Bioindustrie enttäuscht über unsicheren Standpunkt der Kommission zur Patentierung
Der Europäische Verband für Bioindustrien (European Association for Bioindustries - EuropaBio) hat sich enttäuscht darüber geäußert, dass die Europäische Kommission keinen Standpunkt zur Patentierung menschlicher DNA und menschlicher Stammzellen bezogen hat, die in der Biotechnologie-Patentrichtlinie der EU nicht geklärt wurden. Die Richtlinie 98/44 trat im Juli 2000 nach zehnjähriger Debatte zwischen den EU-Institutionen in Kraft. Im Jahr 2002 beauftragte die Kommission eine Expertengruppe mit der Klärung von zwei Themen innerhalb der Richtlinie: der Umfang von Patenten zu Sequenzen oder Teilsequenzen von Genen, die aus dem menschlichen Körper isoliert werden, und die Patentierbarkeit von menschlichen Stammzellen und von Zelllinien, die aus diesen gewonnen werden. Es wurde erwartet, dass die Kommission neue Leitlinien in ihrem zweiten Bericht zu der Richtlinie vorschlagen würde, der am 14. Juli veröffentlicht wurde. In Bezug auf DNA-Sequenzen heißt es in dem Bericht jedoch tatsächlich: "Die Kommission wird vor diesem Hintergrund weiterverfolgen, ob etwaige Unterschiede zwischen den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten wirtschaftliche Konsequenzen haben." Bei den Stammzellen unterscheidet die Kommission zwischen totipotenten Stammzellen, aus denen sich ein Mensch entwickeln kann, und pluripotenten Stammzellen, die diese Fähigkeit nicht besitzen. "In ihren Untersuchungen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass totipotente Stammzellen aus Gründen des Schutzes der Menschenwürde nicht patentierbar sein sollten. Was die Frage der Patentierbarkeit pluripotenter embryonaler Stammzellen anbetrifft, gibt es noch keine endgültigen Antworten, und es wäre zum gegenwärtigen Zeitpunkt in der Tat verfrüht, diesbezüglich eine definitive Aussage zu treffen. Die Kommission wird die Entwicklungen in diesem Bereich weiter im Auge behalten", heißt es in dem Bericht. Die EU-Mitgliedstaaten haben derzeit unterschiedliche Gesetze in Bezug auf die Patentierung menschlicher Gensequenzen. Frankreich hat die Patentierung menschlicher Gensequenzen völlig verboten, während Deutschland den Umfang des Patentschutzes für menschliche Gensequenzen auf die spezifische Verwendung beschränkt hat, die in einer Patentanmeldung enthalten ist. Andere Länder bieten absoluten Schutz für menschliche Gensequenzen, wo Möglichkeiten für die Verwendung der Sequenz für unterschiedliche Nutzungen in der Zukunft bestehen. EuropaBio ist enttäuscht, dass die Kommission keinen entschlosseneren Standpunkt zu der ungleichmäßigen Umsetzung der Richtlinie vertreten hat. "Das Hauptziel für die Einführung der Richtlinie 1988 und 1995 war die Harmonisierung des Patentrechts der EU-Mitgliedstaaten in Bezug auf biotechnologische Erfindungen und die Klärung bestimmter Aspekte in dieser Hinsicht, um die Binnenmärkte zu unterstützen", sagte Bo Hammer Jensen, Vorsitzender der Arbeitsgruppe von EuropaBio zu geistigem Eigentum. "Wir müssen feststellen, dass das tatsächliche Ergebnis eine Situation mit mehr Disharmonie denn je ist und mit der Möglichkeit, dass die vier verbleibenden Mitgliedstaaten [Italien, Luxemburg, Litauen und Lettland müssen die Richtlinie noch umsetzen] die Richtlinie auf noch unbekannte Art und Weise umsetzen können." "Patentrechte sind von äußerster Wichtigkeit in der Biotech-Industrie, insbesondere für KMU, die häufig nur diese Rechte als ihre wichtigsten Vorteile haben", sagte Hammer Jensen weiter. Die Unterschiede bei der Umsetzung der Richtlinie durch bestimmte Mitgliedstaaten und die Unsicherheiten in Bezug auf die Auslegung des Patents eines Unternehmens durch die nationalen Gerichte in diesen Mitgliedstaaten können zur Verhinderung von Investitionen in sich entwickelnde viel versprechende Forschung zu kommerziellen Produkten führen." EuropaBio ist der Ansicht, dass embryonale Stammzellenforschung erlaubt werden muss, um die Kenntnisse der Biomedizin und ihre Anwendungen im Gesundheitswesen zu erweitern.