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Inhalt archiviert am 2023-03-02

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Wissenschaftler und ihre Kommunikation mit der Öffentlichkeit

Es ist allgemein bekannt, dass es Jahrzehnte dauert, bis sich die Ergebnisse der Investitionen in Wissenschaft und Technologie (W&T) zur Lösung von Problemen in der Politik niederschlagen. Meist ist die Laufzeit der Projekte zu kurz, als dass sie deutlich sichtbare Auswirkunge...

Es ist allgemein bekannt, dass es Jahrzehnte dauert, bis sich die Ergebnisse der Investitionen in Wissenschaft und Technologie (W&T) zur Lösung von Problemen in der Politik niederschlagen. Meist ist die Laufzeit der Projekte zu kurz, als dass sie deutlich sichtbare Auswirkungen erzielen könnten. Wenn es sich aber um dringende Probleme wie Wasserknappheit handelt, dann müssen die Forschungsergebnisse umgehend in die Öffentlichkeit - und damit auch in die Politik - gelangen. In einem kürzlich erschienen, von dem EU-Programm für internationale W&T-Zusammenarbeit (EU-INCO) in Auftrag gegebenen Bericht über das Wasserforschungsprojekt wird ausdrücklich angemerkt, dass das Wirkungspotenzial des Projekts von zwei zentralen Vorbedingungen abhängt: der wahrgenommen Relevanz und der Fähigkeit, die Projektinhalte und -ergebnisse zu kommunizieren. Das Bewusstsein über diese Faktoren, so der Bericht weiter, könne den Forschern helfen, das Laienpublikum besser anzusprechen und ihre Ergebnisse außerhalb der wissenschaftlichen Fachpublikationen und Kongresse besser zu verbreiten. So stand denn auch die Bedeutung einer effektiven Kommunikation im Mittelpunkt eines Workshops, der am 21. Juni in Brüssel stattfand. An der Veranstaltung nahmen 60 Koordinatoren von INCO-geförderten Forschungsprojekten zu integriertem Wasser-Ressourcenmanagement (IWRM) teil. Sie beschäftigten sich mit den Werkzeugen, die sie brauchen, um sich in die Denkweise der Wassernutzer und -manager, der Fachleute und Wasserpolitiker hineinversetzen und konstruktiv mit ihnen kommunizieren zu können. In einem Workshop-Modul ging es um den Umgang mit den Medien. Martin Ince, freiberuflicher Wissenschaftsjournalist und -kommunikator, führte die Teilnehmer durch mehrere Übungen, die ihnen helfen sollte, ihre Forschungsergebnisse besser nach außen zu tragen. So wurden die Forscher aufgefordert, ihr Projekt in einem Satz - SMS-mäßig - darzustellen. In einer weiteren Übung mussten die Wissenschaftler in die Rolle des Journalisten schlüpfen und sich gegenseitig interviewen. Ziel der Übungen war es, den Forschern zu helfen, zu einer knapperen und einfacheren Sprache zu finden, wenn sie ihre Arbeit einem nicht-wissenschaftlichen Publikum präsentieren. "Mit ihren Wissenschaftskollegen können Forscher hervorragend kommunizieren", so Ince gegenüber CORDIS-Nachrichten. Aber es gibt andere Zuhörer, bei dem sich die Forscher schwerer tun, insbesondere wenn diese Zuhörer aus den politischen Prozessen und aus den Politik gestaltenden Institutionen, wie im Wasserbereich, kommen. Aber gerade diese Zielgruppe ist besonders wichtig, wenn die Forschung zu nachhaltiger Wasserwirtschaft führen soll. "Aber noch interessanter ist die Tatsache, dass man viel hört über das Thema Kommunikation mit der Öffentlichkeit - falls man an die Existenz einer einzigen Öffentlichkeit glaubt", so Ince. Im Falle der INCO-Wasserforschungsprojekte gibt es jedoch mehrere Öffentlichkeiten: die, die das Wasser trinken, die Besitzer von Bauernhöfen, die, die in gewisser Weise die Nutzer der Forschung sind. "Das ist nicht nur eine abstrakte Öffentlichkeit, das sind