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Forschungsergebnisse zeigen, wie und warum die Zahl der Fahrzeugkollisionen mit Tieren in Europa abnehmen muss

In zwei unterschiedlichen, von spanischen und deutschen Forschern durchgeführten Studien wird die Notwendigkeit einer Strategie zur Senkung der Zahl der Wildschäden auf Europas Straßen betont sowie ein Modell vorgestellt, das zur Steuerung dieser Strategie verwendet werden kön...

In zwei unterschiedlichen, von spanischen und deutschen Forschern durchgeführten Studien wird die Notwendigkeit einer Strategie zur Senkung der Zahl der Wildschäden auf Europas Straßen betont sowie ein Modell vorgestellt, das zur Steuerung dieser Strategie verwendet werden könnte. Forscher der Universität Madrid haben unter der Leitung von Juan E. Malo erfolgreich Modelle entwickeln können, mit denen die besten Stellen für Vorbeugungsmaßnahmen, wie z.B. Zäune oder Unterführungen, bestimmt werden können und die so zum Überleben des Wildes sowie zur Straßensicherheit beitragen. Die Studie wurde in der spanischen Provinz Soria durchgeführt und konzentrierte sich auf Straßen und spezifische Stellen, an denen es schon häufiger zu Kollisionen zwischen Fahrzeugen und Tieren kam. Dabei wurde eine Datenbank mit Aufzeichnungen über derartige Unfälle eingesetzt, um sowohl Straßenabschnitte von einem Kilometer (km) Länge mit einer hohen Kollisionsrate als auch bestimmte Kollisionspunkte im Straßennetz in der Größe von 0,1 km zu finden. Dr. Malo et al. setzte anschließend die Methode der logistischen Regression ein, um die Beziehung zwischen der Kollisionshäufigkeit und den lokalen Standortmerkmalen zu untersuchen. "Die Zahl der Kollisionen mit großen Säugetieren nimmt in den Industriestaaten zu und liegt möglicherweise in der Größenordnung von mehreren Millionen im Jahr weltweit", so der Text der Forschungsarbeit "Can we mitigate animal-vehicle accidents using predictive models?", die im Journal of Applied Ecology veröffentlicht wurde. Fahrzeugkollisionen mit großen Säugetieren führen nicht nur in den meisten Fällen zum Tod des Säugetiers, sondern auch zu Personenschäden und erheblichen Kosten. US-amerikanische Forscher schätzen, dass Fahrzeugkollisionen mit großen Säugetieren Kosten in Höhe von über 1.500 US$ (1.247 Euro) pro Kollision verursachen. Nach ihren Ergebnissen führen etwa vier Prozent der Kollisionen mit mittelgroßen Tieren wie z.B. Hochwild zu Personenschäden, während bei 14 bis 18 Prozent der Unfälle mit größeren Säugetieren wie z.B. Elchen Menschen zu Schaden kommen. In der spanischen Provinz Soria waren in über 98 Prozent der registrierten Unfälle drei Arten betroffen: Rehe, Rotwild und Wildschweine. Es wurden zudem einige Unfälle mit Füchsen, Dachsen, Hasen und Wildkatzen verzeichnet. Diese und andere Tiere leben in zahlreichen weiteren Regionen Europas, so dass die Forscher der Ansicht sind, dass ihre Forschungsarbeit genutzt werden kann, um die Zahl der Kollisionen auch in Gebieten außerhalb Spaniens zu verringern. Es wurden bereits zahlreiche Maßnahmen eingeleitet, um Verkehrsunfälle mit Tierbeteiligung zu verringern, einschließlich Zäunen, Spiegeln, Über- und Unterführungen, Straßenschildern und Pfeifen. Keine einzige Methode hat sich jedoch als wirklich effektiv erwiesen. Die Installation physischer Strukturen an langen Straßenabschnitten würde hohe Kosten verursachen, weniger kostenintensive Maßnahmen haben sich bei langen Streckenabschnitten als unwirksam herausgestellt. "Modelle, bei denen die wahrscheinlichsten Kollisionspunkte vorausgesagt werden, können von praktischem Nutzen sein", vermutet daher Dr. Malo et al. Dies ist die erste Studie, bei der sowohl Straßenabschnitte als auch einzelne Punkte analysiert werden. Es handelt sich erst um die zweite Modellierungsstudie zur Vorbeugung von Fahrzeugkollisionen mit Tieren, die in Europa durchgeführt wird. