Die EU und Medienberichterstattung - wie berichten Zeitung und Fernsehen über die Union?
Ein neuer, von der Europäischen Kommission unter dem Sechsten Rahmenprogramm (RP6) finanzierter Bericht, untersucht die verschiedenen Arten, auf die zehn europäische Länder über die EU berichten. Das Projekt "Adequate Information Management in Europe" (AIM) untersuchte, wie Belgien, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Litauen, Norwegen und das VK über die EU und ihre Arbeit berichteten. Die Medien gibt es in jedem Land natürlich schon weitaus länger als die EU, aber in dieser Zeit ist der Einfluss der EU gestiegen. Der Bericht untersucht nicht nur die Art und Weise, wie jedes Land über die EU berichtet, sondern auch, wie die Medien in jedem Land strukturiert sind und verwaltet werden. Zur Sicherstellung der Konsistenz wurden nur Artikel oder Sendungen untersucht, die sich explizit auf die EU beziehen. Außerdem stellte ein gemeinsames Codebuch die Äquivalenz zwischen den Ländern sicher. In jedem Land erfolgte die Analyse vom 7. bis 28. März 2005. Untersucht wurde unter anderem die Routine-Berichterstattung bis zum 22. und 23. März, als der Europäische Rat in Brüssel tagte. Aus jedem Land wurden drei Zeitungen - eine nationale, eine regionale und eine "bekannte Tageszeitung" - sowie je eine Nachrichtensendung aus dem öffentlichen und dem Privatfernsehen ausgewählt. Jedes untersuchte Medium hatte die höchste Auflage bzw. die meisten Zuschauer in seiner Klasse. Der Bericht besteht aus kleineren, länderspezifischen Berichten, die von Journalisten in den jeweiligen Ländern verfasst wurden, und deckt einige gemeinsame Themen ab. Die analysierten oder befragten Redaktionen hatten keine speziellen EU-Korrespondenten, sondern verließen sich - selbst in Belgien - stattdessen auf eine Auslandsredaktion, um sich über Nachrichten zu informieren. Die EU wurde von den Reportern häufig kritisiert. Ein belgischer Reporter bemerkte, dass sich die Methode der EU in Bezug auf Nachrichtenmanagement "zu sehr auf Kommunikation und zu wenig auf Informationen" verlasse. In einigen Berichten wurde darauf hingewiesen, dass die Berichterstattungen tendenziell nicht aus EU-Mitteilungen stammten, obwohl dies vorkam, sondern aus Quellen innerhalb der EU. "[�] Alle analysierten Redaktionen verlassen sich auf ein Netzwerk persönlicher Beziehungen oder Kontakte mit internen Beamten, Sprechern und Vertretern, durch die die Journalisten wichtige Informationen erhalten können, unabhängig davon ob sie in Brüssel oder in Italien sind", heißt es in dem italienischen Bericht. Zwar ist die EU großzügig mit ihren Veröffentlichungen und Mitteilungen, aber es besteht der Eindruck, dass die Informationen einfach veröffentlicht werden und nicht ausreichend auf spezifische Regionen oder Nachrichtenredaktionen ausgerichtet werden. In dem Bericht des VK werden Möglichkeiten für die Verbesserung des Medienmanagements der EU vorgeschlagen: "Parochialismus' - lokale Relevanz muss erkennbar sein; 'Passivität' - wir erwarten, dass die Nachrichten an uns herangetragen werden; 'Nähe' - die Informationen müssen geografisch und kulturell nah erscheinen." Immer wieder führten Journalisten Desinteresse der Redakteure oder der Verbraucher in der EU als Gründe dafür an, dass die Berichterstattung über die EU nicht im Vordergrund steht: "Komplexität der meisten EU-Themen sowie mangelhaftes Wissen und Interesse der Bürger" (Belgien); "EU-Themen sind zu abstrakt und irrelevant für Durchschnittsbürger" (Estland); "Medienkonsumenten haben wenige oder keine Vorkenntnisse über die EU" (Deutschland); Notwendigkeit, "Redakteure vom Berichtswert der EU zu überzeugen" (Irland); "Skepsis seitens der Journalisten und Redakteure in Bezug auf die Rolle der Medien bei der Schaffung eines europäischen öffentlichen Raums oder einer öffentlichen Identität" (Litauen); "EU-Nachrichten gelten als wenig bedeutsam für die Leser" (VK). Es bestand weniger Einigkeit über die Gründe für dieses offensichtliche Desinteresse, aber das Ergebnis war dasselbe. In der französischen Studie hieß es beispielsweise: "Krisenzeiten gelten bei den untersuchten Redaktionen als gute Nachrichten, ganz gleich welche Merkmale sie aufweisen. In der EU gibt es jedoch auffällig wenige Krisen." Für denselben Zeitraum hieß es in dem finnischen Bericht jedoch folgendermaßen: "Die Journalisten gehen davon aus, dass der Status der EU-Nachrichten künftig abnehmen wird. Dies ist teilweise auf die chronische politische Krise innerhalb der EU zurückzuführen, die angeblich das Interesse des Publikums an der EU verringert." Die Studie wurde ausgerechnet während der französischen Kampagne zum Referendum zur EU-Verfassung durchgeführt. Die Franzosen stimmten gegen die Verfassung. Dies veranlasste viele zu der Behauptung, die EU stecke in einer Krise. Dies zeigt deutlich, dass die Wahrnehmung der EU in ihren Mitgliedstaaten keineswegs konsistent ist. Wie vielleicht erwartet, wurde in nationalen Zeitungen am meisten über die EU berichtet, gefolgt von der Publikumspresse, der lokalen Presse und schließlich dem Fernsehen. Diese Hierarchie ist logisch - Zeitungen müssen ihre Seiten füllen. Bei Fernsehsendungen ist die Zeit und damit auch die Zahl der Berichterstattungen immer begrenzt. Ein Sonderfall in der Studie war Norwegen - das kein Mitglied der EU ist. Die norwegischen Medien waren pragmatisch und berichteten nur dann, wenn Interesse oder Relevanz eine Berichterstattung erforderten. "Sie [Nachrichtenredakteure] sind der Ansicht, dass ihre Nachrichtenorganisationen verpflichtet sind, über die Ereignisse in der Welt, in diesem Fall in der EU, zu berichten. Zusammen mit dem konventionellen journalistischen Konzept, das nach Drama, Konflikten und lebhaften Bildern verlangt, scheinen die Auswirkungen zu sein, dass traditionelle politische und wirtschaftliche Nachrichten über die EU Randerscheinungen sind." In dem betrachten Zeitraum berichteten die Redaktionen in den untersuchten Ländern über insgesamt: Belgien - 124 Nachrichten Estland - 181 Nachrichten Finnland - 216 Nachrichten Frankreich - 478 Nachrichten Deutschland - 503 Nachrichten Irland - 349 Nachrichten Italien - 201 Nachrichten Litauen - 314 Nachrichten Norwegen - 219 Nachrichten VK - 66 Nachrichten.
Länder
Belgien, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Litauen, Norwegen, Vereinigtes Königreich