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Deutsches Labor will Neandertaler-Genom entschlüsseln

Innerhalb der nächsten zwei Jahre möchten deutsche und US-amerikanische Forscher einen ersten Entwurf des Neandertaler-Genoms vorlegen. Eine erfolgreiche Kartierung des Genoms könnte Aufschluss über den Entwicklungsprozess des Menschen geben. Der Neandertaler (Homo neanderth...

Innerhalb der nächsten zwei Jahre möchten deutsche und US-amerikanische Forscher einen ersten Entwurf des Neandertaler-Genoms vorlegen. Eine erfolgreiche Kartierung des Genoms könnte Aufschluss über den Entwicklungsprozess des Menschen geben. Der Neandertaler (Homo neanderthalensis) bewohnte vor 350.000 Jahren Europa und Teile Westasiens. Aus Europa verschwand er vor rund 50.000 Jahren und aus Asien vor 30.000 Jahren. Die ersten Neandertalerfossilien wurden vor 150 Jahren im Neandertal in der Nähe von Düsseldorf gefunden. Seit diesem ersten Fund versuchen Paläontologen und Anthropologen herauszufinden, welche Rolle diese stämmig gebauten Frühmenschen in der Evolution der modernen Menschen gespielt haben. Man geht zwar davon aus, dass die Neandertaler relativ weit entwickelt waren, allerdings nicht über das höhere Denkvermögen des Menschen verfügten. Ungeklärt ist noch die Frage, wie sich der moderne Mensch mit seinen entscheidenden Merkmalen wie dem aufrechten Gang und der komplexen Sprache aus dieser Spezies entwickelte. Zur Beantwortung dieser und anderer Fragen werden Forscher des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie zusammen mit US-amerikanischen Wissenschaftern der 454 Life Sciences Corporation die drei Milliarden Basenpaare entschlüsseln, die das Genom des Neandertalers ausmachen. Anschließend soll das Genom des Neandertalers mit den bereits entschlüsselten Genomen von Mensch und Schimpanse verglichen werden. Aufgrund der Tatsache, dass die verwendeten Fossilien im Allgemeinen mit genetischem Material von Bakterien und Menschen, die mit ihnen gearbeitet haben, verunreinigt sind, ist die Gewinnung und Entschlüsselung uralter DNA leichter gesagt als getan. Professor Svante Pääbo vom Max-Planck-Institut, der die Forschungsarbeiten leiten wird, hat bereits einige Erfahrung auf diesem Gebiet gesammelt. In den vergangenen 20 Jahren hat er Methoden entwickelt, mit deren Hilfe die Authentizität alter DNA festgestellt werden kann, und er hat technische Lösungen gefunden, um mit den sehr kurzen, chemisch modifizierten DNA-Fragmenten zu arbeiten. 1997 gelang es Pääbo erstmals, aus den Mitochondrien, den Kraftwerken der Zelle stammende DNA-Sequenzen (mtDNA) des Neandertalers zu entschlüsseln. Jede Mitochondrie enthält mehrere Kopien der mtDNA, daher bleibt sie normalerweise in Fossilien enthalten. Mithilfe der so genannten Polymerase-Kettenreaktion (PCR) können Teile aufgespürt werden. Die Forschung lieferte zwar wertvolle Informationen über die Entwicklungsgeschichte der Spezies, doch umfasste sie lediglich 0,001 Prozent des gesamten Genoms und zudem betraf sie ausschließlich die weibliche Linie. Daher konnten auf diesem Wege nur begrenzte Informationen über die Unterschiede zwischen dem Neandertaler und dem modernenm Menschen gewonnen werden. Jetzt wird ein neues System zur Anwendung kommen, das über die mtDNA-Methode hinaus geht. 250.000 einzelne DNA-Stränge werden mittels PCR aus geringen Mengen Knochenmaterial einzeln vergrößert und in weniger als vier Stunden entschlüsselt. In den kommenden beiden Jahren werden die Forscher, die an der Entschlüsselung des Neandertaler-Genoms arbeiten, rund 60 Milliarden Basenpaare von Neandertalerfossilien bestimmen, um einen Entwurf der drei Milliarden Basenpaare, aus denen das Genom des Neandertalers besteht, zu rekonstruieren. Sie werden Proben von verschiedenen Neandertalern verwenden, einschließlich des Neandertalers, der 1856 in der Nähe von Düsseldorf entdeckt wurde, und eines besonders gut erhaltenden Neandertalerfossils aus Kroatien.

Länder

Deutschland

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