die Menschen, auf deren Leben sich die Forschung direkt auswirkt." "Wissenschaftler tun sich schwer damit, mit diesen Gruppen zu kommunizieren, zum Teil, weil diese Art der Kommunikation in der Vergangenheit nicht wichtig war, zum Teil, weil einige dieser Projekte in Ländern stattfinden, in denen die Medien keineswegs so offen über alles berichten können wie in Europa", erläutert Ince. "Aber auch weil Kommunikation bisher kein Bereich war, den sie beachten mussten. Sie haben nicht wirklich erkannt, welche Vorteile Kommunikation hat." Aber die Zeiten, in denen die Wissenschaftler sich in ihre Labor-Elfenbeintürme zurückziehen konnten, sind endgültig vorbei. "In den meisten Ländern in Europa wird es für die Wissenschaftler zunehmend wichtiger, ihre Forschung zu kommunizieren. In den Entwicklungsländern ist man meiner Ansicht nach noch nicht so weit." Angesichts der Tatsache, dass an den INCO-Wasserforschungsprojekten Partner aus EU- und anderen Ländern beteiligt sind, ist Ince überzeugt, dass solche Workshops einen Lerneffekt haben. In der Tat kann man von einer der Workshopteilnehmerinnen, Felicita Scapini von der Universität Florenz in Italien, viel lernen. Sie ist Koordinatorin des INCO-geförderten Projekts Water in Demand (WADI). Ziel des Projekts ist es, Partizipationsansätze für die nachhaltige Nutzung von Trinkwasserressourcen in Mittelmeerküstengebieten mit Trinkwasserknappheit zu fördern. Im Rahmen des Projekts wird an sechs Standorten in Küstengebieten rund ums Mittelmeer geforscht, und die Forschungsergebnisse werden verbreitet. Es ist das dritte Projekt in Folge der Partner. Anders als bei den beiden Vorgängerprojekten haben nun die WADI-Partner beschlossen, an den ausgewählten Standorten von Beginn an die Betroffenen mit einzubeziehen. Die Projektpartner stellten die notwendigen Informationen über die Wasserressourcen, die Nutzung und den Bedarf zur Verfügung und luden die Stakeholder zur Mitarbeit am Projekt ein. "Wir haben beschlossen die Kommunikation zu einem expliziteren Bestandteil des WADI-Projekts zu machen", erklärte Scapini. Sie hatte bemerkt, dass die örtlichen Behörden keinerlei Interesse an den Projektergebnissen zeigten, wenn sie nicht von Anfang an beteiligt waren. "Wenn wir irgendwo hingehen und forschen, müssen wir uns auf jeden Fall mit den lokalen Behörden und Ministerien in Verbindung setzen, um die notwendigen Genehmigungen einzuholen, und wir müssen ihnen erklären, warum wir gekommen sind. Also dachten wir, dass es eine bessere Strategie sei, sie von Anfang an mit einzubeziehen und Ergebnisse zu produzieren, die nützlich für sie sind." WADI arbeitet auch mit der örtlichen Bevölkerung zusammen, insbesondere mit den Gruppen, die nicht immer adäquat repräsentiert sind, nämlich Frauen und Kinder. Nefza, einer der Projektstandorte, ist eine kleine Stadt in Nordwest-Tunesien etwa 15 Kilometer von einem Küstengebiet entfernt, das von Erosion betroffen ist. Hier veranstalteten die Projektpartner didaktische Spiele und Aktivitäten für die örtlichen Grundschulkinder. "Wir sind mit den Kindern an den Strand gefahren, um ihnen zu zeigen, dass er ein lebendes Ökosystem ist mit Tieren und Pflanzen, und dass die Umwelt, in der sie leben, sehr reichhaltig ist", erklärte Scapini. Die Wirkung sei sehr positiv gewesen, erzählt sie. "Die Lehrer haben uns gesagt, dass die Kinder die Botschaft verstanden haben. Sie sind nach Hause gegangen und haben mit ihren Familien über das gesprochen, was sie erlebt haben." Die WADI-Partner möchten diesen Ansatz an ihrem Standort in Marokko wiederholen. In Italien, in der Nähe eines anderen