Im Rahmen von IP soll Tool zur Folgenabschätzung von Raumnutzungspolitiken in den Regionen Europas entwickelt werden
Wenn die Behörden in den slowenischen Alpen eine konzertierte Anstrengung unternehmen würden, um mehr Touristen in die Region zu locken, welche Auswirkungen hätte dies auf die nahegelegenen österreichischen Alpen, und zwar nicht nur in Bezug auf den Tourismus, sondern auch hinsichtlich der Wirtschaft, des Landwirtschaftssektors und der ländlichen Bevölkerung in dieser Region? Um eine solche Frage auch nur annähernd exakt beantworten zu können, wären detaillierte Daten aus verschiedenen Sektoren in beiden Regionen sowie ein Verständnis der komplexen Interaktionen, die zu den zu bewertenden primären und sekundären Auswirkungen führen, erforderlich. Und genau diese Herausforderung möchten die Teilnehmer eines neuen von der EU finanzierten Integrierten Projekts (IP) meistern, im Rahmen dessen regionalen politischen Entscheidungsträgern in Europa ein Hilfsmittel an die Hand gegeben werden soll, um die Auswirkungen verschiedener Raumnutzungspolitiken auf die Nachhaltigkeit zu bewerten. Das IP SENSOR wird unter dem Teilbereich 'Globale Veränderungen und Ökosysteme' des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) finanziert und umfasst 33 Partner aus 15 Ländern. Koordiniert wird das Projekt vom Zentrum für Agrarlandschafts- und Landnutzungsforschung der Leibniz Gemeinschaft. CORDIS News sprach mit Projektkoordinatorin Katharina Helming vom Leibniz-Zentrum, um mehr über die dem Konsortium bevorstehende Herausforderung zu erfahren. 'Als erstes müssen Politiken, wie z.B. die Gemeinsame Agrarpolitik [GAP], die Wasserrahmenrichtlinie und sonstige Agrarpolitiken in Raumnutzungsszenarien umgewandelt werden, was wir mithilfe einer Reihe von makroökonomischen Modellen sowie sektorspezifischen Modellen für Landwirtschaft, Tourismus, Forstwirtschaft, Naturschutz und Verkehrsenergie bewerkstelligen werden', erklärt Dr. Helming. Dieser Prozess der Datensammlung und Modellanalyse ist jedoch nur ein Aspekt - die SENSOR-Projektpartner werden die europäischen Regionen auch direkt besuchen, um die Meinung von Akteuren zu der Frage einzuholen, wie sich Raumnutzungspolitiken auf die Nachhaltigkeit auswirken. 'Der Schlüssel liegt in der Kombination aus Modellen und Daten auf der einen Seite und der Konsultation der beteiligten Akteure auf der anderen Seite', erklärte Dr. Helming, die versicherte, dass das Projekt sowohl einen Top-Down- als auch einen Bottom-Up-Ansatz verfolge. Im Anschluss an den Datensammlungsprozess wird das Team ein Tool zur Bewertung der Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit (SIAT) entwickeln, das regionale Behörden auf geplante Politiken anwenden können, sowie ein Datenmanagementsystem, das hilft, die Modelle, auf denen das SIAT basiert, stets auf dem neuesten Stand zu halten. Für komplexere Bewertungen ist möglicherweise die Befragung von Experten notwendig, aber politische Entscheidungsträger sollten das System unabhängig anwenden können, um sich mit grundlegenderen Fragen zu befassen. Ein Hauptelement des Projekts ist die besondere Konzentration auf die neuen Mitgliedstaaten, in denen derzeit eine landwirtschaftliche Raumnutzung vorherrscht, in denen jedoch voraussichtlich große Veränderungen bevorstehen. 'Der Schwerpunkt des Konsortiums liegt östlicher als in den meisten anderen Fällen, viele Partner kommen aus den neuen Mitgliedstaaten', erklärt Dr. Helming. 'Dies ist wichtig, wenn wir die dringlichsten Herausforderungen berücksichtigen wollen und nicht nur die Probleme von einigen wenigen, die sich in einer glücklicheren Lage befinden.' Auf die Bitte, die Unterschiede zwischen dem SENSOR-Projekt und einer anderen kürzlich von der EU ins Leben gerufenen Initiative zur Folgenabschätzung im Umweltbereich - SEAMLESS - zu erklären, antwortete Dr. Helming: 'SEAMLESS ist ein Schwesterprojekt und konzentriert sich allein auf die Landwirtschaft, wohingegen das SENSOR-Projekt fünf Sektoren abdeckt. Darüber hinaus betrachten wir lediglich die regionalen Auswirkungen, während es beim SEAMLESS-Projekt auch um lokale sowie globale Aspekte geht.' Eine der zentralen Herausforderungen für die Projektpartner liegt in der Entschlüsselung und Charakterisierung der Wechselbeziehungen zwischen den verschiedenen sektorspezifischen Problemen, mit denen sie sich befassen möchten. 'Dies erfordert multidisziplinäre Interaktion innerhalb des Projekts, was nicht immer ganz einfach ist', räumt Dr. Helming ein. Der Erfolg des gesamten Projekts wird von der engen Interaktion mit den Endnutzern abhängen, in diesem Fall mit den politischen Entscheidungsträgern, die das Bewertungstool einsetzen werden. Das Team hofft, innerhalb von 18 Monaten einen Prototypen entwickeln zu können und nach der vierjährigen Projektlaufzeit ein Endprodukt entwickelt zu haben. In jeder Phase des Projekts wird Feedback von den Nutzern angefordert. 'Der wissenschaftliche Erfolg wird anhand von Peer Reviews, Veröffentlichungen, Konferenzen usw. gemessen werden. Da jedoch die meisten Teilnehmer aus dem wissenschaftlichen Bereich stammen, haben wir eine genauere Vorstellung davon, welche wissenschaftlichen Herausforderungen uns erwarten', glaubt Dr. Helming. Einer der Gründe, aus denen Dr. Helming an den Erfolg des Projekts glaubt, ist die Tatsache, dass es darauf ausgerichtet ist, die Auswirkungen von ökonomischen und sozialen Faktoren auf die Nachhaltigkeit zu bewerten und nicht umgekehrt, wie es in den meisten vorausgehenden Projekten dieser Art der Fall war. 'Es ist einfach realistischer, so anzusetzen, da die Wirtschaft normalerweise der alles bestimmende Faktor und Motor ist', schließt Dr. Helming.