Durchbruch in der Ätiologie der Osteoporose
Forschern der Universität Bonn ist es in enger Zusammenarbeit mit Kollegen im VK, den USA, Israel und Frankreich gelungen, einen bisher unbekannten Mechanismus im Zusammenhang mit Knochenschwund, der so genannten Osteoporose, unter der weltweit viele Frauen leiden, zu entschlüsseln. Die Forscher unter der Leitung von Dr. Meliha Karsak von der Life & Brain GmbH in Bonn haben entdeckt, dass Mäuse mit einem defekten CB2-"Cannabinoidrezeptor" eine geringere Knochendichte aufweisen. "Wir kennen zwei Arten von Cannabinoidrezeptoren, CB1 und CB2", erklärt Dr. Karsak. "Der CB1-Rezeptor wird von Nervenzellen im Gehirn gebildet und ist unter anderem für die mentalen Auswirkungen von Cannabis verantwortlich. Der CB2-Rezeptor dagegen kommt nicht in Nervenzellen vor und war bislang unbekannt." In Zusammenarbeit mit Forscherteams aus dem VK und aus Israel haben Dr. Karsak und ihre Kollegen herausgefunden, dass die Mäuse ihre stabilisierenden Trabekeln (Gewebegerüst) verlieren, wenn das CB2-Gen ausgeschaltet wird, und dass die Anzahl der Osteoklasten, d. h. Zellen, die Knochensubstanz vernichten, um fast 50 Prozent angestiegen ist. Das Team entdeckte, dass CB2-Rezeptoren sowohl in den Knochen fressenden Osteoklasten als auch in den Knochen bildenden Osteoblasten vorhanden sind, und dass Endocannabinoide zur Regulierung des Knochenwachstums eingesetzt werden. Diese Erkenntnis wurde durch weitere Forschung zur so genannten Mäuseosteoporose in weiblichen Mäusen gestützt, einer Krankheit, die durch die Entfernung der Eierstöcke hervorgerufen wird. Wurde den Mäusen eine Substanz verabreicht, die an den CB2-Rezeptoren andockt, "konnten wir den durch die Entfernung der Eierstöcke verursachten Knochenverlust reduzieren", erklärte Dr. Karsak. Um herauszufinden, in wie weit die Mäuseergebnisse auf Menschen übertragen werden können, stütze sich das Team auf eine umfassende französische Untersuchung. Die Forscher erkannten, dass Frauen mit einer bestimmten Variante des CB2-Gens unter den an Osteoporose Erkrankten häufiger vertreten waren als in der gesunden Kontrollgruppe. Bei Frauen mit dieser CB2-Variante ist das Osteoporoserisiko dreimal so hoch wie bei anderen Frauen. "Bei vielen Frauen mit Osteoporose funktioniert der CB2-Rezeptor, das heißt, dort hat die Krankheit andere Ursachen. Für diese Frauen kann man sich vorstellen, den Rezeptor [wie in der Mäusestudie] medikamentös zu stimulieren und so den Knochenverlust zu verlangsamen", erklärte Dr. Karsak. Diese Forschung eröffnet neue Perspektiven für innovative Diagnostik und Therapie auf der Grundlage des jetzt entdeckten CB2-Rezeptors. Es ist einfach, Frauen, die den CB2-Defekt tragen, zu ermitteln, und der Mechanismus wird langfristig das Ziel der Osteoporose-Forschung und der Entwicklung neuer Medikamente sein. Die Forschung von Dr. Karsak wurde mit dem Osteologie-Preis der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie, der mit 8.000 Euro dotiert ist, ausgezeichnet, und die Ergebnisse werden in den renommierten Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht.
Länder
Deutschland, Frankreich, Vereinigtes Königreich