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Inhalt archiviert am 2023-03-01

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Berichte über Schlüsseltechnologien für Europa empfehlen sechs Säulen einer Forschungsstrategie "Beyond Lisbon"

Fünfzehn Expertenberichte zu zentralen Forschungs- und Technologiebereichen für die Zukunft Europas wurden jetzt veröffentlicht und kürzlich im Rahmen einer Konferenz mit dem Titel "Key Technologies for Europe" (Schlüsseltechnologien für Europa) diskutiert. Der Abschlussberich...

Fünfzehn Expertenberichte zu zentralen Forschungs- und Technologiebereichen für die Zukunft Europas wurden jetzt veröffentlicht und kürzlich im Rahmen einer Konferenz mit dem Titel "Key Technologies for Europe" (Schlüsseltechnologien für Europa) diskutiert. Der Abschlussbericht, der von der Expertengruppe zusammengestellt wurde, blickt über das Siebte Rahmenprogramm (RP7) und die Lissabon-Agenda hinaus und spricht Empfehlungen für die künftigen Forschungsprioritäten der Europäischen Union aus. Die Konferenzteilnehmer sprachen nach der Diskussion der Schlussfolgerungen der Vorausschauberichte der Experten sechs Empfehlungen für eine Forschungsagenda aus, die über die Lissabon-Strategie hinausgeht. Der Abschlussbericht fasst in einem Dokument die detaillierten Expertenberichte der einzelnen Technologiefelder zusammen. Zu diesen Bereichen gehörten solche, die sich gerade in einer Übergangsphase befinden wie Landwirtschaft oder Energie, und neue oder konvergierende Bereiche wie Biotechnologie, kognitive Wissenschaften, Informationstechnologie (IT) und Nanotechnologie. Die von der Europäischen Kommission eingesetzte Gruppe möchte Empfehlungen für eine Forschungsstrategie erarbeiten, die schon auf ein Achtes Rahmenprogramm (RP8) und sogar darüber hinaus blickt. Die Konferenzteilnehmer bekräftigten die im Bericht vertretene Ansicht, dass Europa eine optimistischere und proaktivere Haltung gegenüber seiner Forschungspolitik einnehmen und ein Gleichgewicht zwischen den sich widersprechenden Zielen und Trends herstellen muss. So sei zum Beispiel eine Doppelstrategie erforderlich, die sowohl flexibel auf kurz- und mittelfristige Bedürfnisse reagieren als auch einen Rahmen für eine langfristige Forschungspolitik bieten kann. Ebenso müsse sich Europa mit den Schwachstellen in seinen Innovationssystemen auseinandersetzen, zum Beispiel den mangelhaften Mechanismen für den Wissenstransfer und die schlecht ausgebildete Fähigkeit zur Absorption von Innovation. Gleichzeitig müsse jedoch ein kreativer langfristiger Übergang geschaffen werden. Dies solle durch eine Differenzierung erreicht werden, die auf den eigenen Stärken basiert, anstatt auf einer Imitation der USA und Japans. Der Bericht empfiehlt weiterhin, diese langfristige Strategie in einen Aktionsplan zu übersetzen, der auf sechs Säulen ruht. Erstens müsse die EU eine globale Vision entwickeln, die auch den Bedürfnissen der neuen Akteure in den Schlüsseltechnologien Rechnung trägt und die Forschungsstrategien von benachbarten Ländern und Regionen unterstützt. Zweitens solle Europa einen Ansatz des "kreativen Systembruchs" verfolgen, der neue Sektoren identifiziert, in denen sich noch keine Forschungslücke gebildet hat, und der Investitionen in Schlüsseltechnologien als Motoren des gesellschaftlichen Wandels sieht. Dies müsse von wechselnden Forschungsstrategien ergänzt werden, die eine Umorientierung hin zur Bio-Wirtschaft und zu nachhaltigen Lebensstilen fördern sowie das Potenzial der IT nutzen. Die EU brauche eine neue langfristige Forschungsagenda mit Schwerpunkt auf Grundlagenforschung, Entwicklung von Infrastrukturen und dem Clustering multidisziplinärer Forschungsteams. Sie müsse sich mit Themen wir der Kluft zwischen Wissenschaftlern und Bürgern und den Risiken der Investition in neue Technologien befassen. Die vierte Säule basiert auf Vorschauen, die die Evolutionspfade der Schlüsseltechnologien analysieren, eine Brücke zwischen den Rahmenprogrammen schlagen und durch Technologieplattformen zu einer von unten nach oben verlaufenden Prioritätensetzung beitragen. Die Expertengruppe empfiehlt, dass Europa seinen linearen Rahmen für die Nutzung der Wissensschaffung ändert. Europa müsse den Wissenstransfer verbessern und das Potenzial der KMU ausschöpfen sowie in europäisches geistiges Eigentum investieren und es schützen. Und schließlich solle die EU in soziales Lernen investieren, die Öffentlichkeit einbeziehen und die kulturellen Aspekte thematisieren, die Investitionen in und Akzeptanz von Schlüsseltechnologien behindern. Auf der Konferenz, die