Hyvolution: in Zukunft könnte Wasserstoff in Hinterhöfen erzeugt werden
Wasserstoff ist eine Energiequelle, die eine Lösung für zahlreiche Umweltprobleme bieten könnte. Als Brennstoff kann es verbrannt werden und hinterlässt dabei nur Wasser als Nebenprodukt. Die Forscher müssen sich jedoch noch zwei Herausforderungen stellen, nämlich der Suche nach günstigen Wasserstoffquellen und nach sicheren Lagerarten für den Brennstoff. Das Hyvolution-Projekt, das innerhalb des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) der EU gefördert wird, hat die Wasserstofferzeugung aus Biomasse in einem Pilotkraftwerk zum Ziel. Im Rahmen des Projekts sollen organische Abfälle von Bakterien zersetzt werden, wobei Wasserstoff freigesetzt wird. Das Kraftwerk wird in Wageningen, in den Niederlanden, mit der Unterstützung von elf EU-Ländern, der Türkei und Russland entwickelt. "Es ist entscheidend, eine nachhaltige Wirtschaft zu schaffen, und Wasserstoff kann bei diesem Prozess eine wichtige Rolle spielen", erklärt Professor Frons Stams, der im mikrobiologischen Labor an der Universität Wageningen tätig ist. "[Arnold] Schwarzenegger fährt bereits ein Fahrzeug mit Wasserstoffantrieb, und in Amsterdam gibt es Versuchsbusse, die mit Wasserstoff von Shell betrieben werden. Es gibt einen Bedarf an Wasserstoff und die Wissenschaft kann dabei helfen, ihn zu decken. Wasserstoff ist zweifellos ein sauberer Brennstoff. Bei der Oxidation von Wasserstoff wird Energie freigesetzt, die auf effiziente Weise in Elektrizität umgewandelt werden kann." Wasserstoff ist nirgendwo "frei" verfügbar: Es kann weder wie natürliches Gas gefördert, noch aus Luft gewonnen werden. Wasserstoff ist in anderen Molekülen gebunden, wie z. B. in Wassermolekülen. Heutzutage wird Wasserstoff zumeist durch Abspaltung aus fossilen Brennstoffen gewonnen, wobei der Brennstoff in festen Kohlenstoff und Wasserstoff gespalten wird. Die Forscher aus Wageningen sind jedoch der Überzeugung, dass dieses Verfahren letzten Endes nicht nachhaltig ist. Beim Ansatz zur Nutzung von Biomasse werden Stoffe verwendet, die im Allgemeinen als "Abfall" betrachtet werden, wie z. B. Getreidereste oder Nebenprodukte der Lebensmittelindustrie, und die sonst auf einer Deponie landen würden. Für das Kraftwerk könnte auch speziell angebautes Getreide verwendet werden. Bei dem Verfahren wird organisches Material in eine Art Fermentierbehälter gegeben. Im Inneren des Behälters zersetzen Bakterien das Biomaterial, wobei in einem Zwei-Phasen-Prozess Wasserstoff und Kohlendioxid entstehen. Das entstehende Kohlendioxid ist jedoch unter Umweltgesichtspunkten "neutral". "Pflanzen und Bäume nehmen CO2 auf und bauen daraus Biomasse auf. Wir nutzen diese Biomasse zur Gewinnung von Wasserstoff und erhalten CO2 als Nebenprodukt. Das letztendliche Ergebnis ist, dass kein zusätzliches CO2 in die Atmosphäre freigegeben wird. Bei fossilen Brennstoffen liegt die Sachlage völlig anders. Wenn fossile Brennstoffe verbrannt werden, dann gelangt CO2, das über Millionen von Jahren unter der Erdoberfläche gelagert war, in die Atmosphäre", erläuterte Rene Rozendal von der Abteilung für Umwelttechnologie der Universität Wageningen. Wasserstoff wird sich als Brennstoff durchsetzen, sobald man es als kosteneffizient betrachtet. Ein entscheidendes Problem ist die Lagerung. Wasserstoff ist hoch explosiv und sehr leicht entzündbar, wie Filmaufnahmen des Unglücks von 1937 mit dem Zeppelin Hindenburg zeigen. Forscher ziehen die Errichtung von vielen kleinen Biomassekraftwerken in Betracht. Denkbar wären Wasserstoff erzeugende Fermentierbehälter in Hinterhöfen, sodass riskante Wasserstofftransporte auf ein Minimum reduziert werden könnten. Wasserstoffbetriebene Fahrzeuge müssen relativ häufig betankt werden: Mit 25 Kubikmetern Wasserstoff kann ein Auto lediglich rund 200 km fahren. Demnach wären nach dem aktuellen Technologiestand viele kleine Versorgungsstationen notwendig. Einige Kritiker sind nicht davon überzeugt, dass das Wasserstoff-Modell zukunftsweisend ist, da Biomasse auch zur Erzeugung anderer Gase, wie z. B. Methan, verwendet werden könnte, und zwar auf direktem Wege. Mit diesen Gasen könnte wiederum ein Elektrizitätswerk betrieben werden. Dieser Prozess wäre ebenfalls CO2-neutral, würde aber nicht den Zwischenschritt der Erzeugung von Wasserstoff erfordern. Da durch verbesserte Technologien fortwährend Fortschritte in der Steigerung der Energieeffizienz erzielt werden, wird sich auch die Wirtschaftlichkeit von Wasserstoff und damit seine Rolle in der Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft ändern.
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