Neue Plattform für europäische Wissenschaftlerinnen
In den meisten europäischen Ländern gibt es diverse Organisationen und Netzwerke, die sich zum Ziel gesetzt haben, Wissenschaftlerinnen zu unterstützen. Wenn aber die Stimmen der Wissenschaftlerinnen grenzüberschreitend auf europäischer Ebene gehört werden sollen, dann müssen diese Netzwerke zusammenarbeiten: Sie müssen ihre Bedürfnisse und Beobachtungen pointiert, präzise und koordiniert artikulieren. Genau das will die European Platform of Women Scientists (EPWS) erreichen. Die Plattform versteht sich als strukturelle Verbindung zwischen den Wissenschaftlerinnen und der Politik. "Es wurden zwar schon einige Fortschritte erzielt, aber es gibt noch genug zu tun. Wir müssen immer hellwach sein und das Thema [Frauen in den Wissenschaften] permanent neu auf die Agenda setzen und den Wissenschaftlerinnen eine Stimme verleihen", erklärt die EPWS-Generalsekretärin Maren Jochimsen. Aufgabe der EPWS ist es: - mit demokratischer Legitimierung und transparenten Entscheidungsfindungsstrukturen die Wissenschaftlerinnen in Europa im Dialog mit den politischen Entscheidungsträgern zu vertreten; - EU-weite Aktivitäten, die Wissenschaftlerinnen echte Unterstützung bieten, zu koordinieren; - das Verständnis für und die Einbeziehung der Gender-Dimension in die Wissenschaft zu fördern. Dazu gehört auch die Darstellung der Arbeit von Wissenschaftlerinnen; - als Meta-Netzwerk die Netzwerke der Wissenschaftlerinnen zu verbinden und die Netzwerkarbeit der Wissenschaftlerinnen zu fördern, insbesondere in Mittel- und Osteuropa und im privatwirtschaftlichen Bereich. Bevor die existierenden Netzwerke vernetzt werden können, müssen die Frauen, die hinter der Plattform stehen, zunächst eine Bestandsaufnahme durchführen. Dazu werden Fragebögen erarbeitet, die an die Forschungsräte in Europa und an die bestehenden Wissenschaftlerinnen-Netzwerke verschickt werden. Anhand dieser Fragebögen soll nicht nur ermittelt werden, welche Netzwerke existieren, sie sollen auch Informationen über die Aktivitäten der einzelnen Netzwerke, ihre Interessen und die Vorstellungen in Bezug auf eine europaweite Plattform liefern. Die Plattform wird unter dem Sechsten Rahmenprogramm (RP6) der EU gefördert, jedoch nur zwei Jahre lang. Dr. Jochimsen betrachtet diese Mittel als "Anschubsfinanzierung". Das eigentliche Ziel des Projekts, so Jochimsen, sei aber die Einrichtung eines ständigen Gremiums, das aus mehreren Quellen finanziert wird, sobald die zweijährige Erstfinanzierung ausgelaufen ist. Die Plattform wurde bereits als gemeinnützige Organisation unter belgischem Recht eingetragen und hat ihren Sitz in Brüssel. Trotz des Brüsseler Standorts ist Dr. Jochimsen zuversichtlich, dass die EPWS von den Frauen, die in den europäischen Laboren arbeiten, nicht als distanziert oder unzugänglich wahrgenommen wird. Durch die Arbeit mit den Mitgliedsnetzwerken wird die Plattform in engem Kontakt mit den für die Wissenschaftlerinnen relevanten Themen bleiben. Aber der Erfolg der Plattform hängt in gewissem Maße natürlich auch von den Mitgliedsnetzwerken ab. Dr. Jochimsen möchte, dass die Plattform legitimiert und demokratisch ist, was aber nur verwirklicht werden kann, wenn die Mitgliedsnetzwerke selbst demokratisch sind und gewählte Vertreter haben. Die EU-Finanzierung, so Dr. Jochimsen, sei ein Indikator dafür, wie stark die Europäische Kommission Frauen in den Wissenschaften tatsächlich unterstützen möchte. "Ich glaube, der Kommission ist es ernst damit. Das zeigt sich an der Bewilligung der Startfinanzierung für die Plattform und in den vielen Einladungen zu Veranstaltungen. Ich habe den Eindruck, dass die Stimmen [der Wissenschaftlerinnen] gehört werden." Auf die Frage, ob sich die EPWS angesichts eines kürzlich erschienen Berichts, in dem es heißt, dass Frauen für dieselbe Arbeit immer noch schlechter bezahlt werden als Männer, dem Thema Gehälter in der Wissenschaft zuwenden werde, bestätigte Dr. Jochimsen, dass dies in der Tat ein Bereich sei, den die Plattform untersuchen werde. Das sei jedoch nur eines von mehreren Themen, fügte sie hinzu. Zu den weiteren Fragestellungen gehören die Positionen, auf die Frauen berufen werden, und ihr Zugang zu Forschungsgeldern. "Es gibt hoch qualifizierte Wissenschaftlerinnen", aber es sei manchmal ein Problem, ihnen Arbeit zu ermöglichen, die ihren Qualifikationen entspricht, erklärte Dr. Jochimsen gegenüber CORDIS-Nachrichten. Deshalb seien, so Dr. Jochimsen, Netzwerke für Wissenschaftlerinnen so wichtig. Viele Forschungsstellen werden nicht öffentlich ausgeschrieben, die Einzelheiten werden über Netzwerke verbreitet. Aber Frauen sind in diesen Netzwerken oft unterrepräsentiert, manchmal weil es für Frauen schwierig ist, in die Netzwerke zu kommen, manchmal weil die Frauen andere wissenschaftliche Interessen haben. Auf die Frage, wie sie am Ende der zweijährigen Finanzierungsphase den Erfolg der Plattform messen werde, entgegnete Dr. Jochimsen: "Das ist schwer zu sagen, denn die Tatsache, dass die Plattform über die zwei Jahre hinaus weiter besteht, das ist der Erfolg. Wir möchten den Wissenschaftlerinnen deutlich machen, dass eine Plattform notwendig ist."