am 19. und 20. September in Brüssel stattfand, begrüßte Wissenschafts- und Forschungskommissar Janez Potocnik die Empfehlungen: "Wir müssen über Lissabon hinausdenken, wir müssen langfristig denken und Entscheidungen treffen, die mit einem langfristigen Ansatz vereinbar sind." Die Konferenzteilnehmer, einschließlich der maßgeblichen Mitglieder der Expertengruppe, diskutierten den Bericht und die verschiedenen Technologiefelder umfassend. "Design" und "Kontext" kristallisierten sich als Schlüsselkonzepte heraus, die sowohl die verschiedenen Technologien als auch die systematischen Herausforderungen verbinden. Zu Beginn der Konferenz hatte Josephine Green von Philips Design in den Niederlanden darauf hingewiesen, dass sich die Wirtschaft zunehmend von Produkten und Verbrauchern weg und auf eine Koexistenz mit der Technologie zu bewegt, in der Erfahrungen, Wandel und Systeme eine wichtige Rolle spielen. Eine solche "kontextgetriebene" Wirtschaft könnte über Produktivität als Grundlage des Wohlstandes hinaus und in Richtung Nachhaltigkeit gehen. Die Arbeit der Expertengruppe zeigt, dass Produkte und Dienstleistungen verstärkt in komplexen Systemen zusammengeführt werden und dass ein Bedarf an spezifischerer Forschung in interdisziplinären Bereichen besteht wie Robotik, statistische und dynamische Modelle, Pharmakologie und Linguistik. Über die Wissensproduktion hinaus müssen die EU-Politiker auch verstehen, wie Wissen geteilt und genutzt wird - Schlagwort: Wissensverbreitung. Einige Bereiche wie Komplexitätstheorie und kognitive Wissenschaften könnten zu einem besseren Verständnis der Wissenssysteme und damit zur Schließung der Lücke zwischen Wissenschaft und Technologie beitragen. Europas Stärke liegt in seinem Potenzial für empirische Untersuchungen (linguistische, kulturelle und sozioökonomische Diversität) und in seinem Reichtum an Anwendungen, Herausforderungen und Forschungsansätzen. Gleichzeitig tauchen neue Anwendungsgebiete auf, zum Beispiel Dienstleistungen, ein Gebiet, in dem die Gesellschaft unserem institutionellen Rahmen weit voraus ist, oder Sicherheit, ein Bereich, in dem die Technologie sowohl von politischen Anreizen als auch von öffentlichen Bedenken angetrieben wird. Einer der Delegierten wies darauf hin, dass man aus einer gesellschaftlichen Perspektive von solchen neuen Feldern, ganz gleich, ob sie von neuen Anwendungen oder neuen Technologien getrieben seien, als neue "Engineering-Berufe" sprechen könne. Einige der Teilnehmer bezeichneten die nächste Phase als eine "wissensbasierte Bio-Wirtschaft" und schlussfolgerten daraus, dass stärker als in der Vergangenheit ein proaktiver Ansatz zum Dialog mit der Öffentlichkeit, der Zivilgesellschaft und den Gesetzgebern und Politikern vonnöten sei. Andere Konferenzbeiträge beschäftigten sich schwerpunktmäßig mit den Herausforderungen, denen sich Europa und die Welt gegenübersehen. Auch wenn es heute Energieeffizienztechnologie gebe, so sei es doch keineswegs sicher, dass die Technologien, die im Jahr 2040 zur Deckung des Energiebedarfs gebraucht werden, auch rechtzeitig zur Verfügung stehen. Die Redner kontrastierten den dringenden Handlungsbedarf mit den Forschungsthemen, mit denen man sich heute tatsächlich beschäftigt. Es wurde vorgeschlagen, Technologieplattformen einzurichten, die Stakeholder und politische Entscheidungsträger vereinen, um das Bewusstsein für diese Themen zu heben. Professor Emilio Fontela von der Universidad Antonio de Nebrija skizzierte am Abschlussmorgen der Konferenz bei der Präsentation seines Berichts über Vorausschauen die Entwicklung eines langfristigen Zukunftsszenarios für die nächste Technologiewelle und das, was er eine "nachhaltige Wissenswirtschaft" nannte. Die zentralen Politikthemen, so Professor Fontela, seien die Kooperation zwischen Wissenschaft und Technologie, effiziente Forschungsstrukturen und die Gestaltung sozio-technischer Systeme. Seiner Ansicht nach müssen Vorausschau und Sozialwissenschaften versuchen, Brücken zu bauen zwischen den nachfragegetriebenen Technologiefeldern (Agro-Lebensmittel, Produktion, Umwelt) und angebotsgetriebenen Feldern wie Nano- und Biotechnologie, IT und kognitive Wissenschaften. In dieser zweiten Gruppe sei die europäische und internationale Zusammenarbeit am wichtigsten. Kommissar Potocnik hatte vorher schon versprochen, dass die Empfehlungen der Expertengruppe in die Maßnahmenvorbereitung für das RP7 fließen werden, aber er betonte auch, dass die Auswirkungen des Berichts über die EU-Politikgestaltung hinaus reichen.

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