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Inhalt archiviert am 2023-03-01

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Nikotinsucht ist in den Genen verankert

Forscher am französischen Pasteur-Institut, das dem nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung (CNRS) angegliedert ist, haben herausgefunden, wo und wie sich Nikotinabhängigkeit in Mäusen entwickelt, berichtet das Wissenschaftsmagazin Nature. Der Geist war willig, ab...

Forscher am französischen Pasteur-Institut, das dem nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung (CNRS) angegliedert ist, haben herausgefunden, wo und wie sich Nikotinabhängigkeit in Mäusen entwickelt, berichtet das Wissenschaftsmagazin Nature. Der Geist war willig, aber das Fleisch war schwach - das galt bisher als eines der größten Hindernisse bei dem Versuch, sich das Rauchen abzugewöhnen. Jetzt sieht es allerdings so aus, als sei Nikotinabhängigkeit zumindest teilweise in unseren Genen angelegt. Abhängigkeit wird mit der Expression eines Rezeptormoleküls für Nikotin in Verbindung gebracht, das auch die kognitiven Fähigkeiten eines Menschen beeinflusst. Frühere Forschung hat gezeigt, dass Nikotin im Gehirn mit nikotinischen Acetylcholin-Rezeptoren (nAChRs) interagiert. Wie genau diese Interaktion zu einer chemischen Abhängigkeit führt, blieb allerdings unklar. Jetzt ist es den Forschern am Pasteur-Institut jedoch gelungen, einen bestimmten Bereich auf einem nAChR zu identifizieren, der bei der Entwicklung der Nikotinabhängigkeit eine wesentliche Rolle spielt. Auch konnten die Wissenschaftler zum ersten Mal anatomische und molekulare Verbindungen zwischen Nikotinabhängigkeit und kognitiven Fähigkeiten nachweisen. Sind die subtilen Mechanismen des Nikotins erst einmal entschlüsselt, sollte die Entwicklung von Instrumenten, mit denen die Abhängigkeit bekämpft werden kann, leichter fallen. Tabak ist die größte vermeidbare Todesursache in der Europäischen Union. Er fordert mehr als eine halbe Million Todesopfer jährlich und mehr als eine Million europaweit. Schätzungen zufolge stehen 25 Prozent aller Krebstode und bis zu 15 Prozent aller Todesfälle in der EU mit Rauchen in Verbindung. Zur Eindämmung dieser Epidemie entwickelt die Europäische Gemeinschaft aktiv eine umfassende Tabakkontrollpolitik. So wurde am 1. März 2005 eine neue, auf vier Jahre angelegte Anti-Rauch-Kampagne gestartet, die 72 Millionen Euro kostet und vor allem jungen Menschen, Nichtrauchern und denen, die das Rauchen aufgeben möchten, helfen soll, ein tabakfreies Leben zu führen. Es ist daher eine der größten Herausforderungen des öffentlichen Gesundheitswesens, Wege zu finden, die Abhängigkeit von vornherein zu vermeiden. Das Team um Uwe Maskos am Pasteur-Institut/CNRS, Abteilung Rezeptoren und Kognition, hat in Zusammenarbeit mit drei französischen neurowissenschaftlichen Laboratorien gezeigt, dass Nikotinabhängigkeit in Mäusen mit der Expression eines bestimmten Moleküls in Verbindung steht, der beta2-Untereinheit des Nikotinrezeptors, und zwar in einem ganz bestimmten Hirnareal, der sog. Area tegmentalis ventralis (VTA). Dazu verwendeten die Forscher ein Mausmodell, dem die Expression dieser beta2-Untereinheit fehlt. Diese Tiere nahmen nicht selbständig Nikotin zu sich und wurden deshalb auch nicht von dem Nikotin, das ihnen verabreicht wurde, abhängig. Gleichzeitig wies eine Störung ihrer räumlichen Fähigkeiten darauf hin, dass ihre kognitiven Fähigkeiten ebenfalls reduziert waren. Mit hoch komplexen Virusvektoren konnten die Forscher die Expression dieser beta2-Untereinheit des Nikotinrezeptors herbeiführen und zwar in der VTA im Mittelhirn, wo sich die spezialisierten Dopamin-Neuronen der Belohnungsmechanismen befinden. Sie beobachteten, dass die so behandelten Mäuse dieselben Reflexe der Nikotineigenzufuhr zeigten, die für eine Abhängigkeit typisch sind. Anhand von umfassenden Verhaltensexperimenten zeigten die Forscher auch, dass diese Mäuse ihre normalen räumlichen Erkundungsfunktionen zurückgewannen. Diese Ergebnisse belegen, dass sowohl die Expression der beta2-Untereinheit des Rezeptors als auch das Gehirnareal, in dem die Expression stattfindet, zwei Phänomene entscheidend beeinflussen: Nikotinabhängigkeit und gewisse kognitive Fähigkeiten. Jean-Pierre Changeux und seine Kollegen in derselben Abteilung des Pasteur-Instituts erforschen schon seit Jahren die Rolle von Nikotinrezeptoren, auf die die Droge Nikotin wirkt und eine Sucht erzeugt. Die Ergebnisse ihrer jüngsten Forschung zeigen, dass der Nikotinrezeptor bei der Entwicklung der Nikotinabhängigkeit eine wesentliche Rolle spielt. Die Forscher haben nachgewiesen, dass das Nikotin in die Neuronen eindringen und dort die Bildung von Rezeptoren stimulieren kann, die eine hohe Affinität zu Nikotin haben. Ihre Über-Expression an der Zelloberfläche ist die Ursache erhöhter Nikotinempfindlichkeit. Jetzt arbeiten Wissenschaftler an der Charakterisierung bestimmter Unterkategorien von Nikotinrezeptoren, die in diesem Schlüsselbereich - der VTA - exprimiert werden, um so die Strukturen der Rezeptoren, die direkt an der Nikotinabhängigkeit beteiligt sind, genauer feststellen zu können. Wenn die Strukturen im Detail bekannt sind, sollte es möglich sein, neue pharmakologische Wirkstoffe zu suchen, die die Abhängigkeitsmechanismen unterdrücken, also die Tabakabhängigkeit bekämpfen, ohne dabei die entscheidende Funktion der beta2-Untereinheiten für die kognitiven Fähigkeiten eines Menschen zu beeinflussen.

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