Grünes Licht für Software-Patente, Gemeinschaftspatent gebremst
Am zweiten Tag des EU-Wettbewerbsrat, dem 18. Mai, bewilligten die Minister Änderungen an der Richtlinie über Softwarepatente, die den Weg für eine umfassende Patentierung von Software in Europa ebnen. Dieselben Minister konnten sich hingegen nicht über ein EU-weites Patent einigen, das weithin als Schlüsselelement für die Ankurbelung der Wettbewerbsfähigkeit Europas angesehen wird. In einer Erklärung vermerkt der Europäische Rat: "Die notwendige Einstimmigkeit zur Unterstützung des Kompromissvorschlags der Präsidentschaft über eine Verordnung des Rates über das Gemeinschaftspatent konnte nicht gefunden werden." Es scheint, dass Deutschland, Frankreich, Spanien und Portugal gegen den Kompromiss der irischen Präsidentschaft gestimmt und Italien sich enthalten hat. Für ein weiteres Vorgehen war die Einstimmigkeit Voraussetzung. Nun muss die Europäische Kommission über den Entwurf eines neuen Vorschlags entscheiden. Der Vorschlag strebt die Reduzierung der am Patentierungsprozess beteiligten Kosten und die Vereinigung der verschiedenen europäischen Patentgesetze in einem einzigen System an. Allerdings machten die unterschiedlichen Ansichten über die Anzahl der Sprachen, in die die Patente übersetzt werden sollten, das Erreichen eines Konsens über die vorgeschlagene Richtlinie unmöglich. "Das ist wirklich sehr enttäuschend angesichts der enormen, jahrelangen Bemühungen" berichtet Mary Harney, die irische Ministerin für Handel und Unternehmen, der Irish Times. Die Niederlande, welche die EU-Präsidentschaft im Juli übernehmen, haben bereits angekündigt, dass sie nicht versuchen werden, die Verhandlungen über dieses Thema wieder aufzunehmen. Was die vorgeschlagene Richtlinie über computerimplementierte Erfindungen angeht so ermöglicht die getroffene Vereinbarung die Patentierung der Software, die Teil des zu patentierenden mechanischen Geräts bildet. Hierdurch wird eine Verschiebung zum US-amerikanischen System hin umgangen, das die Patentierung von Geschäftsmethoden oder Computerprogrammen zulässt. Dieser Punkt ist sehr umstritten gewesen. Die Gegner von Softwarepatenten argumentierten, die vorgeschlagene Regelung würde die Innovation in kleinen Unternehmen unterdrücken und die Forschung einschränken. Große Firmen hingegen wie beispielsweise Nokia, Alcatel, Philips und Siemens führten an, dass ihre Investitionen in die Forschung und Entwicklung (F&E) ohne garantierten Patentschutz verschwendet wären. Nachdem sich Softwareentwickler, Computerwissenschaftler und kleine Unternehmen beklagt hatten, dass durch die vorgeschlagenen Maßnahmen die Softwarepatente von großen Unternehmen beherrscht würden, nahm das Europäische Parlament Änderungen an dem Vorschlag vor. Die Mehrzahl der Änderungen behandelte die Beibehaltung des Status quo und das Umgehen von Softwarepatenten. Die Abstimmung des Europäischen Rats hebt jedoch einige dieser Änderungen wieder auf. "Der genehmigte Text ist nah an dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission", sagte eine Sprecher des britischen Wirtschaftsministeriums (DTI). Der für Binnenmarkt zuständige EU-Kommissar Frits Bolkestein sagte, dass die Version des Parlaments "über das hinausgeht, was für eine ausgewogene Regelung erforderlich ist, die sowohl die Honorierung der Erfinderleistung sicherstellt als auch anderen Wettbewerbern die Nutzung der Erfindungen ermöglicht. Letztlich könnte sie sogar die Wettbewerbsfähigkeit der EU beeinträchtigen." Das Gesetz "soll Innovationen fördern, indem es dafür sorgt, dass diejenigen, die in die Entwicklung wirklich neuer, auf computerimplementierte Technologien gestützte Produkte investieren, dafür ebenso wie die Erfinder anderer Produkte eine angemessene Vergütung erhalten" heißt es in einer Erklärung der Europäischen Kommission. Der Gesetzesentwurf wird nun an das Europäische Parlament zur erneuten Abstimmung noch in diesem Jahr zurückgehen. Während der Lesung können keine neuen Änderungen hinzugefügt, jedoch zuvor eingeführte Änderungen rückgängig gemacht werden. Die Abstimmung des Rats aufzuheben wird wahrscheinlich schwierig sein.