Descartes-Preisträger fordern dringend, die Wissenschaft für das Leben der Menschen relevant zu machen
Bei unserem Versuch, die Wissenschaft effizient der allgemeinen Öffentlichkeit zu vermitteln, müssen wir die Wissenschaft einfach, aber nicht einfacher machen, so lautet die Aussage der Gewinner des neuen Descartes-Preises für Vermittlung von Wissenschaft. Wissenschaftler müssen sich des Unterschieds zwischen Einfachheit und Zugänglichkeit bewusst sein, so erklärten die fünf Preisträger und betonten, dass die Wissenschaft komplizierte Sachverhalte durch eine vertraute Sprache vermitteln sollte. Der Descartes-Preis für Science Communication (Wissenschaftsvermittlung) wurde erstmals am 2. Dezember in Prag verliehen. Der mit 250.000 Euro dotierte Preis ging in drei Kategorien an fünf Preisträger aus den Bereichen Wissenschaft und Medien. Die zwei Gewinner in der Kategorie "Professional scientists engaged in science communication to the public" waren Professor Wolfgang Heckl aus Deutschland für seine Fähigkeit, das schwierige Thema der Nanotechnologie auf unterhaltsame Art und Weise zu vermitteln, und der britische Zoologe und Filmautor Sir David Attenborough für seine Pionierarbeiten beim Filmen von wild lebenden Tieren. Zwei weitere Preise wurden in der Kategorie "Innovative action for science communication" verliehen, nämlich an den ungarischen Molekularbiologen Peter Csermely für ein Projekt, Schüler in wissenschaftliche Projekte zu integrieren, und an den belgischen Werkstoffwissenschaftler Ignaas Verpoest für seine Wanderausstellung "Composites on Tour". Der französische Fernsehjournalist Vincent Lamy wurde in der Kategorie "Scientific TV/Radio Programme" für seine TV-Dokumentation über getarnte Insekten (Face aux phasmes) ausgezeichnet. Sir David Attenborough erklärte: "Da die gesamte Gesellschaft auf der Wissenschaft gründet und da wir in einer demokratischen Gesellschaft leben, ist es wichtig, das jeder ein Verständnis für die Wissenschaft hat." "Innovation braucht Kommunikation", sagte Professor Heckl. "Wissenschaft ist eine vereinende Kultur in Europa. Bildung und Wissenschaft müssen oberste Priorität haben. Wissenschaftliche Bildung ist die Antwort auf viele Probleme, denen wir uns heute gegenüber sehen. Aber Wissenschaft hat nur einen Wert, wenn sie dem Wohle der Gesellschaft dient, und dies ist nur möglich, wenn wir hier einen Dialog mit den Bürgern Europas integrieren." Bezüglich der Schwierigkeit, der Öffentlichkeit die Risiken der Nanotechnologien zu vermitteln, betonte Professor Heckl die Notwendigkeit, dass Wissenschaftler proaktiv sein und im Dialog Risiken und Chancen erklären müssen: "Die Gesellschaft kann nur Entscheidungen treffen, wenn sie informiert ist. Wissen darf sich nicht nur in den Händen von Firmen befinden, die von den Nanotechnologien profitieren, das Wissen sollte in den Händen aller sein." Und er fuhr fort: "Wir müssen ehrlich sein und der Öffentlichkeit sagen, wenn wir manche Dinge nicht wissen. Wir dürfen nicht vergessen, dass es nicht die Wissenschaft des Wissenschaftlers, sondern die Wissenschaft der Gesellschaft ist." Alle fünf Preisträger waren sich einig, dass es wichtig ist, den wissenschaftlichen Prozess und nicht nur die Ergebnisse darzustellen, um die Wissenschaft zugänglicher zu machen. Professor Heckl erläuterte seine Methode, Wissenschaft zu vermitteln: "Einfach beginnen, aufbauen und vor allem die jeweilige Zuhörerschaft beachten und das Thema für deren Leben relevant machen." Die anderen Preisträger schlossen sich dem an und unterstrichen die Bedeutung der Beteiligung der Öffentlichkeit durch einen persönlicheren Ansatz, durch Geschichten und durch eine disziplinenübergreifende Methode zur Vermittlung wissenschaftlicher Sachverhalte. "Bisher haben wir bei der Vermittlung wissenschaftlicher Sachverhalte ganz schlechte Arbeit geleistet", meinte Sir David Attenborough. "Die diesbezüglich herrschende Ignoranz ist furchtbar und weit verbreitet. Die Herausforderung besteht darin zu versuchen, Menschen, die mit der Wissenschaft nicht vertraut sind, die komplexen Probleme, mit denen wir arbeiten, verständlich zu machen. Wir tragen eine große Verantwortung, insbesondere, wenn man bedenkt, mit welcher Geschwindigkeit Wissenschaftler Fortschritte in der Wissenschaft erzielen. Dies ist eine anspruchsvolle Verantwortung und eine wichtige Aufgabe, der wir uns stellen müssen." Nach den Worten von Professor Howard Trevor Jacobs, Teamgewinner des Descartes-Preises für herausragende grenzüberschreitende Forschung, muss die EU eine langfristige Strategie entwickeln, damit Politiker Entscheidungen treffen können, die von der Öffentlichkeit mitgetragen werden. Die schon frühe Bildung von Kindern ist für den demokratischen Prozess nach Ansicht von Professor Jacobs ganz wichtig: "Wissen bedeutet, dass die Öffentlichkeit hinter den Politikern steht, wenn diese Entscheidungen über Wissenschaft und Forschung treffen, weil sie weiß, worum es geht." In seiner Dankesrede erklärte Professor Verpoest: "Ich bin sehr froh, dass die Europäische Kommission diesen Descartes-Preis für Science Communication ins Leben gerufen hat, und ich hoffe, dass dies alle Wissenschaftler aus allen Altersklassen unterstützen und motivieren wird, ihre Aufgabe nicht zu vergessen, nämlich die Kommunikation mit der Öffentlichkeit über ihre Wissenschaft." Professor Csermely schloss mit den Worten: "Science Communication ist keine Mission, sondern eine Notwendigkeit, ein sich selbst entwickelnder Prozess für Wissenschaftler."