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass Straßenabschnitte mit hohen Kollisionsraten sich oft in dicht bewaldetem Gebiet ohne große Anbauflächen befinden, wo die Zahl der Gebäude gering ist und eine große Lebensraumvielfalt herrscht. Mit einem vom Team entwickelten Modell konnte ein beachtlicher Voraussageerfolg bei der Prüfung erzielt werden, als 70 Prozent der Straßenabschnitte korrekt klassifiziert wurden. Bei spezifischen Kollisionspunkten gibt es laut Ergebnissen typischerweise keine Leitplanken oder seitlichen Eindämmungen, außerdem befinden sich keine Unterführungen oder Querstraßen in der Nähe. Hecken oder Waldland liegen oft dicht an der Straße. Das von den Forschern für diese spezifischen Kollisionspunkte erarbeitete Voraussagemodell stellte sich sogar als noch erfolgreicher heraus, da bei der Prüfung 85,1 Prozent der Kollisionspunkte korrekt vorausgesagt wurden. "Die Ergebnisse aus den zwei Analysesätzen in dieser Studie könnten bei der Ausarbeitung von Vorbeugungsmaßnahmen in zwei komplementären Raumeinteilungen, dem Straßenabschnitt und dem spezifischen Kollisionspunkt, hilfreich sein", schloss Dr. Malo et al. "Der Einsatz von Modellen auf Ebene eines Landschaftsraums führt dazu, dass Investitionen in Vorbeugungsmaßnahmen sich auf die Gebiete konzentrieren, wo diese am effektivsten sein könnten", so der Bericht. Der Einsatz des Modells zur Voraussage spezifischer Kollisionspunkte könnte ähnliche Ergebnisse bringen. Die Autoren schlagen für diese Gebiete den kombinierten Einsatz von Böschungen, Zäunen, Leitplanken und Vegetation am Straßenrand vor, um die Bewegung der Tiere zu lenken und so die Zahl der Kollisionen zu verringern. Die Ergebnisse werden voraussichtlich für viele Leute von Interesse sein, einschließlich Straßenplanern und -nutzern. Vermutlich werden sie auch von Naturschützern begrüßt, insbesondere denjenigen, die mit bedrohten Tierarten arbeiten. Zu den besonders stark durch Verkehrsunfälle gefährdeten bedrohten Tierarten zählt der eurasische Luchs. Eine Forschergruppe unter der Leitung von Stephanie Kramer-Schadt vom Umweltforschungszentrum (UFZ) Leipzig, Deutschland, die Mitglieder aus Spanien und der Schweiz umfasst, hat ein Modell zur Bewertung der Wahrscheinlichkeit entwickelt, mit der sich der Luchs zwischen geeigneten Stellen in Deutschland bewegen würde, wenn es zu einer Wiederansiedlung käme. "[B]ei Zugrundelegung realistischer Werte für das Straßenmortalitätsrisiko würden die meisten Bereiche mit Ausnahme der deutsch-tschechischen Grenze isoliert werden. Demzufolge wird die Konnektivität der Landbereiche nicht so sehr durch die Verteilung des verstreuten Lebensraums eingeschränkt sondern durch die hohe Mortalität der wandernden Luchse. Entsprechend sollte man nicht nur die Wiederherstellung des Lebensraums untersuchen, sondern versuchen, die Straßenmortalität zu senken", schlussfolgerte das Team. In besiedelten Gebieten sind Tierpopulationen normalerweise klein und isoliert. Um zu überleben, müssen die Tiere in der Lage sein, andere Populationen zu erreichen. Straßen sind für diese Tiere vermutlich unvermeidbar, so dass einer der Projektschwerpunkte auf der Frage lag, wie der Einfluss von Straßen auf die Luchsmortalität minimiert werden kann. Die Abhandlung "Fragmented landscapes, road mortality and patch connectivity: modelling influences on the dispersal of Eurasian lynx" wurde ebenfalls im Journal of Applied Ecology veröffentlicht. Das Verkehrssystem stellt laut Studie die größte Barriere bei der Wiederansiedlung des eurasischen Luchses dar, da es einzelne Bereiche, die für den Luchs geeignet wären, voneinander abschneidet. "Somit gibt es klare Handlungsvorgaben für den Umgang mit der Wiederansiedlung von Luchsen in Deutschland", schloss Dr. Kramer-Schadt et al.

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