Zusammenhang zwischen Seneszenz und Krebs
Zellen haben bestimmte Strategien entwickelt, um auf Schadenssignale bestimmter zelleigener Checkpoints (Kontrollmechanismen) zu reagieren. So wird abhängig von der Dauer des Signals und dem Ausmaß des Schadens die zelluläre Seneszenz oder der Zelltod eingeleitet. Diese zellulären Phänomene sind deshalb von Interesse, weil ein enger mechanistischer Zusammenhang zu längeren Zeiträumen der Onkogenaktivierung besteht und die Tumorsuppressor-Funktion verloren geht. Beides fördert die Tumorbildung. Das EU-finanzierte Projekt "Systems biology approaches to novel tumour suppressors" (SYSTUMS) untersuchte daher den Zusammenhang zwischen Seneszenz und Krebs, um tumorassoziierte Gene zu identifizieren. Mit dem Schwerpunkt auf Lungenkrebs wurden zellbasierte Seneszenz-Screenings auf der Suche nach neuen Tumorsuppressoren durchgeführt. Dabei stellte sich heraus, dass eines der häufigsten mutierten Gene bei menschlichen Lungentumoren – das für die EphA3-Rezeptortyrosinkinase kodierende Gen - mit zellulärer Seneszenz assoziiert ist. Um die Funktion dieses Transmembranrezeptors weiter zu erforschen, veränderten die Forscher das durch EPHA3 vermittelte Signal. Der Verlust der EPHA3-Funktion induzierte krankhafte Zellteilungsprozesse, indem zelluläre Seneszenzsignalwege aktiviert werden, u.a. der p53-Signalweg. Bei Lungenkrebs kann die EPHA3-Funktion durch Punktmutationen im Rezeptor oder Verlust seines genomischen Locus gestört werden. Da EPHA-Rezeptoren die Zellpositionierung und Migration in der Mikroumgebung des Gewebes regulieren, untersuchte SYSTUMS in vivo die Funktion von EPHA3 an Mausmodellen für Krebs. Der konstitutive Verlust von EPHA3 hatte keinen Einfluss auf das Krankheitsgeschehen bei Lungenkarzinomen, denen Kras-Mutationen oder p53-Funktionsverlust zugrunde lagen. Interessanterweise wird EPHA3 nur in der embryonalen Lunge des distalen Mesenchyms exprimiert, obwohl keine Belege für eine gestörte Lungenmorphogenese bei EPHA3-defizienten Embryonen gefunden wurden. In weiteren Experimenten soll nun die Rolle von EPHA3 für die Lungenentwicklung und -funktion im Erwachsenenalter eindeutig geklärt werden. Gleichzeitig zeigte die Studie, dass spezifischere Werkzeuge (etwa konditionale Mausmodelle für EPHA3-Verlust) benötigt werden, um die Rolle bei der Entstehung von Lungenkrebs zu klären. Insgesamt weisen die Ergebnisse von SYSTUMS auf eine enge Verbindung zwischen Seneszenz und Krebsentstehung hin. Die Identifizierung der Signalwege und Moleküle für diesen Übergang könnte daher neue Interventionsstrategien gegen Krebs aufzeigen.
Schlüsselbegriffe
Seneszenz, Krebs, Systembiologie, Tumorsuppressoren, EphA3