Diagnose chronischer Krankheiten am Auge
Die Diagnose wichtiger chronischer Krankheiten wie Diabetes, vaskulärer Demenz, Bluthochdruck und koronarer Herzkrankheit könnte durch computergestützte Bildgebung präzisiert werden. Dabei wird in der Netzhaut des Auges nach Veränderungen in den Blutgefäßen gesucht, was die Diagnostik revolutionieren könnte. Allerdings sind hierfür noch zu wenige Fachspezialisten gleichzeitig mit klinischer Expertise, computergestützter Bildgebung und mathematischen Modellen vertraut. So finanzierte die EU unter dem Projekt REVAMMAD(öffnet in neuem Fenster) mit 3,8 Mio. EUR die interdisziplinäre Ausbildung einer neuen Forschergeneration, die klinisches Fachwissen mit Computerimaging-Expertise kombiniert, um Messungen und Diagnostik in diesem wichtigen medizinischen Bereich zu verbessern. Bei vielen chronischen Krankheiten kommt es auch zu Veränderungen im Gefäßsystem bzw. der Organisation der Blutgefäße. Die Darstellung und Messung von Blutgefäßen der Netzhaut während Sehtests beim Augenarzt könnte nun die Diagnostik zahlreicher Krankheiten entscheidend verbessern, sogar bei Leiden, die nicht das Auge selbst betreffen. Netzhaut und Bindehaut sind "die einzigen beiden Bereiche im Körper, wo Blutgefäße direkt und ohne invasive Methoden sichtbar sind", sagt Projektkoordinator Andrew Hunter, Prorektor für Forschung und Innovation an der Lincoln University, Vereinigtes Königreich. Hierfür müssen jedoch drei Fachgebiete zusammengeführt werden: Informatik, speziell die Computeranalyse von Bildern, mathematische Modelle des Blutflusses in den Gefäßen und deren Bewegung sowie klinische Analysen von Blutgefäßen und wie sie sich bei chronischen Krankheiten verändern, erklärt Prof. Hunter, Experte für computergestützte Sehhilfen und maschinelles Lernen. Kompetenz kombinieren An dem mehr als vier Jahre laufenden Projekt REVAMMAD waren 13 Forschern beteiligt. "Es war ein sehr umfangreiches Programm in der interdisziplinären Zusammenarbeit", sagt Prof Hunter, das u.a. Workshops, gemeinsame Ausbildung und Schulungen sowie mehrmonatige Praktika bei anderen Konsortiumpartnern in Deutschland, Dänemark, Italien, Griechenland, Frankreich oder dem Vereinigten Königreich umfasste. Einige Forscher entwickelten Modellmethoden und Modelle anhand von Messdaten der Blutgefäße, die die Informatiker zur Verfügung gestellt hatten. Diese verbesserten gleichzeitig Techniken zur korrekten Lokalisierung und Messung der Blutgefäße mittels Computer-Bildgebung und mathematischen Modellen, die andere Forscher entwickelt hatten. Weiterhin arbeitete das Team an der klinischen Diagnostik mittels computergestützter Bildanalyse. Das interdisziplinäre Projekt entwickelte Algorithmen für eine höhere Auflösung von Netzhautbildern und 3D-Modellen, die Bilder der gleichen Stelle zu verschiedenen Zeitpunkten vergleichen. Damit konnten Aufnahmen von Nerven in der Hornhaut und Algorithmen für die Segmentierung von Bildern der Bindehautgefäße deutlich verbessert werden, was die Bildanalyse insgesamt vereinfachte. Neue Modelle und Bildgebungsdatenbanken Bei Diabetes versteift sich die Struktur der Gefäßwände, was im fortgeschrittenen Stadium zu Rupturen, Blutungen und Mikroaneurysmen führen kann, die wiederum im Frühstadium diabetischer Retinopathie auftreten. Das Team entwickelte neue Modelle zur Erkennung messbarer Veränderungen in den Netzhautgefäßen, die durch krankhaft hohen Blutzuckerspiegel bei Diabetes verursacht werden - einer häufigen Ursache für Sehverlust. Das Projekt richtete auch ein Data-Warehouse mit Datensätzen und Berechnungen zur Verwaltung der Netzhautbilder ein. Mit den Bilddatenbanken lassen sich dann Form und Tortuosität (Windung der Gefäße) mit einer im Projekt entwickelten speziellen Software analysieren. Ein weiteres Projektergebnis ist eine Datenbank zum Abgleich von Hornhautbildern, mit denen Klinikärzte dann den Krankheitsfortschritt ermitteln können.
Schlüsselbegriffe
REVAMMAD, Ausbildung, Gesundheit, Computer-Imaging, mathematische Modelle, Medizintechnik, Gesundheitswesen