebnisse werde, so hofft er, den Bekanntheitsgrad wissenschaftlicher Entwicklungen in der Öffentlichkeit sowohl in Europa als auch in den Beitrittsländern, die einmal an der europäischen Forschung beteiligt sein werden, erhöhen. Diesen Punkt hält Schwartzenberg für besonders wichtig. "Wir wollen, daß Europa für die übrige Welt offen ist", sagte er. Die französische Präsidentschaft übernimmt auch im Hinblick auf die Vorbereitungen des Sechsten Rahmenprogramms und des neuesten Euratom-Programms große Verantwortung. Schwartzenberg sagte, er arbeite gemeinsam mit der Kommission und den kommenden schwedischen und belgischen Präsidentschaften an einem Plan, der Ende dieses Jahres vorgelegt werden soll. In Anbetracht der strategischen Hilfestellung für die Kommission in Form einer jährlichen Bewertung der Rahmenprogramme durch eine externe Gruppe über einen Zeitraum von fünf Jahren erklärte Schwartzenberg, der Rat werde am 16. November über die ersten Leitlinien für das Sechste Rahmenprogramm abstimmen.bre.
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