Projektstandorts, organisierten die Partner eine Ausstellung über die mediterrane Umwelt in einem Museum in Florenz. "Der Mittelmeerraum ist einmalig: Alle Länder der Regionen haben dieselben Umweltprobleme wie Wassermangel und Küstenerosion", so Scapini. Mit einer Diashow und Tafeln in Englisch und Italienisch sprachen die Projektpartner sowohl Touristen als auch Florentiner auf einige der Probleme der Region an. "Wir wollten sowohl Touristen als auch Einheimische auf das Naturerbe aufmerksam machen und auf die Bedeutung der Wissenschaft als ein Verbindungsglied. Denn wo immer rund ums Mittelmeer ein soziopolitisches Problem aufgetaucht ist, hat die Wissenschaft geholfen", erklärte sie. In nur einer Woche kamen etwa 300 Besucher zur Ausstellung. Von diesem Interesse der Öffentlichkeit ermutigt möchten die Projektpartner die Ausstellung jetzt nach Malta bringen. Sylvana Gayoso von der Universität von Südchile nahm ebenfalls an dem Workshop teil. Sie ist eine der Partnerinnen von EPIC FORCE, einem INCO-geförderten Projekt, das sich auf die Verbesserung der Auswirkungen der Forstwirtschaft auf die Reaktion von Flusseinzugsgebieten im Hinblick auf Wasserfluss und Bodenerosion bei starken Regenfällen konzentriert. In diesem Bereich ist der wissenschaftliche Erkenntnisstand lückenhaft und die politischen Konzepte sind schlecht durchdacht. "Eine unserer Zielgruppen waren die Behörden, und wir sind der Meinung, dass wir unser Ziel erreicht haben, den einige unserer Empfehlungen zur Bewirtschaftung der Pufferzonen wurden von den Politikern übernommen", erklärte Gayoso. Diese Empfehlungen wurden in die Gesetzgebung, die derzeit im chilenischen Parlament debattiert wird und in den nächsten Monaten zur Abstimmung ansteht, einbezogen Auf die Frage von CORDIS-Nachrichten, wie es den Projektpartnern gelungen sei, die Politiker ins Boot zu holen, erwiderte Gayoso, die zahlreichen Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Zeitschriften und die Internetpräsenz seien sehr hilfreich gewesen. "Wir sind eine anerkannte wissenschaftliche Institution in Chile, und als sich das Landwirtschaftsministerium mit Pufferzonen für Flüsse beschäftigte, lasen die zuständigen Referenten zuerst einmal unsere Arbeiten. Daraufhin beschlossen sie, dass unsere Arbeit zu Pufferzonenmanagement die beste Lösung für den chilenischen Kontext darstellt." Will man aber andere Nutzer der Forschung, zum Beispiel Bauern und Förster, erreichen, dann, so Gayoso, ist eine weiter gefasste nicht wissenschaftliche Kommunikation erforderlich: "Das ist ein echtes Problem für uns, da es an den Universitäten keine Mittel gibt, um unsere Ergebnisse in nicht wissenschaftlichen Publikationen zu veröffentlichen und über alternative Kanäle zu kommunizieren. Das bedeutet, dass sich die Wissenschaftler immer für Fachzeitschriften entscheiden, weil sie so ihre Karriere voranbringen." Hier setzen die INCO-Mittel an. "Programme wie dieses ermöglichen es uns, Mittel für die Kommunikation eines Projekts einzusetzen und geben uns so die Gelegenheit, unsere Arbeit einem breiteren Publikum vorzustellen", erklärte Gayoso. In Rahmen einer Überprüfung der INCO-geförderten Projekte zu integriertem Wasser-Ressourcenmanagement (IWRM) hat ein Expertengremium kürzlich empfohlen, dass das Siebte Rahmenprogramm (RP7) stärker den erhöhten Mittelbedarf für die verbesserte Kommunikation zwischen Wissenschaftlern und anderen gesellschaftlichen Gruppen beachtet. Dies solle jedoch nicht zu Lasten der Wissenschaft gehen, die sich mit diesen ökologischen Problemen befasst.

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