Annahme des Telekom-Reformpakets ist ein Impuls für die Informationsgesellschaft
Das Europäische Parlament nahm am 12. Dezember einen Kompromissvorschlag zum Telekom-Reformpaket an, das den derzeitigen Rechtsrahmen für die elektronische Kommunikation in Europa modernisieren und vereinfachen soll. Das Paket soll den Übergang zu einer Informationsgesellschaft erleichtern, indem es die dominante Marktstellung von Monopolisten mindert und den Markt dem Wettbewerb öffnet, wodurch die Preise reduziert werden und die Nutzung neuer Kommunikationstechnologien in Europa zunehmen wird. Durch diesen Kompromiss erhält die Europäische Kommission Befugnisse zur Beaufsichtigung der nationalen Regulierungsbehörden. Erforderlichenfalls kann sie die nationalen Regulierungsbehörden verpflichten, Beschlüsse in wichtigen, mit dem Funktionieren des Binnenmarkts zusammenhängenden Bereichen zurückzuziehen. Nur so lassen sich in Europa gleiche Marktvoraussetzungen für Betreiber und Verbraucher im Bereich der Telekommunikation sicherstellen. Mit den neuen Rechtsvorschriften werden die bestehenden Vorschriften dahingehend angepasst, dass sie nun die Konvergenz zwischen den Bereichen Telekommunikation, Informationstechnologie und Medien berücksichtigen. Sie bauen jetzt auf dem Grundsatz der Technologieneutralität auf, der besagt, dass die gleichen Dienste über unterschiedliche Plattformen bereitgestellt und über verschiedenerlei Endgeräte empfangen bzw. genutzt werden können. "Diese Vereinbarung ist ein wichtiger Impuls für das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung in Europa", erklärte Erkki Liikanen, der für Unternehmen und die Informationsgesellschaft zuständige Kommissar. "Weniger Regulierung, ein leichterer Marktzutritt und gleiche Wettbewerbsbedingungen in der ganzen EU sind Voraussetzungen für die Entwicklung eines Kommunikationssystems von Weltklasse und einer wissensgestützten europäischen Wirtschaft." Die neuen Rechtsvorschriften werden: - die Regulierung abbauen, sobald auf bestimmten Märkten ein wirksamer Wettbewerb entsteht. Die Vorabregulierung wird sich auf Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht in einer begrenzten Zahl spezieller Märkte beschränken. - die Regeln für den Marktzugang vereinfachen und den Wettbewerb ankurbeln. Einzelgenehmigungen werden durch Allgemeingenehmigungen für die Erbringung von Diensten ersetzt. - den Binnenmarkt durch tief greifende europäische Koordinierungsverfahren stärken. Die Regulatoren werden einander und die Kommission vor nationalen Entscheidungen konsultieren müssen, die sich auf Nutzer oder Betreiber in anderen Mitgliedstaaten auswirken könnten. Die Kommission erhält die Befugnis, von einem Regulator die Aufhebung einer Entscheidung zu verlangen, wenn diese den Binnenmarkt behindert. - gewährleisten, dass in den nationalen Rechtssystemen Einspruchsmöglichkeiten gegen Entscheidungen der nationalen Regulierungsbehörden vorgesehen sind. Die nationalen Rechtssysteme müssen es zulassen, dass die speziellen Gegebenheiten des Einzelfalls berücksichtigt werden. - die Universaldienstverpflichtungen beibehalten, um eine Ausgrenzung aus der Informationsgesellschaft und die Entstehung einer "digitalen Kluft" zu vermeiden. - einen gemeinschaftlichen konzeptuellen Rahmen für die Koordinierung der Frequenzpolitik und einen Rechtsrahmen zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen bezüglich der Verfügbarkeit und der effizienten Nutzung des Funkfrequenzspektrums schaffen. - den Regulierungsbehörden Werkzeuge an die Hand geben, mit denen sie - in einem festgelegten Rahmen von Zielen und Abhilfemaßnahmen - mit der technologischen Entwicklung und den Veränderungen auf dem Markt Schritt halten können. So ist sichergestellt, dass sie eine breite Palette von Fragen des Zugangs und der Preisgestaltung behandeln können, von Preisen für das internationale Roaming mit Mobiltelefonen bis zum Zugang zu Netzen. - europäische Normen für das interaktive Digitalfernsehen fördern. Die Mitgliedstaaten werden die Verwendung europäischer Normen für die verbesserten Decoder (Set-Top-Boxen) oder integrierten Digitalfernsehempfänger unterstützen, die die Verbraucher benötigen, um die neuen interaktiven Fernsehdienste nutzen zu können; Die Annahme des Telekom-Reformpakets bis Ende 2001 war eines der Ziele des Europäischen Rates von Lissabon im März 2000, um klarere Rechtsvorschriften in diesem entscheidenden Bereich zu schaffen und so den Weg für eine digitale, wissensbasierte Gesellschaft zu ebnen. Mit dieser Entscheidung wird auch der "Schwung" der Reform beibehalten, die ihren Anfang durch den Aktionsplan eEurope, der von den Staats- und Regierungschefs im Juni 2000 verabschiedet wurde, genommen hat und die die Vorteile der Informationsgesellschaft allen Europäern zugute kommen lassen möchte. Die getroffene Vereinbarung umfasst vier Richtlinien (eine Rahmenrichtlinie und drei spezifische Richtlinien über Genehmigungen, Zugang und Zusammenschaltung, Universaldienst und Nutzerrechte) sowie eine Entscheidung über die Frequenzpolitik der Gemeinschaft. Die fünfte Richtlinie im von der Kommission ursprünglich vorgeschlagenen Paket, eine Richtlinie über den Datenschutz, hat sich verfahrenstechnisch etwas verzögert. Doch könnte das Datum der Anwendung dieser Richtlinie immer noch mit dem des restlichen Pakets in Einklang gebracht werden, wenn das Europäische Parlament und der Rat innerhalb der nächsten Monate eine Einigung über einen gemeinsamen Text erzielen.